Bielefeld. Die gute Nachricht überbrachte der Chef am Freitagmorgen persönlich: Miguel Müllenbach, CEO von Galeria-Karstadt-Kaufhof, war eigens aus Essen nach Bielefeld gekommen, um der Belegschaft mitzuteilen: Das Karstadt-Haus an der Bahnhofstraße ist gerettet.
Was darauf folgte waren „Emotionen pur" berichten Teilnehmer: lauter Jubel, Begeisterungsschreie, Freudentränen. „Wir sind alle unglaublich erleichtert", sagt Betriebsratsvorsitzender Hans-Walter Zimmer.
Müllenbach habe erklärt, dass er an den Standort glaube und dass er gute Perspektiven sehe. Die vor 56 Jahren eröffnete Filiale, die für viele Bielefelder ein Kernstück der City ist, bleibt bestehen. Damit werden auch die Arbeitsplätze von rund 120 Mitarbeitern des Warenhauses sowie die der Mitarbeiter des Reisebüros und der Lebensmittelabteilung erhalten.
Eleonore Jennes, Leiterin des Bielefelder Karstadt-Hauses, spricht von einem „sehr großen Aufatmen". Gleichzeitig hat sie sich schon „mit Freude in die Arbeit gestürzt, um neue Akzente zu setzen". Denn mit dem Erhalt der Filiale sei auch beschlossen worden, dass das Haus attraktiver werden solle. „Dazu gehört, dass wir neue strategische Partner ins Haus holen wollen oder dass das Markenportfolio stärker auf Bielefeld zugeschnitten werde. „Wir werden sofort an die Arbeit gehen", sagt Eleonore Jennes.
Die letzten Wochen seien nervenaufreibend gewesen, so Betriebsratsvorsitzender Zimmer. „Aber viele Kunden haben uns Mut gemacht. Dafür können wir uns absolut nur bedanken – auch bei der Bielefelder Politik und den Mitbewerbern aus der Bahnhofstraße. Es gab eine Welle der Unterstützung." Auch Filialleiterin Jennes berichtet: „Kunden haben uns im Geschäft gratuliert und sogar eigens angerufen."
Jubel, Begeisterungsschreie, Freudentränen
Dass Karstadt Bielefeld bestehen bleibt, hängt offenbar wesentlich mit einem entgegenkommen des Immobilienbesitzers zusammen. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Warenhauskette, Jürgen Ettl, sagte der Deutschen Presse-Agentur, nach Zugeständnissen der Vermieter sei die Schließung von sechs Häusern, darunter Bielefeld abgewendet worden.
Das Gebäude an der Bahnhofstraße gehört der Kapitalverwaltungsgesellschaft „Aachener Grundvermögen". Die teilt mit: „Wir sind sehr erfreut über die Ankündigung, die Filiale in Bielefeld fortzuführen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass unser Entgegenkommen bei der Miete die Kündigung des jetzigen Mietvertrages und damit die Schließung offenbar verhindern konnte." Allerdings habe man dafür noch keine offizielle Bestätigung von Karstadt. „Wir warten noch auf die Unterschrift des Karstadt-Insolvenzverwalters unter den neuen Mietvertrag", sagt Sprecherin Sonja Nees.
Mitte Juni war bekanntgeworden, dass Karstadt bundesweit plante, 62 seiner 172 Filialen zu schließen. In Bielefeld war das als Hiobsbotschaft aufgenommen worden.
Frederik Suchla, SPD-Vorsitzender in Mitte, sagt: „Ein Leerstand in der Größenordnung und der Lage wäre eine mittelschwere Katastrophe gewesen, auch für die Entwicklung der gesamten Innenstadt. Nun bleibe abzuwarten, wie lange der Burgfrieden halte. Der Sanierungsstau und die angeschlagene Situation von Karstadt sei damit noch nicht vom Tisch.
Jörg Beyer vom Handelsverband spricht von einer „guten Nachricht für den Handelsstandort und das Oberzentrum."
Von der ursprünglichen Schließungsliste waren zunächst unter anderem Leverkusen und Dortmund gestrichen worden. Auch andere Standorte machten sich daraufhin Hoffnung. In Bielefeld beispielsweise verhandelten der Eigentümer der Immobilie und der Mieter Karstadt.
Neuigkeiten gab es am Freitag überraschend auch für die Mitarbeiter der Filiale in Gütersloh, dort wurde die Schließung um drei Monate auf Ende Januar 2021 verschoben.