Fehler bei Lärmschutz-Analyse: Kommt jetzt Tempo 60 am OWD?

Bielefeld/Minden. Das Verwaltungsgericht Minden hat im Lärmschutz-Verfahren zum Ostwestfalendamm (OWD) der Stadt Bielefeld Fehler bei der Lärmberechnung vorgeworfen und die Behörde nun zu einer erneuten Prüfung aufgefordert. Die 2. Kammer wirft den Verantwortlichen vor, Lärmbelastungen falsch ermittelt und einen falschen Dämpfungswert des Straßenbelags zugrunde gelegt zu haben. Damit sei allerdings die Entscheidung der Stadt, auf der Stadtautobahn nun auch tagsüber nur noch Tempo 80 zu erlauben, weder gekippt, noch eine weitere Reduzierung erzwungen, betonte Gerichtssprecherin Teresa Grabitz. Wie berichtet hatten Anwohner des OWD gegen die Stadt geklagt, weil sie sich nicht ausreichend vor dem Krach der vielbefahrenen Straße geschützt sahen. Nach einer neuen Verkehrslärmberechnung reduzierte die städtische Behörde daraufhin tatsächlich im Herbst 2019 die zulässige Höchstgeschwindigkeit am Tag auf 80 km/h. Dies gilt seitdem bis zum Johannistal, weil der Teil in Richtung Südring / A 33 in den Zuständigkeitsbereich von Straßen NRW fällt. Wie berichtet, akzeptierte der Landesbetrieb bisher auf diesem Teil der Strecke keine weitere Temporeduzierung. Stadt hatte weitere Reduzierungen abgelehnt Die Kläger akzeptierten in dem noch nicht abgeschlossenen Verfahren die Tempo-Reduzierung der Stadt als nicht ausreichend und forderten eine weitere Lärmeindämmung. Die Stadt hatte weitere Reduzierungen bisher wegen der hohen &bdquo;Verkehrsbedeutung" abgelehnt. Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts bezeichnete jetzt diese Entscheidung der Stadt als &bdquo;ermessensfehlerhaft". Bei der Berechnung des vom OWD verursachten Lärmpegels seien die durch Lkw hervorgerufenen Immissionen falsch ermittelt worden – nicht analog der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung. Denn die Stadt hat Lkw erst ab einem Gewicht von 3,5 Tonnen gerechnet, nicht ab 2,8 Tonnen, wie es auch die Kläger immer gefordert haben. Lkw zählen ab 2,8 Tonnen Nominal verdreifacht sich damit der Schwerverkehr auf dem Ostwestfalendamm – von rund 923.000 auf 2,7 Millionen Lkw (Stand 2019), was einem Anteil von fast 9,4 Prozent am Gesamtverkehr entsprach. Zudem sei man bei &bdquo;bei der Verkehrsberechnung von einem falschen Dämpfungswert des Straßenbelags ausgegangen", heißt es vom Gericht. "Grundlagen falsch, Ergebnis falsch" Auch der Verweis auf die Verkehrsbedeutung der Stadtautobahn als Ablehnungsgrund trage nicht. Zwar sei dies ein zulässiges Abwägungskriterium, aber, so Grabitz, die Behörde habe &bdquo;nicht hinreichend dargelegt, welche konkreten Auswirkungen weitere Geschwindigkeitsreduzierungen hervorrufen könnten". Die Sprecherin erklärt: &bdquo;Die Behörde muss ermitteln, welche Positionen gegenüber stehen. Wenn die Grundlagen aber falsch berechnet werden, ist auch das Ergebnis falsch." Streit über Tempo 80 bleibt Welche weiteren lärmreduzierenden Maßnahmen getroffen werden müssen, hat das Gericht übrigens damit nicht entschieden. Statt einer weiteren Temporeduzierung – die Kläger hatten 60 km/h gefordert – könnten alternativ auch ein anderer Asphalt oder Lärmschutzwände die Belastung der Anwohner verringern. Ebenso hat das Gericht nicht darüber entschieden, ob das neue &bdquo;Tempo 80 am Tag" rechtmäßig erfolgt ist. Das Verwaltungsgericht hat lediglich entscheiden, &bdquo;dass die Begründung der Stadt, von weiteren Maßnahmen abzsehen, rechtlich nicht tragfähig war". Der Streit zwischen der Straßenverkehrsbehörde und dem Landesbetrieb Straßen NRW schwelt weiter, der OWD bleibt tempomäßig zunächst weiter zweigeteilt. Stadt hält sich zunächst bedeckt Das Bielefelder Rechtamt reagiert knapp auf die Urteile: &bdquo;Das Verwaltungsgericht hat die Stadt unter teilweiser Aufhebung ihrer verkehrsrechtlichen Anordnung verpflichtet,den Antrag der Klägerseite auf verkehrsrechtliches Einschreiten neu - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - zu bescheiden." Jetzt würden zunächst einmal die Urteile ausgewertet und das weiter Vorgehen abgestimmt. "Leiser" ist die erste Prämisse Die Bürgerinitiative gegen Lärm am OWD jubelt über die Entscheidungen. &bdquo;Es freut uns, dass das Gericht festgestellt hat, dass der Verkehrslärm deutlich zu niedrig angesetzt ist. Das haben wir seit zehn Jahren geäußert", sagt Sprecherin Heike Winkelmann, die auch zu den Klägern zählt. Sie betont noch einmal, dass es in erster Linie das Interesse der Anlieger sei, &bdquo;dass es leiser wird, nicht in erster Linie, dass langsamer gefahren wird". Bernd Küffner vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), der die Anwohner unterstützt, glaubt, dass es nun an der Zeit sei, in der Stadt das Pendel zugunsten des Gesundheitsschutzes der Bürger ausschlagen zu lassen und nicht nur zugunsten des fließenden Verkehrs. &bdquo;Die Urteile bieten Gelegenheit, auch anderenorts beim Lärmschutz konkreter hinzusehen."

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