Bielefeld macht wieder auf: Das sind die Pläne für Montag

Bielefeld. Die Schließung von Einzelhandelsgeschäften hat in Bielefeld bisher zu einem Umsatz-Minus von etwa 90 Millionen Euro geführt. Das hat der Handelsverband errechnet. Doch jetzt gibt es für kleine und mittlere Geschäfte unter 800 Quadratmetern Verkaufsfläche eine Perspektive: Ab Montag können sie quer durch alle Branchen wieder öffnen. Auch das Loom macht sich Hoffnung. Plexiglasscheibe am Tresen, Desinfektionsmittel und Masken – Christian Bökenkamp ist startbereit. &bdquo;Wir können gewährleisten, dass sich die Kundschaft bei uns sicher fühlt“, sagt der Besitzer eines Spiel- und Haushaltwarengeschäfts in Schildesche. Penibel werde er auch darauf achten, dass nicht mehr Käufer hereinkommen, als die Fläche erlaubt, etwa 20 Quadratmeter pro Person: &bdquo;Ich freu mich schon wie Bolle, dass ich den Menschen hier wieder in die Augen sehen kann.“ &bdquo;Wir haben noch keinen Masterplan“, antwortet Kay Wintzer auf die Frage nach dem Ablauf des Neustarts. Eins allerdings weiß der Geschäftsführer von Betten Kirchhoff an der Goldstraße schon: &bdquo;Vor der Ladentür werden wir wieder Ware präsentieren.“ Mit einem unüberschaubaren Andrang der Kundschaft sei eher nicht zu rechnen. Muss man Ware desinfizieren? Zwiespältig beurteilt Katja Führmann die Lockerung. Ihr Accessoire-Geschäft an der Neustädter Straße ist 49 Quadratmeter klein. Die Hälfte der Fläche entfällt auf die Werkstatt. Abstand zu halten sei daher schwer. &bdquo;Und was passiert, wenn Kunden einen Gegenstand in die Hand nehmen? Muss ich den dann desinfizieren?“ Führmann hat sich für &bdquo;eine schleichende Lösung“ entschieden: Einfach klingeln oder gegen die Scheibe klopfen, dann wird sie die Tür öffnen. Kontrolle an Ladentüren Das sieht Jürgen Utecht von der Werbegemeinschaft Heepen ähnlich. &bdquo;Mitarbeiter an den Ladentüren können darauf achten, dass nicht zu viele Kunden in die Geschäfte kommen.“ Die Leute seien in den vergangenen Wochen sehr diszipliniert gewesen. &bdquo;Wenn das so bleibt, bin ich bester Hoffnung, dass wir zur Normalität zurückfinden.“ Jörg Beyer vom Handelsverband sieht kein Problem darin, Hygiene-Auflagen zu erfüllen. Wir haben unseren Mitgliedern einen seriösen und lieferfähigen Händler für Schutzmasken genannt.“ Plexiglasscheiben für Kassenbereiche seien bei Herstellern in der Region leicht zu beschaffen. Shopping-Center optimistisch Optimistisch ist auch Loom-Chef Jan Tangerding: &bdquo;Wir rechnen mit kurzfristigen Entscheidungen, gehen aber grundsätzlich davon aus, dass die Regelungen wie bisher auch für die Geschäfte in Shopping-Centern gelten werden.“ 110 Shops hat das Center, die meisten sind eher klein. Für Gemeinschaftsflächen in Centern wie den Food-Court sind besondere Vorsichtsmaßnahmen im Gespräch. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes OWL, Thomas Kunz, kritisiert die 800-Quadratmeter-Regelung: &bdquo;Auch größere Häuser können die Abstands- und Hygieneregeln einhalten.“ Großes Geschäft muss geschlossen bleiben Das beschäftigt auch den Modekaufmann Marcus Finke, der für Mai und Juni allerdings noch mit Umsatzeinbußen bis zu 50 Prozent rechnet.“ Wieder starten wird er in seinem Geschäft Finke First an der Obernstraße, das er erst im vergangenen Jahr mit großem Aufwand umgebaut hat. 500 Quadratmeter misst der Laden, den er bereits mit Desinfektionsmittel-Spendern, Schutzmasken für die Mitarbeiterinnen und einer Spuckschutzwand an der Kasse ausgestattet hat. Was ihn wurmt: Seine Niederlassung an der Niedernstraße muss vorerst geschlossen bleiben. Mit 1.800 Quadratmetern über drei Etagen verteilt ist dieser Laden zu groß. Eine Teilöffnung, die den Verkauf ausgewählter Kollektionen beispielsweise im Erdgeschoss ermöglichen könnte, ist nach den jüngsten Entscheidung der Bundesregierung untersagt. Auch das Land NRW will nicht zulassen, dass große Verkaufsflächen verkleinert werden, um öffnen zu können. &bdquo;Ich verstehe einfach nicht, dass wir schlechter gestellt sind als andere“, ärgert sich der Unternehmer. Und mit einem Seitenhieb auf die Bau- und Gartenmärkte: &bdquo;Wenn ich sehe, was da alles abgeht, finde ich das einfach nur ungerecht.“ In seinem First-Geschäft wird er die Mitarbeiterinnen in zwei Schichten einteilen, unterstützt werden die von Kolleginnen aus seinen Geschäften in Gütersloh, die geschlossen bleiben. Regeln gelten auch für Nebenzentren In einer besonderen Situation ist das Modehaus Kolck an der Brackweder Hauptstraße. 2.500 Quadratmeter groß ist das Geschäft. Ringsherum liegen nur kleinere Läden, die alle wieder öffnen können. &bdquo;Gesetze gelten für alle, daher sind wir mit gefangen“, sagt Inhaber Joachim Kruse. Dabei habe sein Haus weniger Frequenz als ein Drogeriemarkt in der City. &bdquo;Die 800-Quadratmeter-Regel zielt doch auf Innenstädte, nicht auf Nebenzentren“, sagt er. &bdquo;Wir haben keinerlei Planungssicherheit. Ich kann nur hoffen, dass wir im Mai öffnen dürfen.“ "Wir tragen die Hauptlast" &bdquo;Alle danken derzeit den Supermärkten, die weiterhin geöffnet hatten. Aber wir haben für die Allgemeinheit geschlossen und tragen die Hauptlast“, sagt Kruse. Auch seine Mitarbeiter wären lieber Corona-Helden statt als Kurzarbeiter zu Hause zu sitzen. Man müsse fragen, ob für Geschäfte, die nicht wieder öffnen dürften, ein staatlicher Ausgleich oder eine Entschädigung möglich sei.

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