Bielefeld

Reportage: Wie lebt es sich auf dem berüchtigten Sportplatz Kupferhammer?

Eine Platzbegehung zeigt, wie schwer der Alltag der Fußballer des FC Türk Sport am Kupferhammer ist. Matthias Foede hatte Ali Kemal Calisan und Gürkan Kaya im Interview.

Bei Regenwetter ist der Platz schnell unbespielbar. | © Oliver Krato

Matthias Foede
08.03.2020 | 08.03.2020, 17:21

Bielefeld. Er ist berühmt. Und er ist berüchtigt. Der Sportplatz Kupferhammer in Bielefeld-Brackwede hat einen ganz speziellen Ruf. Das Satiremagazin "Extra 3" betitelte ihn einmal als den "verrücktesten Fußballplatz Deutschlands". Gastmannschaften haben nicht wirklich Lust, auf dem Geläuf - halb Rasen, halb Asche - zu spielen. Doch wie sieht es mit dem FC Türk Sport aus? Der Verein ist dort seit rund 40 Jahren beheimatet. Er muss tagtäglich mit den Umständen an der Broker Schule leben. Um Antworten auf diese Fragen zu bekommen, hat "Flügelzange OWL", der Podcast von FuPa Ostwestfalen, seine neueste Ausgabe vor Ort produziert. Eine Platzbegehung im Audio-Format mit Redakteur Matthias Foede, dem Sportlichen Leiter des FC Türk Sport, Ali Kemal Calisan, und dem Platzwart Gürkan Kaya. Das ganze Gespräch gibt es hier im Podcast "Flügelzange OWL". Ebenso bei Spotify, iTunes oder Deezer.

 Kupferhammer-Atmosphäre

Wenn ich mir etwas hätte wünschen können für den Vor-Ort-Termin, dann adäquates Wetter. Für den Kupferhammer bedeutet das: Regen, viel Regen. Quasi Fritz-Walter-Wetter für Fortgeschrittene. Um dem Kind einen Namen zu geben: Kupferhammer-Atmosphäre. Der Wettergott meint es tatsächlich zu gut mit mir und meinen Gesprächspartnern. Er ist in Gönnerlaune - und übertreibt. Das Gewitter kommt aus Westen, pirscht sich mit den Vorboten Sonne und pechschwarzen Wolken an, um dann beherzt zuzuschlagen: Blitz, Donner, Hagel, Graupel, Schnee und eine Extra-Portion Wasser.

Reporter Matthias Foede hat sich den Platz angeschaut und mit Vereins-Verantwortlichen gesprochen. - © Oliver Krato
Reporter Matthias Foede hat sich den Platz angeschaut und mit Vereins-Verantwortlichen gesprochen. | © Oliver Krato

Jetzt kneifen geht nicht, das können die Fußballer vom FC Türk Sport bei solchen Bedingungen ja schließlich auch nicht. Also: Gummistiefel an (man ist ja vorbereitet) und Mikro in die Hand. Schon am Eingangstor zum Sportplatz hinter dem Parkplatz latsche ich in die erste XXL-Pfütze. Es sollte nicht die letzte sein. Meine Interview-Gäste Ali Kemal Calisan und Gürkan Kaya treten deutlich entspannter auf. Mit ihren weißen Sneakers und halbhohen Schuhen strahlen sie Gelassenheit aus. Calisan - mit der Umsicht eines Sportlichen Leiters - hat zudem noch fix zwei Regenschirme organisiert. Dann kann es losgehen.

Der Fussballplatz Kupferhammer inn Bielefeld ist ein sogenannter Glatzenplatz. In der Mitte Asche und an den Seiten Rasen. - © Oliver Krato
Der Fussballplatz Kupferhammer inn Bielefeld ist ein sogenannter Glatzenplatz. In der Mitte Asche und an den Seiten Rasen. | © Oliver Krato

Wir stehen mitten auf dem Platz an der Kante von Rasenstreifen und Asche. Dieser Versatz ist an einigen Stellen im Laufe der Jahre auf stattliche fünf Zentimeter angewachsen. Deshalb bildet sich dort bei größeren Regenmengen schnell eine Pfütze. Ach, was sage ich: ein Teich. Die aktuelle Version hat majestätische Ausmaße: 30 mal 30 Meter. In etwa ein Viertel des Platzes ist mit Wasser überflutet. Für den Botaniker fehlen lediglich ein paar Pflanzen und Fische. Für den Fußballer sind das untragbare Bedingungen.

