„Ich bin für einen autofreien Jahnplatz“

Bielefeld. Vorm zehnten Mittagsgespräch hat es Lutz Röver in die Kunsthalle gezogen. &bdquo;Ich wollte unbedingt die neue Ausstellung ,Künstlerräume’ sehen", sagt der Rentner und Kunstfreund, nachdem er im Holzhaus Platz genommen hat. Dann legt Röver, der in Leipzig geboren wurde, und seit 1953 in Bielefeld lebt, los beim Gespräch über &bdquo;Gott und die Welt in Bielefeld". Die neue Ausstellung in der Kunsthalle gefalle ihm sehr gut. Warum? &bdquo;Weil die zeichnerischen Werke so großartiger Künstler wie Pablo Picasso, Hermann Stenner, Karl Schmidt-Rotluff, aber auch von Yoko Ono und Anni und Josef Albers zu sehen sind." Und noch etwas beeindrucke ihn: &bdquo;Alle Arbeiten stammen aus der eigenen Sammlung der Kunsthalle." Es sei immer wieder toll, zu sehen, &bdquo;welchen Schatz das Haus beherbergt". Deshalb plädiere er auch dafür, &bdquo;dass die Kunsthalle noch viel öfter die eigene Sammlung zeigt". &bdquo;Die Kunsthalle muss viel breitere und jüngere Kreise ansprechen" Gespannt ist Röver, der seit mehr als 20 Jahren mit einer Gruppe von rund 20 Frauen regelmäßig Fahrten zu Kunstausstellungen quer durch die Republik unternimmt, auf die neue Kunsthallen-Direktorin Christina Végh. &bdquo;Ich habe in der Neuen Westfälischen gelesen, dass sie es in Bonn und Hannover geschafft haben soll, neue Schichten für die Kunst zu begeistern", sagt Röver, der nun hofft, &bdquo;dass ihr das auch in Bielefeld gelingt." Denn es reiche nicht, dass vor allem Menschen ab 55-plus das Museum besuchten. &bdquo;Die Kunsthalle muss viel breitere und jüngere Kreise ansprechen", mahnt der Kunstfreund, der aber auch sehr gespannt ist, welches künstlerische Programm die neue Direktorin in Bielefeld zeigen wird. &bdquo;Ich hoffe sehr, dass sie auch ein Händchen für die klassische Moderne hat", betont Röver, &bdquo;denn die liegt mir und vielen anderen Bielefeldern sehr am Herzen." Und wichtig sei es auch, dass die Kunsthalle während des anstehenden Umbaus ab 2023 Kunst zeige, betont Röver, der befürchtet: &bdquo;Sonst verschwindet das Haus womöglich aus dem Bewusstsein der Bürger." Veränderungen nicht nur global, sondern auch vor Ort angehen Dann schwenkt der einstige Besitzer einer Reinigung in der Rohrteichstraße thematisch hinüber zum Klimawandel und zur Verkehrswende. &bdquo;Mich beeindruckt Greta sehr", sagt er und lächelt. Er habe gerade ein Buch von ihr gelesen. &bdquo;Ich finde es toll, was sie angestoßen hat." Er sei beeindruckt von der Bewegung &bdquo;Fridays for Future", von den vielen, vielen Kindern und Jugendlichen, die endlich weltweit aufgestanden sind, um ihre Zukunft selbst in die Hände zu nehmen. Er wünsche ihnen und der Erde, dass sie noch viel mehr erreichen als bisher. Doch Veränderungen seien nicht nur global, sondern auch vor Ort notwendig. Röver plädiert für eine Altstadt samt Randbereichen, &bdquo;die zu einer einzigen großen Fußgängerzone werden sollten". Das sei gut für das Klima und steigere deren Attraktivität und Aufenthaltsqualität deutlich. &bdquo;Politik und Verwaltung empfehle ich mehr Mut und Kreativität an den Tag zu legen, um so etwas auch durchzusetzen." "Warum jetzt nicht neue, größere Schritte wagen" Als er 1953 von Leipzig nach Bielefeld gekommen sei, habe es auch immer geheißen, Fußgängerzonen seien nicht machbar. &bdquo;Nun weiß man längst, dass sie funktionieren. Warum also jetzt nicht neue, größere Schritte wagen?", fragt Röver. Zu einem solchen großen Schritt gehöre für ihn auch dazu, den Jahnplatz autofrei und so zu einem Platz und Teil der neuen großen Fußgängerzone zu machen. &bdquo;Das würde die Trennung der City in Alt- und Neustadt endlich beseitigen und sich ebenfalls positiv auf die Luftqualität in der Innenstadt auswirken", ist er sich sicher und empfiehlt wie schon andere Gäste im Holzhaus zuvor, den Kesselbrink in Teilen wieder zum Busbahnhof zu machen, &bdquo;was ja zudem den Jahnplatz entlasten würde". Der Rest sollte dann begrünt werden. Damit wäre dieses Problem auch gelöst, meint Röver, der ähnlich wie Holger Saurer im sechsten Holzhausgespräch den Skulpturenpark gerne weiter aufwerten würde, &bdquo;indem die Straße, die ihn teilt, abgeklemmt wird". Das Museumsdreieck schätzt Röver ohnehin sehr, aber das Bismarck-Denkmal mit dem Kopf nach unten aufzuhängen, wie von Sauer vorgeschlagen, hält er für abwegig. "Kirche muss nicht missionarisch sein, sondern vor allem offen" Zum Schluss möchte Röver, der sich auch in der evangelisch-reformierte Kirchengemeinde (Süsterkirche) engagiert, noch Heinrich Baumann widersprechen. Der hatte im siebten Holzhausgespräch dafür plädiert, dass Kirche wieder missionarisch tätig sein müsse, wenn sie Erfolg haben und Menschen gewinnen wolle. &bdquo;Das ist mir zu konservativ", sagt Röver entschieden. &bdquo;Kirche muss vor allem offen sein, dann gewinnt sie die Menschen", ist Röver, der gerade 81 Jahre alt geworden ist, überzeugt. Er verweist zudem darauf, dass die Süsterkirche zu den Gottesdiensten immer gut besucht sei, &bdquo;gerade weil hier ein so offener Geist herrscht und das so ein offener Ort ist." Zu Gast im elften Mittagsgespräch ist Ines Olders-Langert.

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