Games-Kritik

„Rennsport“ im Test: Für wen sich die neue Rennsimulation wirklich lohnt

Ambitionierte Fahrphysik trifft auf KI-Chaos und Grafikmacken. Ist „Rennsport“ trotzdem eine echte Sim-Alternative? Das haben wir ausführlich getestet.

Zwei GT3-Boliden von Porsche liefern sich ein spannendes Duell auf der Rennstrecke – „Rennsport“ will Fahrdynamik und Realismus aufs virtuelle Parkett bringen. | © Competition Company

Christian Lund
26.11.2025 | 26.11.2025, 16:32

„Rennsport“ will vieles auf einmal sein: technische Visitenkarte für die PS5-Generation, ernst zu nehmende Alternative zu „Assetto Corsa Competizione“ und „iRacing“, dazu ein zugänglicher Einstieg in die Welt des Simracings. Nach einer langen öffentlichen Testphase, die bereits 2022 begann, ist der Titel nun seit dem 13. November 2025 offiziell für PC, PS5 und Xbox Series verfügbar – und muss sich damit unweigerlich an den Schwergewichten des Genres messen. Das Ergebnis nach vielen Stunden auf der Strecke: „Rennsport“ schafft eine beeindruckende Fahrdynamik und ein starkes Fundament, stolpert aber bei den Details, die aus einer Simulation erst ein rundes Spiel machen.

Gerade im Kontext der Konsolen-Versionen wirkt der Release wie ein bewusst gesetzter Neustart: Die Early-Access-Jahre enden, der Titel verlässt den PC-Beta-Status und soll als vollwertiges Produkt bestehen, inklusive Crossplay, Lizenzfahrzeugen und ambitionierter Technikversprechen wie 60 fps bei 4K-Auflösung – auf der PS5 Pro sogar nativ.

Die Realität: Patch 1.1.4, den wir vor einer Rezension noch abwarten wollten, hat einige Kinderkrankheiten abgeschliffen und Probleme mit der Lenkrad-Erkennung auf der Konsole entschärft, doch visuelle Unstimmigkeiten und Inkonsequenzen bei der KI zeigen, dass die Entwickler weiterhin im Live-Betrieb nachjustieren müssen. Patch 1.1.5 ist bereits angekündigt – ein deutliches Signal, dass das Projekt noch auf dem Weg ist und die Community als verlängerter Teststand fungiert.

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Mit diesem Hintergrund ist „Rennsport“ weniger ein abgeschlossenes Produkt als eine Momentaufnahme eines ambitionierten Simracing-Projekts, das sich zwischen E-Sport-Anspruch und Wohnzimmer-tauglicher Konsole positionieren will. Wer einsteigen möchte, bekommt schon jetzt eine Fahrphysik mit hohem Suchtpotenzial – muss aber auch bereit sein, Ruppigkeiten in der Präsentation und beim Verhalten der Gegner zu tolerieren. Was das im Einzelnen bedeutet, erklären wir jetzt.

Worum geht’s in „Rennsport“?

Zum Launch von "Rennsport" stehen 18 aktuelle Rennfahrzeuge und 13 Kurse zur Verfügung. - © Competition Company
Zum Launch von "Rennsport" stehen 18 aktuelle Rennfahrzeuge und 13 Kurse zur Verfügung. | © Competition Company

„Rennsport“ versteht sich als klassische Rennsimulation: Es geht um das präzise Beherrschen leistungsstarker GT3-Boliden, Hypercars und moderner Rennmaschinen auf lizenzierten Strecken, nicht um ein Arcade-Spektakel oder spaßige Party-Modi. Zum Launch stehen 18 aktuelle Rennfahrzeuge und 13 Kurse zur Verfügung, darunter beliebte GP-Strecken und Langstreckenklassiker, die bewusst das Repertoire anderer Sims spiegeln und gleichzeitig mit künftigen DLCs um historische DTM- und Endurance-Inhalte erweitert werden sollen.

