Pläne zum Stadtbahn-Umbau in Bielefeld regelrecht zerpflückt

Bielefeld. Der Umbau der Stadtbahnlinie 1 und der Hauptstraße in Brackwede könnte sich möglicherweise drastisch verschieben. Die Bezirksregierung hat Stadt und MoBiel nach dem Erörterungstermin im Oktober offensichtlich einen ganzen Bauchladen an Hausaufgaben aufgegeben. Dies geht aus dem Protokoll des nichtöffentlichen Erörterungstermines hervor, das der NW nun vorliegt. Eine Sache hält Verhandlungsleiter Frank Auf dem Hövel schon vor der Detailprüfung für besonders problematisch. Kritische Verkehrsführung Bliebe es beim jetzigen Plan, lägen im Bereich des Hochbahnsteigs &bdquo;östlich Germanenstraße" zwischen einem Radfahrer und einer Vamos-Straßenbahn nur ganze 14 Zentimeter. Bei den alten Bahnen wäre der Abstand 31,5 Zentimeter. So hat es die Bürgerinitiative zum Erhalt der Hauptstraße berechnet. Diese Verkehrsführung ohne Schutzstreifen, die vor und nach der Haltestelle je 1,60 Meter breit sind, bedeutet, dass eine Bahn hinter dem Radler bleiben müsste. Auf dem Hövel, Leiter des Dezernates Verkehr, Planfeststellung und Plangenehmigung in Detmold, sieht das kritisch. Und sollte – wie geplant – in der Straßenverkehrsordnung (StVO) ein größerer Schutz für Radfahrer verankert werden (1,50 Meter Pflichtabstand), muss umgeplant werden. Die Stadt ist der Auffassung, dass sich dieser Abstand sich nur auf Pkw beziehe, nicht auf Stadtbahnen. Auf dem Hövel machte klar, dass er dies für &bdquo;rechtlich nicht haltbar ansieht". Dirk Vahrson, stellvertretender Leiter des Bielefelder Amtes für Verkehr, betonte, dass entlang bislang bestehender Regelwerke geplant worden sei. Der Schutz der Radler vor sich plötzlich öffnenden Autotüren sei als wichtiger angesehen worden. Bauzeit existenzgefährdend Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens gab es 36 Einwendungen eingegangen. Sie berühren zum Teil ganz elementare Punkte. Und es zeigt sich laut Protokoll, dass der Vorhabenleiter an diversen Stellen Nachbesserungen für erforderlich hält, bevor die Behörde entscheiden kann, ob die Planung genehmigungsfähig ist – die Auf dem Hövel angesichts der langen Bauzeit durchaus für existenzgefährdend hält. Der fehlende Platz führte zur Frage, ob der Bahnsteig statt 4,50 nicht nur 4 Meter breit sein könnte. Dies ist zulässig, wurde aber von den Planern aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens verworfen. An der heutigen Haltestelle Normannenstraße steigen täglich rund 4.500 Menschen aus, ein und um. Sie ist damit die höchstbelastete der Stadt. Da der Bahnsteig schon auf 60 Meter verkürzt sei, die Ausstattung berücksichtigt werden müsse, sei die schmalere Version verworfen worden. Gegebenenfalls sei es möglich, wenn auf einen Wetterschutz verzichtet werde. Hochbahnsteige - wo und wie? Die Lage und Anzahl der Hochbahnsteige war auch Diskussionspunkt. Die politischen Gremien hatten sich mehrheitlich für den Standort &bdquo;östlich Germanenstraße" entschieden, gegen den alternativen Standort &bdquo;Sparkasse". Weitere Haltepunkte sind &bdquo;Gaswerkstraße" und &bdquo;Brackwede Kirche" (Höhe Tedi). Drei Haltestellen sollten aus Sicht der Planer erhalten bleiben, um keine Versorgungslücken entstehen zu lassen. Der Standort &bdquo;Sparkasse" biete mit Blick auf die Verkehrsführung keine Vorteile, da die Stelle ähnlich eng sei. Sie liegt allerdings nicht ganz in der 1a-Geschäftslage. Die Haltestelle &bdquo;Kirche" ist von den Planern jenseits der Kreuzung verlegt worden, weil im Kurvenbereich vor der Kirche die erforderliche