SPD rudert zurück: Soldat Martin Augustyniak bekommt doch seinen Platz

Bielefeld. Nun soll es doch den Martin-Augustyniak-Platz in Bielefeld geben. Die SPD ist von den Reaktionen auf ihren Beschluss, von der Namensgebung Abstand zu nehmen, förmlich überrollt worden. Bundesweit haben Medien berichtet. Auch Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) hat sich eingeschaltet, die Fehlentscheidung kritisiert und die Bezirksbürgermeisterin um Korrektur gebeten. Sogar Schauspieler Til Schweiger hat dazu eine Meinung . Die Bezirksvertretung Brackwede sollte in ihrer jüngsten Sitzung eigentlich nur noch formal die Eintragung des Platzes ins Straßenkataster beschließen. Doch die SPD-Fraktion, die vor eineinhalb Jahren zugestimmt hatte, dass es in Quelle einen Martin-Augustyniak-Platz gibt, machte eine Rolle rückwärts. Sie habe den Beschluss vom Januar 2019 fehlinterpretiert und eigentlich nur der Aufstellung einer Bank samt Namensgravur zustimmen wollen. Mit den Stimmen der Mehrheitsfraktion wurde folglich die Namensgebung abgelehnt. Doch die Empörung und das bundesweite Echo haben die Bielefelder Sozialdemokraten förmlich überrollt. "Was für eine Schand! Das macht mich echt traurig!", schrieb sogar Til Schweiger auf Facebook, dessen Film "Schutzengel" Martin Augustyniak und seinen beiden ebenfalls gefallenen Kameraden gewidmet ist. Vor allem der Vorwurf, die SPD erkenne die Leistungen der Bundeswehrsoldaten im Einsatz nicht an, wurde in den vielfältigen Kommentaren immer wieder geäußert. Martin Augustyniak ist bei einem Karfreitagsgefecht am 2. April 2010 ums Leben gekommen. Zuvor hatte der 28-jährige Hauptgefreite noch selbst einen Kameraden aus der Schusslinie gezogen. Björn Klaus, Geschäftsführer der SPD-Ratsfraktion in Bielefeld, äußerte sich nach Absprache mit den Genossen in Brackwede, am Mittwochmorgen in einer Pressemitteilung. Die SPD Brackwede erkenne selbstverständlich die Leistungen aller Soldatinnen und Soldaten an. Diese setzten sich weltweit für den Frieden und die Menschenrechte ein. "Daher schulden wir alle Martin Augustyniak unseren Respekt und unsere Anerkennung sowie das Bedauern und Mitgefühl gegenüber seiner Familie", schreibt Björn Klaus. "Dafür entschuldigen wir uns" Und weiter: "Uns war nicht bewusst, dass mit der Entscheidung der Bezirksvertretung aus dem Januar 2019 bei vielen Angehörigen von gefallenen und verletzten Soldatinnen und Soldaten so starke Erwartungen geweckt worden sind und dass wir mit unserer Entscheidung viele Gefühle verletzt haben." Daher werde der Beschluss überdacht und der neuen Fraktion und der neuen Bezirksvertretung empfohlen, nach der Wahl den Gedenkplatz für Martin Augustyniak auch offiziell nach ihm zu benennen." Sondersitzung gefordert So langen wollen CDU und FDP nicht warten. In einer gemeinsamen Erklärung fordern sie eine Sondersitzung der Bezirksvertretung Brackwede, in der die Entscheidung von Donnerstag revidiert wird. Der dortige CDU-Fraktionssprecher Carsten Krumhöfner hat einen entsprechenden Antrag schon gestellt. Sollte sich SPD-Bezirksbürgermeisterin Regina Kopp-Herr dem verweigern, werde man prüfen, ob der Stadtrat &bdquo;den beschämenden Vorgang" heilen könne. Die SPD Brackwede sei aus rationalen politischen Erwägungen zu ihrem Abstimmungsverhalten in dieser Frage gekommen. "Uns trieb und treibt die Sorge um, dass dieser Platz dann nicht allein dem Gedenken von Martin Augustyniak dient, sondern politisch missbraucht wird. Dafür entschuldigen wir uns", heißt es in der Erklärung der SPD. Lebensweg hinter QR-Code Ein Anhaltspunkt, dass der kleine Platz im Queller Breedenviertel zu einer Kultstätte werden könnte, war die Aufstellung einer Stele, zusätzlich zur Granitbank mit Gravur. Nach Ansicht des Brackweder SPD-Chefs Hans-Werner Plaßmann ist diese ohne Genehmigung aufgestellt worden, wie er gegenüber der NW sagte. Dem widerspricht der Verein Veteranenkultur, der die Benennung einer Straße oder eines Platzes 2018 mit einem Bürgerantrag ins Rollen gebracht hat, nachdrücklich. Die Informationstele mit QR-Code sei nachweislich mit Genehmigung der Stadt aufgestellt worden. Der Text gibt einen kurzen Abriss Augustyniaks Einsatz und Tod in Afghanistan. Ausführlicher wird es auf der dazugehörigen Internetseite. Mahnung, kein Heldengedenken "Dort berichten wir über den Menschen Martin Augustyniak, in dem wir Zitate und Stimmen von ehemaligen Freunden, Klassenkameraden, Lehrern etc. einfügten.", schreibt Roman Bracht, 2. Vorsitzender. Zudem würden dort die Umstände seines Todes sowie die Entstehungsgeschichte des Platzes erläutert. "Für Heldengedenken findet sich kein Platz, das ist einfach nicht unser Ansinnen", so der Veteranenverein. Es gehe vielmehr darum, die Gesellschaft zu mahnen, sich der im Einsatz gefallenen Bundeswehrsoldaten zu erinnern, diese sichtbar zu machen. Kein Fest an Hitlers Geburtstag Empört weist Veteranenkultur auch die Aussage der SPD Brackwede zurück, der Verein habe am 20. April (Hitlers Geburtstag) ein Fest auf dem Platz veranstalten wollen, das fortan jährlich wiederholt werden solle. Dies hatte der SPD-Stadtverband in einem Brief geschrieben, mit der er seine Absage erklärte, warum die SPD den Platz nicht nach Martin Kadir Augustyniak benennen wolle. "Wir fordern eine öffentliche Klärung des Sachverhaltes sowie eine Stellungnahme der Bezirksvertretung bis zum 14. September", schreibt Bracht.

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