 Platzwart ist erfinderisch

Der staubige Platz während einer Partei zwischen FC Türk Sport und SuK Canlar. - © Christian Weische
Der staubige Platz während einer Partei zwischen FC Türk Sport und SuK Canlar. | © Christian Weische

"Ich versuche alles, den Spiel- und Trainingsbetrieb in solchen Situationen zu ermöglichen", sagt Gürkan Kaya. Der Platzwart und seine Helfer sind erfinderisch, sie kämpfen mit Schaufeln, Eimern und Schrubbern gegen das Nass. Das sieht dann bisweilen so aus, als würden die Darsteller von Harry Potter mit ihren Besen Quidditch spielen. Im vergangenen Herbst setzten Kaya & Co. auf ganz schweres Geschütz. Sie fuhren mit mehreren Pkw auf den überfluteten Platz. Anschließend versuchten sie, mit Abziehern, wie man sie vom Tennis kennt, dem Nass Herr zu werden. Dabei saß einer im Kofferraum des Wagens und hielt den Abzieher bei geöffneter Klappe fest.

"Unser großes Problem ist, dass wir das Wasser nicht vom Platz wegbekommen. Es fehlt ein vernünftiger Abfluss", sagt Gürkan Kaya. Dabei könnte es demnächst eine Lösung geben. Die Stadt Bielefeld hat im Sommer vor, dem Kupferhammer eine vernünftige Drainage zu verpassen. Außerdem soll die charakteristische Kante zwischen Rasen und Asche geglättet werden.

Gemeinsam mit der Stadt versucht der FC Türk Sport, auch noch ein paar andere Klippen zu umschiffen. Auch der Container zur Unterbringung von Trainingsutensilien, Getränken und zahlreichen Säcken zum Abkreiden des Platzes hat seine besten Tage hinter sich. Sofern er überhaupt welche hatte. Im Vereinsheim fehlt ein Wasseranschluss sowie eine Stromleitung, die nicht permanent den Geist aufgibt, sobald man mehr als einen Kühlschrank anschließt.

 "Sehr einladend ist es hier nicht"

Im Winter fällt zudem das Fehlen einer Heizung besonders auf. In Container und Vereinsheim ist es so kalt, dass früher die dort gelagerten Spielbälle zu "Betonkugeln" froren. Deshalb stellte die Stadt dem FC Türk Sport im Umkleidentrakt einen separaten Lagerraum zur Verfügung. Auch über die Installation einer Waschmaschine und eines Trockners tauschen sich beide Seiten aus. "Sehr einladend ist es hier nicht", betont Ali Kemal Calisan: "Ein vernünftiges Vereinsleben ist so nicht möglich!"

Auch die Akquise von Trainern, Spielern und des Nachwuchses verläuft schleppend. "Viele sagen sofort ab", gesteht Ali Kemal Calisan: "Ab November bringen die Eltern keine Kinder mehr zum Kupferhammer." Aus diesem Grund ist dem FCT über die Jahre der Unterbau abhanden gekommen. Lediglich eine A-Jugend ist noch geblieben - dazu die drei Herren-Teams. Diese teilen sich freitags ab 18 Uhr eine Umkleide. 40 bis 50 Kicker auf 20 Quadratmetern. Dagegen muss sich der Hering in seiner Konservendosen vorkommen wie in einem Großraumbüro.

Ali Kemal Calisan ist allerdings eine Sache ganz wichtig: "Wir wollen hier nicht nur rumheulen. Ansonsten hätten wir die Fußball-Abteilung auch einfach abmelden können. Wir wollen am Kupferhammer bleiben und unsere Zukunft aktiv gestalten. Es ist unser Traum, die Möglichkeiten am Kupferhammer zu verbessern. Die Mitglieder sind dazu bereit." Am Ende dieser Bemühungen darf aus Sicht des FC Türk Sport gerne ein Kunstrasenplatz stehen.

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