Kommentar

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Das Virus-Tagebuch der Redaktion

Corona ist inzwischen im Alltag aller ein ständiger Begleiter. Und jeder hat seine ganz eigenen Frustrationsmomente. Ein persönlicher Einblick in unsere Woche.

Der Moment der Arminia-Osnabrück-Spielabsage an der Schüco-Arena. | © Kurt Ehmke

Andrea Rolfes
14.03.2020 | 14.03.2020, 12:00

Bielefeld. Dies ist das Virus-Tagebuch der NW-Lokalredaktion Bielefeld, welche im Jahr 2020, Monat März, Tag 14 noch im Dienst ist. Allerdings arbeitet die Mannschaft von heute an im Homeoffice. So sollen gegenseitige Ansteckungen vermieden werden.

Nur eine Hand voll Mitarbeiter sitzt noch in der Redaktion, um die Zügel zusammenzuhalten. Die Lage ist stabil – doch seit einigen Tagen sind bei vielen Kollegen individuelle Stimmungs-Schwankungen deutlich spürbar.

Die auffälligsten emotionalen Verfassungen der Woche folgen im Überblick:

Der traurigste Moment unseres Fotografen, der seit seinem neunten Lebensjahr Arminia-Fan ist: Es war die Nachricht, dass das Nachbarschafts-Derby gegen Osnabrück ohne Publikum stattfinden wird. So etwas habe er in seinem Leben bisher nicht erlebt. Zum ersten Mal sah die Redaktion den sonst sehr redseligen Kollegen sprachlos. Am Dienstagabend verließ er stumm und kopfschüttelnd die Redaktion.

Am nächsten Morgen schien er gefasster: „Es ist wohl die richtige Entscheidung", murmelte er. Am Freitagabend der nächste fassungslose Moment: Zwei Stunden vor dem geplanten Anpfiff des Spiels, für das er als Fotograf eingeteilt war, erfuhr er von der Absage. „Dann soll es eben so sein", sagte er und verließ mit hängenden Schultern die Redaktion.

Geheimtipp - Bitte nicht weitersagen!

Mein verstörendster Moment der Woche: Der Anblick eines leeren Toilettenpapier-Regals in meinem Stamm-Markt an der Huberstraße. Das letzte Stück Papier war zuhause aufgebraucht. Was also tun? Panik verhindern – Ruhe bewahren! Gott sei es gedankt, gab mir eine nette Dame den entscheidenden Tipp: „Im Markt an der August-Bebel-Straße gibt es noch welches – aber nicht weitersagen." Ich bin schnell hingefahren. Es gab tatsächlich noch mehrere Packungen. Behalten Sie den Geheimtipp für sich.

Der bitterste Moment eines Arbeitskollegen: Er schaute morgens in sein Aktien-Depot Deka-Basis Anlage A 100. Der monetäre Verlust muss niederschmetternd gewesen sein. Sein Gesicht sprach Bände. Mehr war bis zum Abend nicht zu erfahren. Der Kollege verrichtete seine Arbeit als Redakteur ruhig und ohne Auffälligkeiten. Er verließ die Redaktion mit einem stillen „Tschüss".

Der enttäuschendste Moment einer Arbeitskollegin, die sich seit Wochen auf einen Urlaub mit ihrer Familie am Gardasee freute: Es war die endgültige Entscheidung, die Ferien abzusagen. Geld gibt es allerdings nicht zurück. Was diesen Aspekt angeht, scheint das letzte Wort aber noch nicht gesprochen zu sein. Sie will um ihr Geld kämpfen.

Von Zirkusartisten und Abiturienten

Der besorgteste Moment der Woche: Ein Kollege bangte tagelang, dass die Schule die Zirkus-Aufführung absagen würde, für die seine Kinder wochenlang geprobt hatten und auf die sie sich intensiv freuten. Gestern stellte sich heraus: Auch der Höhepunkt der Trainingswoche wird Opfer der Corona-Entwicklung. Aber: Die Zirkusartisten und die Schule wollen die Aufführung nachholen – irgendwann.

Der Moment, der für den größten Frust gesorgt hat, gehört dem Sohn einer Arbeitskollegin. Er macht in diesem Jahr sein Abitur. Am Freitagnachmittag wurde seine Welt auf den Kopf gestellt. Keine Abi-Party mehr, kein Abschluss-Singen in der Schule – die gesamte Fröhlichkeit war dahin. Statt dem Countdown auf seiner Wange, der die Tage bis zum Abitur runterzählte, steht da nun eine Fragezeichen. Was passiert jetzt? Für viele Abiturienten ist die Vorstellung schrecklich, ihre Prüfungen könnten sich um ein paar Wochen verschieben.

Wie soll es bloß weitergehen?

Die Sinnkrise der Woche erlebte der Kollege, der für die Veranstaltungstipps zuständig ist. „Was soll ich denn jetzt tun?" Wenige Sekunden später: „Ja aber, was soll ich denn jetzt tun?" All das ist nur eine kleine Auswahl der persönlichen Gefühlswelt unserer Redakteure. Sicherlich werden Sie Ihre eigenen Corona-Momente in dieser Woche gehabt haben.

Die gute Nachricht: Noch sind alle Redaktionsmitglieder gesund. Wir können ungehindert über alles Relevante rund um das Virus in Bielefeld berichten. Die Zukunft wird zeigen, wie lange noch. In diesem Sinne: Halten Sie sich wacker. Bleiben Sie gesund. Und waschen Sie Ihre Hände! Coronafrei bleiben ist die Devise.