Kunstverein Bielefeld ist flexibel in der Pandemie

Bielefeld. Das Rentenalter hat er weit überschritten: 2019 ist der Kunstverein Bielefeld stattliche 90 Jahre alt geworden. Mit seinen mehr als 1.000 Mitgliedern gehört er zu den großen und ältesten seiner Art in Deutschland. Je älter er wird, desto vitaler kommt diese im besten Sinne bürgerliche Institution daher. &bdquo;Kein Mitglied hat uns in der Coronakrise im Stich gelassen", sagt Nadine Droste, seit eineinhalb Jahren Direktorin des Kunstvereins, anerkennend. Im Gegenteil – als nichts mehr ging - außer die digitale Vermittlung von Ausstellungsformaten – griffen einzelne Mitglieder noch ein wenig tiefer in die Tasche und legten auf ihren Beitrag etwas drauf. So fällt die Zwischenbilanz &bdquo;Kunstverein in der Coronakrise" von Direktorin Droste (37) und Vorstandsmitglied Uli Horaczek auch gar nicht desolat aus. &bdquo;Wir haben versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Besonders im Lockdown sind neue, fruchtbare Austausche mit veränderten Formaten entstanden", sagt Droste und verweist auf die ausschließlich digital gelaufene Schau &bdquo;In this layered world, all perception is real" mit sechs beteiligten Künstlern, die ihre Werke an sechs Terminen im Netz präsentierten. Die Schau, die sich ohnehin mit der aktuellen Bedeutung der digitalen Bildproduktion beschäftigt hatte, war so unversehens in den Raum verlegt, der ihr wichtigster Forschungsgegenstand ist. 9.600 Besucher bei der Online-Ausstellung In einem zweiten Digitalformat, genannt Cabrio (www\.cabrio\.digital), erforschten Bielefelder Künstlerinnen und Künstler &bdquo;die Freuden und Grauen des Miteinanders". Auch eine Thematik, die sich in Zeiten des Social Distancing auf vielfältige Weise denken lässt. Dass Lockdown, veränderter gesellschaftlicher Umgang, psychologische Dynamiken und vielleicht auch Aspekte von Entsolidarisierung sich im Kunstschaffen der nächsten Zeit niederschlagen werden, davon sind Nadine Droste und Uli Horaczek überzeugt. &bdquo;Es stellen sich Fragen wie: Wie verändert sich eine Gesellschaft durch so einer Pandemie?", so Droste, und es gehe immer auch um &bdquo;Kultur in der Globalisierung". Dass der Kunstverein offenbar mit großer Anpassungsbereitschaft weiter auf sich aufmerksam machen konnte, belegt die stattliche Zahl von rund 9.600 Besuchern der reinen Online-Ausstellung seit Mai. Auch finanziell habe der Verein die Lage bislang stemmen können. Zu den Beiträgen kam eine kleine Summe vom Kulturamt. Zudem kommen durch das &bdquo;breit aufgestellte Rettungspaket der Bundesregierung, wie etwa ,Neustart Kultur mit einem Volumen von einer Milliarde Euro, davon 250 Millionen Euro für pandemiebedingte Investitionen im Kultur- und Medienbereich, neue Förderoptionen hinzu", schildert die Kunstvereins-Chefin. "Bei gutem Wetter Angebote draußen" In der schlimmsten Lockdown-Phase habe man gesehen, was digital funktioniere und was nicht, so Horaczek. Die nächste Ausstellung aber werde wieder einen ansehnlichen Präsenzanteil haben – unter Einhaltung eines Hygiene- und Abstandskonzepts, das vom Gesundheitsamt auch bereits abgenommen wurde. Es wird ein &bdquo;soft opening" in kleinen Gruppen geben, verteilt über das Wochenende vom 5./6. September. Die Teilnehmerzahl werde auf jeweils 10-15 Personen pro Führung begrenzt. Nötig sind eine Maske im Innenraum, Händedesinfektion und Datenaufnahme – für Viele längst kein Neuland mehr. &bdquo;Alles was geht, wird bei gutem Wetter nach kurzer Einführung draußen fortgesetzt", schildert Droste, die sich einmal mehr über den Garten vor dem Museumsgebäude am Waldhof freut. Für jene, die eher vorsichtig sind, fahren die Ausstellungsmacher &bdquo;zweigleisig": Auch im Netz gibt es wieder ein Angebot (auf www\.kunstverein-bielefeld\.de). "Wir sind immer ansprechbar" Die Schau mit dem Titel &bdquo;The Immanent Horizon" wird eine reine Malerei-Ausstellung. Es geht zurück zu dieser klassischen Kunstform, die in den späten 1960er Jahren mit der Entgrenzung der Malerei, der radikalen Öffnung von Werkformen eine neue Dimension einläutete. Damals wurde das Ende der Malerei proklamiert. Heute habe sie die Kritik an sich längst aufgenommen und begonnen, &bdquo;den eigenen medialen Kontext zu befragen", so Droste. Zu sehen sind Werke von Leda Bourgogne, Olivier Foulon & Alexander Lieck, Samuel Richardot und Charline Tyberghein. Bis zum 1. November dauert diese Schau. Direktorin Droste weist auch spontan kommende Besucher, die Erläuterungen wünschten, ausdrücklich darauf hin: &bdquo;Wir sind ansprechbar."

Meistgelesen