Spielerinnen und Spieler können im Singleplayer gegen KI-Gegner antreten, Zeitrennen bestreiten oder sich in Crossplay-Lobbys mit anderen messen, in denen ein Ranglisten-System langfristige Motivation erzeugen soll. Der Fokus liegt klar auf kompetitiven Rennen und sauberen Hotlaps, weniger auf Story-Kampagnen oder inszenierten Karrieremodi – „Rennsport“ will inhaltlich eher eine Toolbox für Simracing-Fans sein als ein erzählerisch aufgeladenes Motorsport-Drama.

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Was hat uns gefallen?

In der Boxengasse von „Rennsport“: Trotz guter Fahrphysik kämpft das Spiel mit visuellen Unstimmigkeiten und KI-Problemen. - © Competition Company
In der Boxengasse von „Rennsport“: Trotz guter Fahrphysik kämpft das Spiel mit visuellen Unstimmigkeiten und KI-Problemen. | © Competition Company

Der größte Triumph von „Rennsport“ ist die Fahrdynamik – mit einem vernünftigen Lenkrad fühlt sich diese Simulation von der ersten Kurve an „richtig“ an. Die Physik vermittelt Gewicht, Traktion und Lastwechsel glaubwürdig, ohne in die knochentrockene Unnahbarkeit älterer Hardcore-Sims abzugleiten. Gerade mit leistungsstarken GT3-Boliden ergibt sich ein wunderbar fließendes Fahrgefühl: spürbare, aber kontrollierbare Übersteuertendenzen beim Herausbeschleunigen, ein klarer Grenzbereich beim Anbremsen und genug Feedback, um Fehler zu erkennen, statt sie nur zu erleiden. Die Hypercars profitieren zusätzlich von der hohen Geschwindigkeitsstabilität; hier zeigt sich, wie konsequent „Rennsport“ die Stärke moderner Aero-Konzepte in den Controller der Spieler – oder besser: ins Lenkrad – übersetzt.

Im Zusammenspiel mit dem Thrustmaster T300 RS GT, mit dem wir das Spiel auf der PS5 Pro getestet haben, entfaltet das Spiel seine Qualitäten besonders deutlich. Das Force Feedback des T300 ist fein genug, um kleinste Grip-Veränderungen und Curbs differenziert zu übermitteln, gleichzeitig aber kräftig genug, um schnelle Richtungswechsel und Bodenwellen spürbar auf die Arme wirken zu lassen.

Nach dem Update 1.1.4 arbeitet die Erkennung von Lenkrädern auf der Konsole stabiler; Verbindungsabbrüche und Erkennungsfehler, wie sie in den ersten Tagen nach Release vereinzelt berichtet wurden, treten deutlich seltener auf, was den Einstieg ins Setup spürbar stressfreier macht. Wer sich Zeit nimmt, das Force Feedback zu kalibrieren, wird mit einer Immersion belohnt, die sich vor den etablierten Genregrößen wirklich nicht verstecken muss.

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Auch technisch hat „Rennsport“ durchaus Momente, in denen es sich sozusagen als Vitrine moderner Rennspielgrafik präsentiert. Auf der PS5 Pro wirken die Fahrzeuge dank detaillierter Shader, sauberer Spiegelungen und knackiger Beleuchtung beeindruckend plastisch, während die Cockpits mit hochaufgelösten Instrumenten und sauber animierten Lenkrädern punkten.

In trockenen, gut ausgeleuchteten Szenarien und auf sorgfältig optimierten Strecken wie modernen GP-Kursen gelingt dem Spiel eine Mischung aus Klarheit und Atmosphäre, die im E-Sport-Kontext essenziell ist: Die Sicht bleibt bei hohem Tempo lesbar, der Streckenverlauf klar, die Geschwindigkeitswirkung hoch.

