Drei neue Angebote sollen die Situation an der Bielefelder "Tüte" entzerren

Bielefeld. Die Stadt ist sich sicher: Punktuell lassen sich die Probleme rund um die Bielefelder "Tüte" nicht lösen. Deshalb setzt die Verwaltung nun auf drei Bausteine: Sie will das Umfeld des Trinkertreffs aufwerten, das Drogenhilfezentrum ausbauen und an der Ernst-Rein-Straße neue Angebote für Wohnungslose schaffen. Dadurch sollen sich künftig weniger Menschen an der "Tüte" aufhalten, hofft man in der Verwaltung. "Wir wollen die Menschen an der Tüte nicht vertreiben. Aber vielleicht können wir die Situation dort entzerren", sagt Ordnungsdezernentin Anja Ritschel. Damit sich am Stadtbahnzugang künftig weniger Angetrunkene, Wohnungslose und Drogenkonsumenten aufhalten, setzt die Stadt auf einen neuen Baustein: Sie will das Angebot für diese Menschen in der Stadt erweitern. Erste Maßnahme: Das Drogenhilfezentrum an der Borsigstraße soll ausgebaut und um bis zu acht Plätze erweitert werden. "Das platzt aus allen Nähten", sagt Sozialdezernent Ingo Nürnberger. Die Nachfrage habe sich in den vergangenen Jahren verdreifacht. Betroffene sollen in dem Raum die Möglichkeit haben, Heroin und Kokain zu inhalieren - aber nicht zu spritzen. Drogenhilfezentrum verlängert Öffnungszeiten Außerdem will das Drogenhilfezentrum künftig länger öffnen - abends um zwei Stunden sowie samstags. "Wir hoffen, dass dadurch weniger Menschen zur Tüte gehen", sagt Nürnberger. Denn das sei bislang häufig der Fall, sobald das Drogenzentrum an der Borsigstraße geschlossen hat. Das habe eine Zählung und Befragung ergeben, so Nürnberger. Zweite Maßnahme: Für Wohnungslose soll es künftig an der Ernst-Rein-Straße verschiedene Angebote geben. Zuletzt wurden dort Flüchtlinge in drei Containerhäusern untergebracht. Sie stehen leer. In jedem will die Stadt ein separates Angebot schaffen - mit Hilfe von Sozialarbeitern. In einem soll es 15 Plätze für auswärtige Wohnungslose geben, für die die Stadt Bielefeld originär nicht zuständig ist. Sie können dort maximal an sieben Tagen pro Monat vorübergehend unterkommen - tagsüber und nachts. Nürnberger: "Wir bereiten diese Menschen auf eine Rückkehr in ihre Heimat vor." Neue Anlaufstelle für Wohnungslose an der Ernst-Rein-Straße Weitere 20 Plätze will die Stadt für einheimische Wohnungslose schaffen, die bislang nur wenig Hilfe angenommen haben. Sie sollen in einem der Gebäude eine durchgehende Unterbringungsmöglichkeit erhalten. Ein solches Angebot gibt es bereits seit einem Jahr an der Schildescher Straße 35 mit acht Plätzen. Es soll durch das neue Angebot ersetzt werden. Hinzu kommt ein Gemeinschaftsraum, in dem es Warmgetränke geben wird - offen für alle. Alkohol ist erlaubt; Drogenkonsum nicht. "Dort könnten sich auch die Personen aufhalten, die sonst an der Tüte stehen", sagt Ritschel. Der Tagesaufenthalt sei eine Ergänzung zur "Kava" - einer Einrichtung für Wohnungslose in der Kavalleriestraße. Baulich setzt die Stadt zudem auf bereits bekannte Pläne: Der Gehweg an der Tüte soll von 4,50 Meter auf 9 Meter verbreitert werden. Sechs Bäume müssen weichen. Auch eine 45 Meter lange Betonbank ist vorgesehen - sie soll zum Sitzen einladen und das Gebiet optisch unterteilen. Ein Trampelpfad soll quer durch die Grünanlage führen und der Gehweg in Richtung Willy-Brandt-Platz soll breiter gepflastert werden. Die Ausschreibungen könnten direkt beginnen. "Im Juni oder Juli dürfte alles umgesetzt sein", schätzt Ritschel. CDU und FDP reagieren mit gemischten Gefühlen CDU und FDP in Bielefeld betrachten die Vorschläge vorerst mit gemischten Gefühlen. Die baulichen Veränderungen an der "Tüte" lehnen beide weiter ab. "Das wird die Situation nicht verbessern", sagt CDU-Sprecher Vincenzo Copertino auf Anfrage. Pläne zum Ausbau des sozialen Angebots müsse man nun prüfen. Copertino: "Die Frage ist, ob das auch wirklich angenommen wird." FDP-Chef Jan Maik Schlifter: "Soziale Angebote können helfen. Dennoch müssen wir die Szene komplett von der Tüte verlagern." Das Projekt soll ein Jahr lang eng begleitet werden. Gesamtkosten: rund eine Million Euro - vorausgesetzt, die Bezirksvertretung Mitte gibt am Donnerstag grünes Licht.

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