Es gibt nichts Gutes, außer man tut es

Bielefeld. Das Coronavirus bestimmt derzeit unseren Alltag. Die vielen Geschichten rund um unser Leben mit dem Virus fasst die Neue Westfälische in dieser täglichen Rubrik zusammen. Wollen auch Sie uns schreiben, wie Sie Ihren Alltag in der Corona-Krise meistern? Dann melden Sie sich bei uns unter bielefeld@nw.de. Protest für Menschen mit Behinderung Heute ist europaweiter Protesttag für die Rechte von Menschen mit Behinderung. &bdquo;Eins, zwei, drei – macht die Stadt barrierefrei!“ So tönt es eigentlich alljährlich beim Demonstrations-Zug aus hunderten Bielefelder Kehlen, verstärkt durch ein Megafon, begleitet von lauten Trillerpfeifen. Passanten staunen, wie viele Menschen mit und ohne Rollstuhl an diesem Tag durch unsere Fußgängerzone ziehen und wie laut die sonst so wenig fordernden Frauen und Männer die Umsetzung ihrer in der Behinderten-Rechte-Konvention ratifizierten Rechte einfordern. Man sieht viele Menschen mit Plakaten, auf denen Forderungen stehen wie &bdquo;Bezahlbarer barrierefreier Wohnraum!“, &bdquo;Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt“ oder &bdquo;Gewalt-Freiheit für Mädchen und Frauen“ auf dem großen pinkfarbenen Banner vom Frauennotruf, Mädchenhaus, BellZett, Wildwasser und anderen. Der Frauennotruf Bielefeld beteiligt sich seit 2008 an der Planung und Durchführung des Protesttags im Bielefelder Aktionsbündnis aus verschiedenen Trägern, Initiativen, Selbsthilfe und Vereinen. Dieses Jahr gibt es Corona-bedingt weder den Protestmarsch noch die Kundgebungen, Interviews mit Politikern, Unterhaltungsprogramm, Informations-Stände oder Rahmenveranstaltungen. Das finden wir Frauennotruf-Mitarbeiterinnen besonders bedauerlich, allein wenn wir an unsere Klientinnen denken, die sehr unter der Situation leiden. Wir demonstrieren jedes Jahr mit, um die Benachteiligung der Frauen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen, die sexualisierte Gewalt erleben mussten, mit in den Blick zu rücken und für ihre Rechte zu kämpfen. Wir nutzen diesen Weg heute, um an den europaweiten Protesttag für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu erinnern. Unsere Forderungen sind: Gewalt-Freiheit für alle Frauen und Mädchen, mehr barrierefreie Schutzräume, Beratungsstellen und Therapie-Angebote, Bezahlung von Gebärden- und Schrift-Dolmetscher in Beratung und Therapie, Teilhabe an digitalen Beratungs- und Hilfsangeboten. Gerade in dieser für viele Frauen besonders schwierigen Situation sind wir vom Frauennotruf auch jetzt weiter da: über Telefon (05 21) 12 4 248, über unsere geschützte Online- oder Video-Beratung, Kontakt über www.frauennotruf-bielefeld.de.Madgalene Sadura (40), Sozialpädagogin, Frauennotruf Es gibt ewige Wahrheiten Es gibt ewige Wahrheiten! Eine ist: &bdquo;Du kannst nicht besser nähen, als du gebügelt hast.“ Unschwer zu erkennen, ich habe einmal mit einer Schneiderin zusammengelebt. Aber ewige Wahrheit hin oder her, nur weil einmal eine Schneiderin in meiner WG wohnte, kann ich noch lange nicht nähen. Mit derselben Logik könnte ich auch Kinder kriegen, schließlich wohne ich schon mein ganzes Leben mit Frauen zusammen.Direkt zu Beginn der Maskenpflicht habe ich mich an die Nähmaschine gesetzt und angefangen, Masken zu nähen. Das hat mich zu einer anderen ewigen Wahrheit geführt: &bdquo;Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Gut, dass gerade gemeinnützige Organisationen selbstgenähte Masken anbieten. Gleichzeitig unterstütze ich beim Kauf einer Maske noch einen sozialen Zweck. So nützt meine Unfähigkeit an der Nähmaschine am Ende sogar anderen.Benjamin von Legat (51), Pastor Peter und Paul Ob der Sturm jemals in Bielefeld eintrifft? Corona ist und bleibt eine lebensbestimmende Herausforderung: für die Gesellschaft, für die Wirtschaft, für jeden Einzelnen und für die Kliniken. Vor sechs Wochen wurden die Krankenhäuser in Deutschland per Ministererlass dazu angehalten, die nicht zwingend notwendigen planbaren Aufnahmen und Operationen zu verschieben. Dies war der schnellste und effektivste Weg, um ausreichend Behandlungs- und Intensivkapazitäten