Positiv fällt zudem die inhaltliche Roadmap auf, die klar auf langfristige Unterstützung und neue Inhalte setzt. Bereits zum Launch deutet die Deluxe Edition mit Nordschleifen-Zugang, zusätzlichen Fahrzeugpaketen und der Rückkehr von VR-Support auf dem PC an, dass „Rennsport“ als Plattform gedacht ist, nicht als Einweg-Produkt, das nach einem Jahr im Regal verstaubt. Die Aussicht auf mögliche P- VR2-Unterstützung macht das Spiel für Simracing-Enthusiasten auf der Konsole zusätzlich attraktiv, die ihre Rig-Setups in den kommenden Jahren weiter aufrüsten wollen. Diese klar kommunizierte Perspektive verleiht dem Titel trotz seiner Unschärfen eine gewisse Zukunftssicherheit.

Schließlich überzeugt die generelle Ausrichtung als ernsthafte Simulation mit E-Sport-Ambition. Crossplay-Lobbys und ein Ranking-System zielen auf eine Community, die nicht nur gemütlich am Feierabend ein paar Runden dreht, sondern sich messen, lernen und verbessern möchte. Dass „Rennsport“ hier versucht, sich neben etablierten Ligen und Plattformen zu positionieren, wirkt mutig, aber konsequent: Wer die Mühe nicht scheut, wird mit spannenden Multiplayer-Duellen und einem Fahrgefühl belohnt, das auf hohem Niveau konkurrenzfähig ist.

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Was hat uns nicht gefallen?

Hier ist glücklicherweise kein Kontrahent in Sicht. Von den KI-Gegnern sollte man besser Abstand halten, nach vorne, nach hinten und zu den Seiten. - © Competition Company
Hier ist glücklicherweise kein Kontrahent in Sicht. Von den KI-Gegnern sollte man besser Abstand halten, nach vorne, nach hinten und zu den Seiten. | © Competition Company

So stark die pure Fahrdynamik ist, so schnell bröckelt die Fassade, sobald der Blick von der Ideallinie wegwandert. Eines der deutlichsten Probleme: Das nachladende Gras und andere Streckendetails am Rand, die beim Fahren sichtbar in Stufen erscheinen. In einem Genre, das auf Präzision, Lesbarkeit und Immersion setzt, reißen solche Streaming-Probleme den Spieler regelrecht aus dem Flow – besonders dann, wenn im peripheren Sichtfeld plötzlich Texturen „aufspringen“ und die Illusion einer glaubwürdigen Rennumgebung stören. Gerade auf schnellen Kursen mit viel Run-off wirkt die Welt dadurch weniger hochwertig, als es der Anspruch eines modernen Simracers nahelegt.

Noch schwerer wiegt jedoch das Verhalten der KI-Kontrahenten, die sich auf der Strecke oft wie Destruction-Derby-Teilnehmer statt wie professionelle Rennfahrer verhalten. Die KI wirkt zwar fahrerisch kompetent, aber schlägt beim Zweikampfverhalten regelmäßig über die Stränge, reagiert zu spät, verteidigt Linien kompromisslos und gibt in engen Situationen gerne den Rammbock. Das Ergebnis sind Kollisionen, die weniger nach aggressivem, aber fairem Racen aussehen, sondern nach algorithmischem Chaos – ein ständiger Störfaktor für alle, die eigentlich saubere, nachvollziehbare Duelle suchen.

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Ein weiterer Schwachpunkt ist die Steuerung mit dem Controller, die im aktuellen Zustand eher wie ein Pflichtfeature wirkt als wie eine durchdachte Alternative zum Lenkrad. Zwar lässt sich „Rennsport“ mit dem Controller grundsätzlich spielen, doch das Fahrgefühl bleibt schwammig, überempfindlich oder im nächsten Moment träge, je nach Setup. Die Fahrphysik ist klar auf analoge, feinmotorische Lenkrad-Inputs zugeschnitten; mit dem DualSense- oder Xbox-Controller geht ein Großteil der Nuancen verloren, während Übersteuern und leichte Korrekturen an der Grip-Grenze nur unbefriedigend kontrollierbar sind. Für ein Spiel, das auf Konsolen erscheinen und dort eine breite Zielgruppe erreichen will, ist das eine total verpasste Chance.

