Eine Partei glänzt in Bielefeld mit ihren Wahlplakaten - doch was bringt's?

Bielefeld. Tausende Wahlplakate hängen aktuell in der Stadt. Von schäbig bis schick und von konservativ bis hip ist so einiges vertreten. So urteilt die Bielefelder Werbeagentur Kopfstand. Die Parteien kostet das Plakatieren viel Geld und Zeit. Doch lohnt sich das in den heutigen Zeiten überhaupt noch? Auffallend zahlreich vertreten in der Stadt sind die Wahlplakate der FDP. &bdquo;Mein Eindruck ist, dass die Liberalen mit ihren Plakaten in der Stadt unglaublich präsent sind", sagt Martin Koch von der Fakultät für Soziologie an der Uni Bielefeld. Koch attestiert der FDP anhand ihrer &bdquo;aussagestarken Plakate" einen &bdquo;kämpferischen Wahlkampf". Da mag es fast ein wenig überraschen, dass die FDP tatsächlich nur etwas mehr als 2.000 Wahlplakate in Bielefeld angebracht hat – weniger als beispielsweise die SPD. &bdquo;Wir haben zu früheren Wahlkämpfen schon mal mehr plakatiert", sagt Jan Maik Schlifter. Der Bielefelder FDP-Chef polarisiert vor allem auf den rund 70 großflächigen Plakaten mit Sprüchen wie &bdquo;Mr. Schulticket" und &bdquo;Vielleicht mal jemand, der was von Wirtschaft versteht?" Dabei schaut er nicht in die Kamera, sondern krempelt sich die Ärmel hoch. Darauf werde er aktuell häufig angesprochen. "Unsere Plakate fallen auf" Laut Schlifter ist das eine bewusste Entscheidung gewesen, um sich von anderen Parteien abzuheben. &bdquo;Unsere Plakate fallen durch knallige Farben und plakative Sprüche auf. Das funktioniert im Straßenraum." Nicht selten hängen an einer Straßenlaterne vier oder fünf Plakate verschiedener Parteien. Für Passanten und Autofahrer sind sie im Vorbeirauschen nur schwer zu erkennen und zuzuordnen. Die CDU hat in Bielefeld rund 2.000 Plakate aufgehängt; die SPD hat knapp 3.600 Plakate an 1.800 Standorten angebracht. &bdquo;Das ist weniger als in den vergangenen Jahren", sagt Fraktionsgeschäftsführer Björn Klaus. Er glaubt, dass es mittlerweile andere Formate gibt, mit denen Parteien in Wahlkampfzeiten mehr Menschen erreichen können. &bdquo;Plakate spielen eine immer kleinere Rolle, sind dennoch nicht wegzudenken", so Klaus. Diesen Eindruck bestätigt Wissenschaftler Koch nur ansatzweise. Er spricht Wahlplakaten nach wie vor eine &bdquo;erhebliche Rolle" zu. Eine Studie aus dem Jahr 2013 zeige, dass 47 Prozent der Wähler durch sie zum ersten Mal auf eine anstehende Wahl aufmerksam würden, bei Menschen unter 29 Jahren sind es sogar 56 Prozent. Tenor: &bdquo;Da steht eine Wahl an, bitte geh’ wählen", so Koch. Genau das sei der Zweck eines Wahlplakats: auf eine anstehende Wahl aufmerksam machen. "Durch fast nichts zu ersetzen" &bdquo;Viele Menschen informieren sich mittlerweile nicht mehr aktiv über lokale Politik. Da sind Wahlplakate ein geeignetes Mittel." Koch geht davon aus, dass sich daran künftig nicht viel ändern wird. Veronika Düpjohann ist Geschäftsführerin der Bielefelder Werbeagentur Kopfstand. Sie geht noch einen Schritt weiter: &bdquo;Bewusst oder unbewusst zwingen Plakate uns, uns damit auseinanderzusetzen, welchen Eindruck und welche Werte oder sogar welche konkreten Pläne die Parteien haben." Das sei durch fast nichts zu ersetzen. &bdquo;Politikverdrossenheit ist leider real", so Düpjohann. Die Informationen seien zwar im Netz frei zugänglich, aber nicht jeder schaue aktiv nach. &bdquo;Daher halten wir Plakate auch heutzutage für eins der wichtigsten Wahlkampfwerkzeuge."Die Parteien suchen sich für ihre Plakate die besten Lagen aus. Die SPD hängt sie beispielsweise mit Slogans wie &bdquo;Sichere Versorgung" bewusst in der Nähe von Supermärkten auf. Aussagen wie &bdquo;Mehr Platz für Kinder" sind im Umfeld von Kindergärten und Schulen zu finden. "Wichtig, sich selbst zu sehen" Die FDP setzt auf &bdquo;frequenzstarke Orte" wie den Bahnhofs-Bereich, die City und das Johannistal, so Schlifter. Es sei mitunter nicht leicht, freie Flächen zu finden. Laternen, an denen Straßenschilder befestigt sind, sind für Parteien generell tabu. Und die politische Konkurrenz schläft nicht. Oft hängt schon alles voll. Kurz vor der Wahl werden einige Parteien ihre Motive noch mal austauschen.Meinungsforscher Torsten Schneider-Haase vom Bielefelder Emnid-Institut glaubt nicht, dass die Plakate wahlentscheidend sind. &bdquo;Manchmal ist es vielleicht für die Kandidaten einfach wichtig, sich selbst zu sehen."

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