Corona-Klage angekündigt: Bielefelder Partei will Wahl verschieben

Bielefeld. Die Mehrheit der Bielefelder Parteien sieht Probleme bei der bevorstehenden Kommunalwahl im September aufgrund der Corona-Krise. Eine Verschiebung der Wahl gehöre zumindest auf den Prüfstand, meinen viele. Das zeigt die Umfrage der NW. Stärkster Verfechter ist die Bürgergemeinschaft für Bielefeld (BfB), die sogar in Betracht zieht zu klagen, sollte die geplante Kommunalwahl am 13. September nicht verschoben werden. Doch in der Bielefelder Parteienlandschaft gibt es auch klare Gegenstimmen, die am Wahltermin festhalten wollen. BFB: "Wahlkampf vernünftig durchführen" Es war ein Paukenschlag aus Bielefeld, als die BfB den NRW-Landtag Anfang Mai dazu aufforderte, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Wahltermin mindestens in den März 2021 zu verschieben, um demokratische und verfassungsgemäße Wahlgänge durchführen zu können. Zur Not will die BfB klagen. &bdquo;Es ist wichtig, dass die Wahl samt Wahlkampf vernünftig durchgeführt wird und im Nachhinein nicht anfechtbar ist“, sagt der BfB-Vorsitzende Dietmar Krämer. Ohne persönlichen Kontakt zu den Wählern, ohne Diskussionsveranstaltungen und Infostände sei dies nicht möglich. LINKE: "Benachteiligungen an vielen Stellen" Auch Dirk Schmitz vom Linken-Kreisvorstand in Bielefeld hält eine faire Vorbereitung und einen fairen Wahlkampf nicht für gegeben: &bdquo;Wir haben derzeit eine eingeschränkte Demokratie.“ Es komme an vielen Stellen zu Benachteiligungen aufgrund von Kontaktbeschränkungen und Versammlungsverboten. &bdquo;Die Kommunalwahl parallel zur Bundestagswahl durchzuführen, wäre in meinen Augen die bessere Möglichkeit.“ LIB: "Unterschriftensammlung unmöglich" Bereits Ende April hat auch die noch junge Wählergemeinschaft Lokaldemokratie in Bielefeld (LiB) beim Landeswahlleiter in NRW eine Verschiebung der Wahl gefordert. &bdquo;Das Sammeln von Unterstützungsunterschriften ist bereits in normalen Zeiten eine Herausforderung, aber machbar“, sagt Michael Gugat, Gründer der Vereinigung, der zuvor bei den Piraten war. &bdquo;Unter den derzeitigen Umständen halten wir die Sammlung jedoch für schlicht unmöglich.“ Die LiB muss nach eigenen Angaben 750 gültige Unterschriften zusammenbekommen, um sich für die Wahl zu qualifizieren. Dafür müssten erfahrungsgemäß zunächst gut doppelt so viele gesammelt und Tausende Bielefelder angesprochen werden. SPD: "Verschiebung ins Auge fassen" Die Bielefelder SPD-Unterbezirksvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Wiebke Esdar findet, eine Verschiebung sei eine Sache, &bdquo;die man ins Auge fassen und vor allem demokratie-theoretisch anschauen muss“. Ein springender Punkt ist auch für Esdar dabei das Sammeln von Unterstützerunterschriften. &bdquo;Das muss in einem angemessenen Zeitraum vor der Wahl möglich sein“, betont Esdar. Grüne: "Überlegenswert" Für überlegenswert hält auch Bielefelder Grünen-Sprecherin Schahina Gambir eine Verschiebung. Dies sei natürlich ein großer Eingriff in die Demokratie. Aber: &bdquo;Im Moment ist leider überhaupt nicht klar, wie wir bis zur Frist für die Wahlvorschläge eine angemessene Wahlversammlung durchführen können, bei der Menschen, die einer Risikogruppe angehören, teilnehmen könnten.“ Die Grünen könnten ihre Listen daher aktuell leider nicht nach den demokratischen Prinzipien aufstellen, so Gambir. CDU: "An welchen Kriterien festmachen?" Ralf Nettelstroth, OB-Kandidat der Christdemokraten und Fraktionsvorsitzender im Stadtrat, lehnt eine Verschiebung klar ab. Ohnehin sei die jetzige Legislaturperiode mit sechs Jahren bereits ungewöhnlich lang und solle nicht noch länger werden. &bdquo;Und an welchen Kriterien wollen wir eine Verschiebung festmachen? Sollen wir erst wählen, wenn Versammlung und persönlicher Kontakt wieder uneingeschränkt möglich sind?“, fragt er. &bdquo;Als Demokratie müssen wir jetzt beweisen, dass wir in der Lage sind, mit so einer Situation klarzukommen.“ FDP: "Ein Winter-Wahlkampf wäre auch schwierig" Für Jan-Maik Schlifter von der Bielefelder FDP ist die Frage einer Verschiebung kein Thema für die lokale Politik. &bdquo;Das ist keine Frage des Wollens und wird allein abhängig von der Pandemie-Situation sein. Wenn es so bleibt wie gerade, spricht nichts dagegen. Wenn das Loom auf hat, können wir auch wählen.“ Die Unterschriftensammlung für kleine Parteien sei zwar schwieriger. &bdquo;Aber ein Winter-Wahlkampf wäre auch schwieriger.“ Bei einer zweiten Krankheitswelle müsse man gegebenenfalls kurzfristig reagieren. Bürgernähe/Piraten: "Nicht ohne, aber hinzubekommen" Bürgernähe/Piraten wollen keine Verschiebung fordern, sagt Piraten-Vorsitzende Gordana Rammert für das noch junge Bündnis von Partei und lokaler Wählergruppe. Wenngleich der Wahlkampf nun andere, kreative Methoden erfordere. &bdquo;Es wäre jedoch anders, wenn wir Unterschriften sammeln müssten.“ Auch die Vorgaben für Aufstellungsversammlungen seitens Wahl- und Gesundheitsamt seien &bdquo;nicht ohne“, aber hinzubekommen. AFD: "Nicht ewig hinausschieben" Die Bielefelder AfD spricht sich ebenfalls dafür aus, am bisherigen Wahltermin festzuhalten, so der kommissarische Kreissprecher Florian Sander. &bdquo;Demokratische Wahlen sind ein hohes Gut, und auch auf kommunaler Ebene bedarf es der Legitimation politischer Repräsentation durch Wahlen, die auch durch den Ausnahmezustand nicht ewig hinausgeschoben werden dürfen.“ Niemand könne sicher gewährleisten, dass die Pandemie-Lage zu einem späteren Zeitpunkt anders aussehen werde.

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