Bielefelder tauschen aus Liebe zum Lesen ihre Schmöker

Bielefeld. Dicht an dicht standen die Bielefelder Leseratten am Sonntagnachmittag an den Büchertauschtischen auf dem Klosterplatz. &bdquo;Hast Du das schon gelesen?", fragt ein älterer Mann. &bdquo;Nein, aber die beiden ersten Bände waren sehr kurzweilig", sagt sein Nebenmann. &bdquo;Das gibt es doch nicht", ruft plötzlich Inge Bernert. Sie hat soeben einen ganz besonderen Fund gemacht. Sprache ist der Schlüssel für Bildung und Bildung ist der Boden für eine bessere Zukunft. Aus diesem Grund stand beim 6. &bdquo;Bielefelder bunten Tisch" von AWO-Freiwilligen-Akademie, Radio Bielefeld und der Neuen Westfälischen das Lesen ganz besonders im Fokus. Zahlreiche Bielefelder folgten dem Aufruf und brachten ihre ausgelesenen Schätzchen mit, um wiederum neuen Lesestoff einzusammeln. Plötzlich hat sie ein Buch mit ihrem Namen in den Händen Die Bielefelderin Inge Bernert ist ganz euphorisch: &bdquo;Ich habe hier nur ein wenig gestöbert. Da bin ich auf ein Taschenbuch gestoßen, das mir sehr bekannt vorkam." Sie entdeckt die Erzählungen &bdquo;Loves. Lieben" von Irene Dische. &bdquo;Das Buch hat mir damals sehr gefallen." Als sie es aufschlägt, taucht ihr eigener Name auf der ersten Seite auf. &bdquo;Das ist meine Schrift, das ist ja mein Buch." Vor zwei Jahren hatte die Schildescherin die Erzählungen gespendet. Nun tauchten sie am Klosterplatz wieder auf. Wie bei Ephraim Kishons &bdquo;Schokolade auf Reise" schließt sich ganz unerwartet der Kreis. &bdquo;Vielleicht erfahre ich ja noch, wer mein Buch zwischendurch gelesen hat. Diesmal behalte ich es aber." Denn im Gegensatz zur Schokolade, die mehrfach weitergeschenkt beim ursprünglichen Besitzer nur noch ranzig ankommt, bleiben Bücher immer frisch. Während die Leute unter den Büchern stöbern, liest eine gut bekannte Stimme aus Erich Kästners &bdquo;Schildbürgergeschichten". Radiomoderatorin Annika Pott hat sich den Klassiker zum Vorlesen am Mikro ausgesucht, &bdquo;weil wir die Geschichten aus Schilda auch bei uns zu Hause gerne lesen und weil auch aus heutiger Sicht viel Wahres darin zu finden ist." Oberbürgermeister Pit Clausen übernahm später das Mikro und las Passagen aus dem &bdquo;Zauberer von Oz" vor. Von der Bibel bis Katja Kessler, von Karl May bis JFK Auf den Tischen ist wirklich für jeden Geschmack etwas dabei, immer wieder legen Neuankömmlinge weiteren Lesestoff dazu. Viele Besucher drehen deshalb gleich mehrere Runden um die Büchertische. Sie finden alles von einer dicken Bibel bis zu Katja Kessler, von Karl May bis zu den schönsten Verschwörungstheorien rund um John F. Kennedy, vom Kinderbuch bis zum Elternratgeber. Gabriele Stillger, Geschäftsführerin der AWO-Freiwilligen-Akademie, ist eine der Erfinderinnen des &bdquo;Bunten Tisches". Beim ersten Mal ging es ihnen um ein Willkommen und pragmatische Hilfe für Flüchtlinge, beim zweiten Mal gab es eine Tauschbörse für Gebrauchsgegenstände. Es folgte ein Kesselbrink-Konzert für Menschenrechte sowie Schulranzen- und Spielzeug-Aktionen. Bei der sechsten Wiederholung kehrt der Tauschgedanke zurück – diesmal mit Büchern: &bdquo;Vorlesen ist für uns ein ganz wichtiges Thema", sagt Stillger. &bdquo;Es hilft sowohl Kindern als auch Erwachsenen bis ins hohe Alter." Vorlesen aktiviere das Gehirn, beruhige stark und fördere ein enges Miteinander. Deshalb vermittelt die Freiwilligen-Akademie täglich ehrenamtliche Vorleser in Kitas und Pflegeeinrichtungen. Die eingesammelten Geldspenden und am Sonntag zurückgebliebene Bücher kommen übrigens den Vorleseprojekten sowie Kitas und Heimen zugute.

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