Tempo 80 auf Bielefelder OWD: Klage wird nicht überflüssig

Bielefeld. Jetzt kommt das schärfere Tempolimit auf dem Ostwestfalendamm (OWD). Tempo 80 nicht nur bei Nacht, sondern auch bei Tag. Das hatte kürzlich der Stadtentwicklungsausschuss mehrheitlich beschlossen. Für die Anlieger des OWD, die seit Jahren darum kämpfen, dass sich für sie die Lärm- und Schadstoffbelastung durch die Stadtautobahn verringert, "ein schönes Zeichen". Aber mehr nicht. Sie erwarten mit Spannung den Verhandlungstermin am 13. Dezember vor dem Verwaltungsgericht. Drei Bürger hatten exemplarisch Klage eingereicht, nachdem die Stadt die Prüfaufträge von 38 Anliegern 2017 allesamt abgewiesen hatte. Damals hatte die Verwaltung argumentiert, es würden nur an zwei Stellen und damit nicht genügend Lärmpegel überschritten, um das Tempo tagsüber von 100 auf 80 km/h zu senken. Dies würde auch den Lärm nicht messbar reduzieren. Somit habe man gegenüber Straßen NRW keine handfesten Argumente für eine Geschwindigkeitsreduzierung. Dass die Stadt jetzt doch umgeschwenkt hat, hängt für Bernd Küffner vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), der die Anwohner unterstützt, ganz klar mit dem endlich anberaumten Klagetermin zusammen und der Tatsache, dass durch die angepeilte Mobilitätswende erwartbar noch mehr Verkehr auf den OWD gelenkt wird. März-Schnitt bei fast 81.200 Fahrzeugen Seit August 2017 verfügt die Stadt über die von den Bürgern durchgekämpfte Dauerzählstelle und damit über genaue Verkehrszahlen. Zusätzlich zu den Hochrechnungen durchschnittlicher Tageswerte (DTV) und den Ergebnissen der alle fünf Jahre landesweit stattfindenden Verkehrszählungen. Das Ergebnis für 2018 war denn auch sehr aussagekräftig. Im Schnitt kam die Zählstelle auf 77.918 Fahrzeuge pro Tag. Bei den manuellen Zählungen 2015 waren es 72.531 Fahrzeuge in 24 Stunden. Im März 2019 wurden im Schnitt 81.669 Fahrzeuge auf dem OWD ermittelt. Nur zum Vergleich: Eine Prognose 2006 war einmal von einer Verkehrsbelastung von 57.480 Kfz ausgegangen. "Es ist erfreulich, dass sich ein Umdenken abzeichnet", sagt Bernd Küffner im Gespräch mit der NW, "auch dass die hohe Unfallhäufigkeit auf dem Ostwestfalendamm nun mit betrachtet wird." Die Leistungsfähigkeit der Strecke sei bei Tempo 80 einfach höher als bei 100, "und bei Tempo 60 wäre sie noch höher." Doch die Klage der OWD-Anwohner richtet sich nicht auf die Tempobegrenzung. In erster Linie geht es um den Lärm. Das Gericht soll nun prüfen, ob Straßen NRW und die Stadt bei ihrem Lärmberechnungen richtig liegen oder nicht. Ab 2,8 oder 3,5 Tonnen ein Lkw? Ein wichtiger Streitpunkt ist dabei die Frage, ab wann Fahrzeuge als Lastwagen eingerechnet werden. Die Bürgerinitiative (BI) gegen Lärm am OWD beklagt aus ihrer Sicht, dass sich die Behörden nicht an die Richtlinie für Lärmschutz (RLS 90) halten. Die besagt, dass bereits Fahrzeuge ab 2,8 Tonnen hinzugezählt werden müssen, nicht erst ab 3,5 Tonnen. So divergieren die Schwerlastanteile zwischen 9,42 und 3,32 Prozent an den mehr als 25 Millionen Fahrzeugbewegungen 2018. "Jetzt werden wir mal feststellen lassen", so Küffner, "wie richtig gerechnet werden muss." Und wenn die BI richtig liege, "weiß ich nicht, ob Tempo 80 zur Lärmminderung reicht." Vor allem dann nicht, wenn die Einhaltung dieser Geschwindigkeit nicht an mehreren Stellen überwacht werde, so der VCD-Vertreter. Lärmminderung ist schwer Denn die von der Stadt berechneten Lärmpegel für den OWD unterschreiten nur knapp die Grenzwerte. Und an den zwei Überschreitungsstellen - an der Hochstraße und am Langenhagen - würde demnach selbst bei durchgehend Tempo 60 der Schalldruckpegel gerade mal auf 59 dB(A) sinken. Erlaubt sind 60 dB(A) nachts und 70 am Tag. Anwalt Wolfram Sedlak, der die drei Bielefelder vor Gericht vertritt, beklagt, dass die Stadt alle möglichen Argumente vorschiebe und nicht alle Zahlen zum Verkehrsaufkommen und ihre neuesten Bechnungen auf den Tisch lege. Auch er betont, dass der Lkw-Anteil falsch berechnet werde. Das werde jetzt vor dem Verwaltungsgericht "juristisch sauber geklärt".

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