Satire

Fest der Liebe im XXL-Format

Flottmanns Gedanken: Wie viel Weihnachtsmarkt verträgt das Jahr?

Die Weihnachtsmarkt-Eisbahn am Klosterplatz. | © Sarah Jonek

18.01.2020 | 18.01.2020, 17:27

Bielefeld. Vermissen Sie ihn auch schon? Gute Nachrichten für alle, die noch an den Weihnachtsmarkt glauben: Zurzeit wird darüber nachgedacht, den nächsten bis zum 6. Januar zu verlängern. Welchen Jahres, darüber sind sich die Organisatoren noch nicht ganz einig, vermutlich wird aber zunächst 2021 anvisiert.

Wenn sich die Zivilbevölkerung an die neue Länge gewöhnt hat, kann vielleicht schon in vier bis fünf Jahren das Projekt in Angriff genommen werden, die Zehn-Wochen-Marke zu knacken. So könnte all denjenigen, denen die Bundesligapause bis Ende Januar ihren Lebenssinn raubt, mit dampfendem Glühwein und besinnlicher Bratwurst eine annehmbare Alternative des Vergessens geboten werden.

Brückenschlag zu Ostern

Eine der zentralen Fragen der sich ständig ausbreitenden freien Weihnachtsmarktwirtschaft ist allerdings: Wie lässt sich in den weihnachtsfernen Zeiten eine wenigstens ansatzweise weihnachtliche Atmosphäre vortäuschen? Besonders nach Silvester sind Motivation und Selbstbeherrschung, die man braucht, um das Fest der Liebe als ein solches zu begehen, auf einem Tiefpunkt angekommen.

Die Zukunft muss nun zeigen, ob der Weihnachtsgedanke so flexibel ist, dass er sich noch weiter Richtung Ostern dehnen lässt. Notfalls müssen die Weihnachtsmärkte ab Januar einfach unter einem anderen Namen weitergeführt werden: X-Mas-After-Show-Market oder Ruprechts Endless After-Sale – was man heute halt so sagt, um sich mit exotischen Anglizismen interessant zu machen.

Mehr Weihnachtsfeiertage

Auch die Kirchen, so ist zu lesen, können sich scheinbar mit einem verlängerten Weihnachtsmarkt anfreunden. Sie sollen bereits mit ihren Vorgesetzten über einen dritten und vierten Weihnachtsfeiertag verhandeln. Eine solche Innovation des Kirchenjahrs würde die Legitimation von XXL-Christmärkten erheblich erleichtern.

Auch die Idee eines zwölf Meter hohen Felsens, dessen zweite Etage für Weihnachtsfeiern vermietet werden soll, könnte den Anwohnern am Klosterplatzes neue weihnachtsfeierliche Impulse geben.

Da schlagen die Weihnachtsherzen eines jeden Betroffenen höher. Ein haushoher Steinberg in nachbarschaftlicher Sicht- und Hörweite, in dem wechselnde Firmenbelegschaften ihre Vorstellungen von Beschaulichkeit und Spiritualität zelebrieren. Mehr Weihnacht geht kaum.