in den Kliniken für Patienten mit Covid-19 zu schaffen. Diese Regelung haben wir befolgt und uns auf einen hohen Bedarf an Intensivkapazitäten vorbereitet. Nun befinden wir uns in einer Art Ruhephase vor dem Sturm. Ob dieser Sturm jemals in Bielefeld eintreffen wird, bleibt ungewiss. Gewiss ist aber, dass wir seit Mitte März Menschen, die auf einen dringlichen Behandlungstermin in unseren Kliniken warten, auf einen späteren Zeitpunkt vertrösten müssen. Auch das ist auf lange Sicht unverantwortlich – insbesondere, wenn die Erkrankung mit Schmerzen oder einem Risiko zur Chronifizierung verbunden ist. Wir sind deshalb froh über die Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums, die klinische und ambulante Versorgung wieder stufenweise erhöhen zu können.Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bezeichnet diesen Fahrplan als einen &bdquo;neuen Alltag für den Klinikbetrieb in Deutschland“. Ich finde diesen Schritt folgerichtig, da – wie gesagt – auch das Verschieben von Eingriffen für die betroffenen Patienten gesundheitliches und seelisches Leid bedeuten kann. Doch die Rückkehr in diesen &bdquo;neuen Alltag“ muss mit Bedacht, Zeit und Augenmaß beschritten werden. Bei allen Maßnahmen gilt es, die Corona-Pandemie weiter im Blick zu haben – insbesondere die möglichen Auswirkungen der neuen Lockerungsmaßnahmen. Deshalb ist ein umsichtiger Stufenplan, so wie das Bundesgesundheitsministerium ihn empfiehlt, eine Maßnahme, der auch wir im Evangelischen Klinikum Bethel folgen werden.Ziel muss es sein, die Versorgung für die kranken und hilfebedürftigen Menschen in Bielefeld und der Region zu sichern und gleichzeitig das Infektionsrisiko durch unentdeckte Virusträger für die uns anvertrauten Patienten und für unsere Mitarbeitenden so gering wie möglich zu halten. Parallel dazu müssen wir – auch wenn die Situation in Bielefeld bislang noch sehr überschaubar ist – ausreichend Intensivkapazitäten für Patienten mit Covid-19 sicherstellen. Das ist eine komplexe Gleichung, für die wir einen Maßnahmenplan mit gutem Sicherheitsnetz entwickelt haben. Ich bleibe weiterhin zuversichtlich, dass wir die Pandemie gemeinsam in den Griff bekommen werden.Maren Thäter (43),vorsitzende Geschäftsführerin Evangelisches Klinikum Bethel (EvKB) Allein im Wald statt vor der Flimmerkiste Anfang Februar war in der Stadthalle eine Kreativ-Ausstellung, die ich mit Frau und 11-jähriger Enkeltochter besucht habe. Ein Anbieter hatte Designerlampen aus interessant geformten Ästen auf passendem Holzfuß mit nach hinten strahlenden Lichtbändern zu verkaufen: Aussehen spitzenmäßig, und entsprechend teuer. Als mit Corona-Ausbruch bei uns die Kontaktbeschränkungen eingeführt wurde, war meine Enkelin gerade bei uns. Was macht man mit Kindern, wenn Spielplätze, Olderdissen und andere Attraktionen nicht mehr zur Verfügung stehen? Man strolcht mit ihnen durch den Wald. Ist hier in fünf Minuten erreichbar. Dort fiel uns im Unterholz ein Ast ins Auge, der sich gut zu einer solchen Lampe eignen würde. Der wurde also mitgenommen, zuhause passend gesägt, abgeschliffen, eine Fläche zum Ankleben des LED-Streifens angeschliffen und dann lasiert. Im Baumarkt wurde dann nach einem passenden Fuß aus Holz gesucht und das LED-Band, dreifarbig mit Fernbedienung, gekauft. Ein zum Astdurchmesser passendes Loch in den Fuß gebohrt, der Ast eingeleimt, noch ein Loch für das unter dem Fuß beginnende Lichtband (dort war auch die Elektrik) – und alles montiert. Das Ganze sah gut aus, funktionierte und wurde von meiner Enkelin mit nach Haus genommen. Nun mein Problem: Sonst mache ich regelmäßig in Alteneinrichtungen Musik für und mit den alten Menschen, das geht zurzeit nicht. Da weiter nichts läuft und ich nicht nur vor der Flimmerkiste sitzen will, bin ich oft allein im Wald, und da sehe ich ständig potenziell für Designerlampenbau geeignete Äste liegen, die aber partout nicht zu unserer Wohnungseinrichtung passen würden. Und ich muss doch immer etwas zu Basteln haben. Und was mir jetzt noch fehlt, ist meine Enkelin.Walter Kerker, NW-Leser

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