NRW-Verkehrsminister soll Tempo-Streit auf dem OWD klären

Bielefeld. Durchgehend Tempo 80 auf dem Ostwestfalendamm (OWD), Schluss mit dem aktuellen Geschwindigkeitswirrwarr auf der Stadtautobahn. Das soll jetzt NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst durchsetzen. &bdquo;Stoppen Sie die Kompetenzüberschreitung des Landesbetriebs Straßen NRW", schreibt der Verkehrsclub Deutschland (VCD) in einem offenen Brief an den Minister. Eine große Enttäuschung dürfte ausschlaggebend für diesen Brief sein. Das Verwaltungsgericht Minden hatte nämlich am Freitag die Erwartungen der Anwohner des OWDs und des Verkehrsclubs gedämpft, die seit Jahren gemeinsam für einen verbesserten Lärmschutz entlang der Strecke kämpfen. Richter Christian Edler hatte deutlich gemacht, dass er mit seinem noch ausstehenden Urteil den Landesbetrieb nicht verpflichten kann und will, die von der Bielefelder Straßenverkehrsbehörde angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung von durchgängig 80 km/h auch in die Tat umzusetzen. Forderung von Tempo 60 bei Nacht Im Prozess gehe es einzig und allein um die Frage, ob die Stadt bei der Anordnung von Tempo 80 ihren Ermessensspielraum voll ausgeschöpft oder ob sie dabei Fehler gemacht hat. Die Anwohner fordern nämlich darüber hinaus gehende Schutzmaßnahmen, beispielsweise nachts Tempo 60 auf der Stadtautobahn. Drei von ihnen haben 2017 stellvertretend gegen die Ablehnung der Stadt geklagt, etwas in dieser Richtung zu unternehmen. Bis zur Verhandlung sind seither mehr als zwei Jahre ins Land gegangen. Die Verkehrszahlen steigen stetig, die von den Anliegern ebenfalls erkämpfte Dauerzählstelle auf dem OWD liefert die entsprechenden Zahlen. Und so schwenkte das Amt für Verkehr im September 2019 um und ordnete durchgehend Tempo 80 an. Der Landesbetrieb verweigert zu folgen, da er keine ausreichende Wirkung auf den Verkehrslärm sieht. Tempo 100 Schilder "unwirksam" Seit November gilt also auf dem städtischen Abschnitt Tempo 80, auf dem Abschnitt, der in Baulast des Landes liegt (vom Haller Weg bis zur Abfahrt bei Ikea), darf weiterhin 100 gefahren werden. Der Landesbetrieb Straßen NRW hatte angekündigt, so lange zu warten, bis das Verwaltungsgericht in dem Rechtsstreit eine Entscheidung getroffen hat. &bdquo;Damit verhindert der Landesbetrieb Verbesserungen für die Anwohner, die in ihrer Gesundheit gefährdet werden", schreibt Martin Schmelz für den VCD-Kreisverband Ostwestfalen-Lippe an Minister Wüst. &bdquo;Und er überschreitet damit seine Kompetenzen." Der VCD ist zudem der Auffassung, dass die Tempo-100-Schilder keine &bdquo;verkehrsrechtlich gültige Anordnung haben und daher prinzipiell unwirksam sind". Sven Johanning, Sprecher des Landesbetrieb, bleibt gelassen. Es gelte weiterhin, dass erst die Entscheidung in Minden abgewartet werde. Die Bezirksregierung als Obere Straßenverkehrsbehörde sei über die Auffassung von Straßen NRW in Kenntnis gesetzt worden. Ob Verkehrsminister Wüst in ein schwebendes Verfahren eingreifen werde, sei mehr als fraglich, so Johanning. Klassifizierung der Fahrzeugtypen Für die Anwohner ist die Frage zentral, wie hoch denn nun genau der Schwerlastverkehr auf dem OWD ist. Gut 79.000 Fahrzeuge sind 2019 im Schnitt täglich über die Stadtautobahn gerollt. Der Lkw-Anteil (mehr als 3,5 Tonnen) lag bei 3,2 Prozent. Würden alle Fahrzeuge ab 2,8 Tonnen mitgezählt, würde sich dieser Anteil verdreifachen. Grobe Faustformel: Je mehr Lkw, desto größer ist auch der Lärm. Die Dauerzählstelle auf dem OWD kann nach ihrer technischen Beschreibung insgesamt acht Fahrzeugtypen eindeutig klassifizieren, darunter auch besagte Lieferwagen und Wohnmobile bis 3,5 Tonnen. In der Verhandlung des Verwaltungsgerichtes hatten sowohl Stadt als Landesbetrieb es so dargestellt, als wüssten sie nicht genau, ob und wie die Anlage die Fahrzeugtypen unterscheidet. Die vom Land herausgegebene Statistik unterteilt indes genau nach diesen Typen. Richter Edler hat in der Folge, wie berichtet, sowohl von der Stadt als auch vom Landesbetrieb genauer Zahlen und Berechnungen eingefordert. Vor allem möchte er Aussagen darüber, wie sich sich ein dreifacher Lkw-Anteil auf den Schalldruck auswirkt. Gleichwohl werden Bürger und VCD es schwer haben, mit ihrem Ansatz durchzudringen. In einer Antwort der Bundesregierung 2010 auf eine Anfrage der Grünen zu &bdquo;Falschen Lärmberechnungen an Bundesfernstraßen" ist nachzulesen, dass die Tonnage-Grenze von Lkw EU-weit bereits 1995 von 2,8 auf 3,5 Tonnen angehoben worden ist. Das Abgrenzungskriterium zwischen Pkw und Lkw liegt demnach in der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Während Lkw maximal 80 km/h fahren dürfen, sind schnellere Sprinter mit einem Gesamtgewicht bis zu 3,5 Tonnen als &bdquo;Lärmtyp Pkw" einzurechnen. Die Stadt ist in ihren Berechnungen von einem Lkw-Anteil um die 3 Prozent ausgegangen. Und zu dem Ergebnis gekommen, dass die Grenzwerte von nachts 60 Dezibel db(A) und tagsüber von 70 dB(A) nicht überschritten werden.

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