Bielefeld. In der Zeit, in der Schüler wegen der Corona-Krise nicht in die Schulen dürfen, sollten Schulen darauf achten, die Kommunikation mit ihren Schülern zu stärken. Das sagt Bildungsforscherin Anna-Maria Kamin von der Universität Bielefeld.
Sie kritisiert, dass die Schulen in Deutschland dafür nicht flächendeckend auf medientechnische Infrastrukturen wie Lernplattformen zurückgreifen können. „Die Schulen sind wegen der Corona-Vorbeugung geschlossen, Schüler erhalten von ihren Lehrern Angebote, um zu Hause zu lernen", sagt Kamin. „Durch dieses Homeschooling bekommt digitale Bildung aktuell einen starken Schub."
"Lehrkräfte stark engagiert"
Lehrkräfte würden sich derzeit sehr stark engagieren, um bestmöglich mit der Situation umzugehen. „Viele von ihnen nutzen und erproben digitale Tools, um das Lernen zu Hause zu begleiten." Nicht nur im Hinblick auf Schulen, sondern auch auf Hochschulen und die Betriebe werde jetzt deutlich, welche Chancen digitale Medien bieten und wie wenig sie bislang ausgeschöpft wurden, sagt Kamin.
Dennoch müsse beachtet werden, dass es sich um eine Sondersituation handele. Keinesfalls sollte Präsenzunterricht dauerhaft durch Onlinelernen ersetzt werden, so Kamin. „Digital unterstützter Unterricht muss sorgfältig geplant sein. Wenn Lehrer traditionelle Lernformen im Hinblick auf digitale Gestaltungsformen anpassen, sollte zuvor abgewogen werden, inwiefern Vorteile für das Lernen erkennbar sind."
Erklärvideos und Trickfilme
Die aktuelle Situation aber werde vielfach Anstöße geben, mediengestütztes Lernen didaktisch besser im Schulunterricht zu integrieren. Schulen sollten besonders jetzt digital unterstützte Lehr-Lernmethoden erproben, findet sie. Das reiche von Erklärvideos und Trickfilmen über Online-Quizze und Podcasts bis hin zu E-Books und Games, die entweder Lehrer den Schülern bereitstellen oder Schüler selbst produzieren könnten.
Schulen sollten aktuell darauf achten, die Kommunikation mit ihren Schülern zu stärken, rät sie. Sie sollten Kommunikationsformen suchen und vereinbaren, um mit Schülern und auch Eltern in Kontakt zu bleiben und Feedback zu geben. Weil oft zentrale Lösungen fehlten, blieben Lehrern momentan oft nichts anderes übrig, als das Einverständnis der Eltern zur Nutzung bestimmter digitaler Tools einzuholen und sie darauf hinzuweisen, dass sie die Kinder bei der Nutzung begleiten.
"Deutschland liegt im Mittelfeld"
Bei allen Chancen: Viele Studien belegen, dass Deutschland im Hinblick auf Medienausstattung, Mediennutzung, medienpädagogischer Kompetenz der Lehrkräfte und Medienkompetenz von Schüler weltweit lediglich im Mittelfeld liegt, erklärt Kamin. Das werde jetzt zum Problem.
Für die Schüler und Lehrer wäre die Kommunikation einfacher, wenn flächendeckend auf gemeinsame stabile und leistungsstarke medientechnische Infrastrukturen zurückgegriffen werden könnte. Dazu gehörten Schul-Clouds, Lernplattformen und datenschutzrechtlich unbedenkliche Kommunikationstools.
Schüler nicht einheitlich ausgestattet
Problematisch sei auch, dass die Schüler nicht mit einheitlicher Hardware ausgestattet seien und die Begleitung durch Bezugspersonen stark variiere. Daran zeige sich, dass Homeschooling Bildungsungleichheiten verstärken kann – und zwar dann, wenn nicht alle Kinder die gleichen Rahmenbedingungen haben, so Kamina.