Lange Haft für Messerstecher vom Jahnplatz

Bielefeld. Für die brutale Messerattacke auf seine Ex-Partnerin am 20. September 2019 im Jahnplatz-Tunnel muss der deutsch-türkische Täter (46) aus Bielefeld jetzt für 8 Jahre und 9 Monate hinter Gitter. So lautete am Dienstag das Urteil der 10. Großen Strafkammer am Landgericht Bielefeld. Wie berichtet, hatte der Angeklagte sein Opfer zufällig an der Stadtbahn-Haltestelle Jahnplatz gesehen und spontan zu seinem Messer gegriffen. Mit dem Ziel, der Mutter seiner Kinder nach der endgültigen Trennung das "wunderschöne Gesicht" zu zerschneiden und damit dauerhaft zu entstellen, wie der Vorsitzende Richter Christoph Meiring in der Urteilsbegründung betonte: &bdquo;Das war eine sehr hässliche und niederträchtige Tat, die den sozialen Tod des Opfers herbeiführen sollte", betonte der Richter. Mindestens 21 Schnitte, um die Ex-Partnerin zu entstellen Dieses Vorhaben sei ihm auch gelungen, betonte Staatsanwalt Veit Walter, da das Opfer vermutlich sein Leben lang mit einem entstellten Gesicht leben müsse. Die mindestens 21 Schnitte des Täters hatten das Gesicht der Bielefelderin &bdquo;vom Scheitel bis zum Kinn" getroffen und wichtige Nerven im Gesicht vermutlich für immer beschädigt. Grundlage für die Tat, so Richter Meiring, war das &bdquo;archaische Selbstverständnis und überholte Rollenverständnis" des 46-Jährigen, der &bdquo;als Patriarch auch über die Trennung des Paares hinweg noch über seine Frau bestimmen wollte". Die 43-jährige Bielefelderin war nach türkischem Recht mit dem Täter verheiratet, hatte sich inzwischen aber endgültig von ihrem gewalttätigen Mann getrennt. &bdquo;Für ein solches Rollenverständnis darf es in unserer Gesellschaft keinen Raum geben", sagte Meiring. "Unsere Gesellschaft schafft es nicht, die Frauen zu schützen" Der Fall habe auch gezeigt, &bdquo;dass diese Gesellschaft es nicht schafft, Frauen vor solchen Tätern zu schützen." Gefährderansprachen, Annäherungsverbote und Strafandrohungen durch Polizei und Justiz gaukelten den Opfern nur den Anschein einer Sicherheit vor. Denn all dies hatte es im Vorfeld der Tat gegeben. Verhindern konnten die Behörden die Tat damit nicht. Die 10. Große Strafkammer verneinte nach Abschluss der Beweisaufnahme eine Tötungsabsicht des Angeklagten. Die Anklage hatte dem 46-Jährigen noch "versuchten Totschlag" vorgeworfen. Meiring betont: &bdquo;Sein Ziel war es, die Ex-Partnerin so zu entstellen, dass sie keine anderen Männer mehr finden könne." Weil die Entstellung der Bielefelderin massiv und dauerhaft ist, wurde der Angeklagte unter anderem wegen vorsätzlicher schwerer Körperverletzung verurteilt. Strafminderung, weil er "schnell ausrastet" Weil die Richter nicht ausschließen konnten, dass der 46-Jährige während der Tat aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typus (&bdquo;Sie rasten einfach schnell aus") in seiner Steuerungsfähigkeit gemindert war, und weil er ein Geständnis abgelegt hatte, war das mögliche Höchststrafmaß abzumildern. Das Gericht blieb trotzdem deutlich oberhalb der geforderten Haftstrafe von Staatsanwalt Veit Walter, der in seinem Plädoyer 7 Jahre und 6 Monate gefordert hatte. Verteidiger Jan-Christian Hochmann hingegen hatte auf eine niedrige Strafe von 3 Jahren und 6 Monaten plädiert, dafür aber eine Unterbringung im forensischen Maßregelvollzug beantragt. Dass der Bielefelder dauerhaft als Patient in eine geschlossene Psychiatrie kommen könnte, schloss Meiring aus: Der Gutachter hatte nicht eindeutig bejaht, dass der Angeklagte vermindert schuldfähig sei. Trotzdem hatte er eine Gefahr für die Allgemeinheit gesehen: Ihm zufolge sei zwar sein Hass auf diese Ex-Partnerin fokussiert gewesen. Dieser könne aber auch weitere Partnerinnen in der Zukunft treffen. Todessehnsucht beim Blick in den Spiegel Die beiden Helfer, Ghassan Al Yaesiri und Redouan Elouarghi, die durch ihr mutiges Eingreifen auf dem Bahnsteig noch Schlimmeres verhinderten, wurden selbst nicht nur physisch, sondern insbesondere auch psychisch verletzt. Sie erhalten nach dem Urteil vom Täter ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500 und 1.700 Euro. Anwalt Carsten Ernst, der das Opfer in der Nebenklage vertrat, sagte: &bdquo;Dem Angeklagten ist es gelungen, das Leben meiner Mandantin zu zerstören." Die 43-Jährige habe ihm berichtet, dass es ihr beim Blick in den Spiegel manchmal lieber sei, sie wäre bei der Messerattacke gestorben. Verteidigung kündigt Revision gegen das Urteil an Der Täter habe aber nicht nur ihr Leben zerstört, sondern auch seine ganze Familie. &bdquo;Für seine Kinder ist der Angeklagte gestorben, sie wollen nichts mehr mit ihm zu tun haben", betonte Ernst. Der Angeklagte reagierte auf das Urteil und die Vorwürfe der Anwälte mit einem leichten Kopfschütteln. Seine abschließende Entschuldigung nahm ihm Christoph Meiring nicht ab: &bdquo;Sie haben nie echte Reue und Anteilnahme gezeigt." Verteidiger Jan-Christian Hochmann kündigte an, gegen das Urteil des Landgerichts Revision einlegen zu wollen.

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