Kuriose Idee für Jugendzentrum unterm Jahnplatz

Bielefeld. Zu einer großen Stadt wie Bielefeld gehört ein intaktes Kultur-Angebot für junge Menschen. Das aber schrumpft seit Jahren, kritisieren die Bielefelder Falken als gemeinnütziger Träger der freien Jugendhilfe. Den Jugendlichen fehlten Räume und Angebote, um Konzerte zu veranstalten, in Bands zu proben, Theater zu spielen und Workshops zu planen. Orte, an denen sie sich abends treffen und auch mal lauter werden dürfen. 200 dieser Veranstaltungen boten die Falken früher pro Jahr an. Heute sind es 15 – aus Platznot. Gleichzeitig fragten immer mehr junge Menschen genau diese Angebote nach, berichten die Falken. Deshalb machen sie jetzt einen Vorschlag für ein neues Jugendkulturhaus – am wohl zentralsten Ort der Stadt. Die Jugendzentren Kamp am Niedermühlenkamp und Falkendom an der Meller Straße haben die Jugend- und Kulturszene in der Stadt über Jahre hinweg geprägt. Vor allem die abendlichen Konzerte waren beliebt. Viele junge Menschen hielten sich dann bis in die Nacht vor dem Gebäude auf – das machte Krach. Da Nachbarn wegen des Lärms 2012 vor Gericht zogen und in einem ersten Schritt Recht bekamen, müssen die Konzerte, Auftritte und Proben im Kamp heute um 21.30 Uhr enden. 1928 in Betrieb genommen, gilt das Kamp als das älteste Jugendzentrum Deutschlands. "So ist keine erfolgreiche Jugendarbeit mehr möglich" Das Gelände des Falkendoms müssen Gäste bis 22 Uhr verlassen, ebenfalls wegen Anwohner-Klagen im Jahr 2016. &bdquo;Unter diesen Bedingungen ist keine erfolgreiche Jugendarbeit mehr möglich", sagt Falken-Geschäftsführer Ulrich Gödde und fügt an: &bdquo;Junge Menschen gehen heute immer später auf Konzerte. Wenn die aber schon um 21.30 Uhr enden, kommt niemand mehr." Zwar seien die Gerichts-Verfahren noch immer nicht abgeschlossen; doch die Falken rechneten nicht mehr mit einem positiven Ausgang. So stehe ihnen nur noch das Jugendzentrum Sticker in Brackwede zur Verfügung. Das platze trotz der dezentralen Lage mittlerweile aus allen Nähten. Gödde: &bdquo;Wir könnten Termine drei Jahre im Voraus vergeben." In den Augen der Falken müsse eine Großstadt wie Bielefeld zwingend auch ein zentrales Kulturangebot für Jugendliche bieten, das nicht kommerziell ausgerichtet ist. Der Bielefelder Jugendring teile diese Forderung, sagt Michael Schütz von den Falken. &bdquo;Wir stellen den jungen Leuten nicht bloß Räume für Events und Auftritte zur Verfügung, sondern nehmen sie an die Hand und helfen ihnen zum Beispiel, das erste Mal ein Konzert auszurichten", so Schütz. Es gehe also auch viel um Pädagogik und Erwachsenenbildung. "Nicht verwunderlich, wenn sie abends im Park vorglühen" Dazu zählten auch Graffiti-Workshops, Theater, Hip-Hop-Kurse und Partyformate. Vor 20 Jahren habe zum Beispiel der bekannte Künstler Casper einen seiner ersten Auftritte im Falkendom gehabt, als er noch unbekannt war. &bdquo;Hier konnte er sich und seine Musik austesten; so wie viele weitere Künstler nach ihm auch", sagt Schütz. Heute gäbe es in der City dafür keine Räume mehr – abgesehen vom Bunker Ulmenwall. Das sei besorgniserregend. Für junge Menschen werde es somit immer schwerer, sich aktiv kulturell zu beteiligen, sagen die Falken. &bdquo;Wenn sie keine Räume für sich haben, ist es auch nicht verwunderlich, wenn sie abends im Park vorglühen und dann zum Boulevard gehen", sagt Schütz. Deshalb suchten die Falken Gespräche mit Stadt und Politik – und machten zwei konkrete Vorschläge für ein Jugendkulturhaus: im Ratskeller und im Jahnplatz-Tunnel. Die Falken-Pläne zum Ratskeller zerschlugen sich, als bekannt wurde, dass dort im Frühling 2021 ein bayrisches Hofbräu eröffnen soll. Der Grüne Würfel kommt dafür nicht in Frage Auch das Jahnplatz-Forum war zwischenzeitlich raus, da dort ein großes Fahrradparkhaus entstehen sollte. Diese Pläne sind mittlerweile vom Tisch; die Falken spüren neuen Rückenwind: &bdquo;Der Jahnplatz-Tunnel ist zentral, mit Bus und Bahn erreichbar, und wegen seiner unterirdischen Lage unempfindlicher für Lärm", sagt Falken-Geschäftsführer Peter Bauer. Und: Mit der aktuellen Nutzung sei niemand zufrieden; Alternativen sehe er nicht. Die Falken suchen nach einem Ort, der Platz für bis zu 500 Leute bietet. Der Grüne Würfel auf dem Kesselbrink spielt in der Diskussion keine Rolle. Er sei als Konzertstätte zu klein und beim Thema Schallschutz problematisch. Sozialdezernent Ingo Nürnberger kann die Wünsche der Falken nachvollziehen und begrüßt eine politische Debatte. Vorab müsse aber eine Bedarfserhebung unter jungen Menschen klären, welche Angebote ihnen in Bielefeld tatsächlich fehlten, so Nürnberger. Er verweist auf viele durchaus &bdquo;tolle jugendkulturelle Orte in der Stadt", organisiert von verschiedenen Trägern. &bdquo;Was fehlt, ist ein Ort, wo es regelmäßig auch mal lauter werden darf", räumt Nürnberger ein. Doch an dieser Stelle müsse auch die Frage nach der Finanzierbarkeit und Priorisierung eines Jugendkulturzentrums erlaubt sein, so der Sozialdezernent. Die Falken aber fühlen sich vertröstet und wünschen sich, dass ein Jugendkulturhaus endlich an die erste Stelle rückt. Gödde: &bdquo;Das wäre auch eine Chance für eine wachsende Stadt und gleichzeitig ein Zeichen der Wertschätzung für unsere jungen Menschen."

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