Strecke von 100 Metern Länge nicht erreicht werden könne. Gebäude stünden zu dicht am Fahrbahnrand. An der neue Haltestelle ist zudem eine Wendemöglichkeit für die Straßenbahnen vorgesehen, die am bisherigen Standort nicht in Frage komme. Die Bürgerinitiative schlägt gleichwohl vor, den Bahnsteig an der Kirche zu belassen und nur 3,50 Meter breit zu bauen, was an anderer Stelle bereits realisiert worden sei. Selbst der Vertreter von Pro Nahverkehr, Godehard Franzen, sieht weitere Wege für mobilitätseingeschränkte Menschen kritisch. Alexander von Spiegel vermisste generell, dass der neue noch nicht öffentliche Nahverkehrsplan, der auch andere ÖPNV-Lösungsmöglichkeiten mit sich bringe, nicht berücksichtigt werde. Pläne nicht "grob zu kurz gedacht" Frank Auf dem Hövel betonte, dass bislang kein Verdacht bestehe, dass die Standorte &bdquo;völlig unbedacht oder grob zu kurz gedacht" seien. Er bat die Planer jedoch, für eine bessere Nachvollziehbarkeit entsprechende Berechnungen nachzuliefern. Es werde völlig unabhängig von jedweden Ratsbeschlüssen geprüft. Wenn das Abwägungsergebnis der Stadt nicht ausreichend sei, könne dies möglicherweise auch eine Umplanung zur Folge haben. Hoch- oder Niederflur? Über diese Frage ist munter gestritten worden. Dirk Vahrson wiederholte die Argumentation, dass in den 80er Jahren die Systemfrage entschieden worden, Niederflur damals nicht Stand der Technik gewesen sei. Mittlerweile hätten 80 Prozent der Haltestellen Hochbahnsteige. Nur eine eigenständige (abgelehnte) Niederflurlinie 5 mit 18 Kilometern Länge hätte sich gerechnet. Die Hochbahnsteiggegner fragten hartnäckig nach Wirtschaftlichkeitsberechnungen für beide Varianten. Sie sehen einen Mangel an Vergleichsangeboten. Das Amt für Verkehr räumte ein, nur Plausibilitätsbetrachtungen durchgeführt zu haben. Sicherheitsaspekte abwägen Frank Auf dem Hövel vermisste in der Folge noch weitere Dinge. So kündigte er eine vertiefte Prüfung des Themas &bdquo;Andienung" von Geschäften und Zufahrt von Rettungsfahrzeugen. Das der Hochbahnsteig &bdquo;östlich Germanenstraße" das benachbarte Ärztehaus und eine Apotheke in gefährlicher Weise blockiere, ist seit jeher ein zentrales Argument der Bürgerinitiative zum Erhalt der Hauptstraße. Vor- und Nachteile beider Alternativstandorte sei in dieser Hinsicht nochmals abzuwägen, beschied der Verhandlungsleiter. Fauxpas beim Umleitungskonzept Ebenso vermisste Auf dem Hövel eine Kosten-Nutzen-Analyse im Hinblick auf aktiven und passiven Lärmschutz. Unfroh war er offensichtlich auch darüber, dass das Umleitungskonzept für die Wohnbereiche nördlich der Hauptstraße der Bezirksregierung nicht zugegangen sei, sie dieses eher zufällig zur Kenntnis habe nehmen müssen. Es werde nun geprüft, ob es in Planfeststellungsverfahren aufgenommen werden müsse, da es hier nicht nur um Kapazitätsfragen gehe. Die Anwohner lehnen das bisherige Konzept ab. (Ein Infoabend der Bezirksvertretung dazu findet am Dienstag, 14. Januar, ab 18 Uhr im Bezirksamt Brackwede, Germanenstraße 22, statt.) Belange der Kaufleute sind zu schützen Und letztlich ging es um die lange Bauzeit, die seitens der Stadt auf 20 Monate berechnet wird. In der Hauptstraße ruht dann der Stadtbahnverkehr, auch Individualverkehr ist nicht möglich, nur Anlieferung über eine Einbahnstraße. Die Belange der Kaufleute seien daher &bdquo;besonders zu schützen und zu berücksichtigen", so Frank Auf dem Hövel. Von Amts wegen werde eine mögliche &bdquo;Auffangregelung" geprüft.

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