Hinzu kommt, dass „Rennsport“ trotz Patch 1.1.4 nicht in allen technischen und inhaltlichen Bereichen den Eindruck eines „fertigen“ Produkts hinterlässt. Zwar listet das Update eine ganze Reihe an Bugfixes, darunter Crash-Beseitigungen, KI-Probleme in der Boxengasse und HUD-Fehler, doch grundlegende Kritikpunkte an Präsentation, Sichtweite und der Konsistenz der Bildrate bleiben bestehen.

Bei Reddit etwa berichten Spieler über anspruchsvollen Strecken wie Daytona von einem Diskrepanzgefühl zwischen angezeigten hohen FPS und einer subjektiv weniger geschmeidigen Darstellung, was besonders bei Simracern mit hohem Anspruch an Präzision irritierend wirkt. Dass Patch 1.1.5 bereits angekündigt ist, wirkt zwar beruhigend, unterstreicht aber auch, dass wichtige Baustellen noch offen sind.

Auch aus Designperspektive bleibt ein gewisses Gefühl der Unfertigkeit. Die Struktur der Einzelspieler-Inhalte wirkt funktional, aber wenig inspiriert; Meisterschaften, Zeitrennen und Standard-Rennen folgen bekannten Mustern, ohne die Art von dramaturgischem Rahmen oder Progressionscharme zu entfalten, den moderne Rennspiele zunehmend bieten. Wer keine Lust auf Multiplayer oder Ranglisten hat, findet in „Rennsport“ aktuell vor allem ein Werkzeugkasten-Erlebnis: sehr gut, solange man sich eigene Ziele setzt – aber erstaunlich nüchtern, wenn man von einem Vollpreistitel auch eine motivierende Solo-Klammer erwartet.

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Unser Fazit zu „Rennsport“

„Rennsport“ ist im besten Sinne eine Simulationsmaschine – und im schlechtesten Sinne ein ungeschliffenes Produkt. Als reines Fahrgefühl, idealerweise mit Lenkrad wie unserem Thrustmaster T300 RS GT oder besseren Steuergeräten, gehört der Titel zu den spannendsten Neuerscheinungen im Simracing-Sektor, weil Physik, Fahrzeugverhalten und die Ambition einer ernsthaften Rennplattform klar erkennbar sind. Wer sich ein Rig ins Wohnzimmer gestellt hat und vor allem Online-Duelle oder Hotlaps sucht, findet hier ein Fundament, das schon jetzt überzeugt und dank geplanter Updates noch wachsen dürfte.

Gleichzeitig ist „Rennsport“ im Jahr 2025 kein Produkt, das wir bedenkenlos allen Rennspielfans empfehlen können. Nachladende Umgebungsdetails, teils chaotische KI-Rüpeleien und eine mit Controller schlicht unbefriedigende Steuerung sorgen dafür, dass der Weg zur Idealrunde oft holpriger ist, als es sein müsste.

Wer bereit ist, diesen Status eines „Work in Progress“ zu akzeptieren, kann hier schon jetzt viel Freude haben – alle anderen sind mit etablierten Alternativen, vor allem wenn sie auf dem Controller spielen wollen, derzeit besser bedient. Unterm Strich ist „Rennsport“ damit ein faszinierendes, aber widersprüchliches Projekt: eine Simulation mit großer Zukunft, deren Gegenwart man nur mit einer gehörigen Portion Geduld genießen kann.

„Rennsport“ ist seit dem 13. November 2025 erhältlich für PC, Playstation5 und Xbox Series und kostet rund 50 Euro. Das Spiel ist ohne Altersbeschränkung freigegeben.

Transparenzhinweis: Für diesen Test wurde uns vom Publisher ein kostenloser Review-Code zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf unsere Wertung. Wir haben das Spiel auf der Playstation 5 Pro getestet.

INFORMATION


Unsere Kaufempfehlung zu „Rennsport“

Für wen lohnt sich „Rennsport“?

Wer ein Lenkrad besitzt, ernsthaft ins Simracing einsteigen möchte oder schon lange eine neue Plattform für kompetitive Online-Rennen sucht, findet in „Rennsport“ ein starkes Fundament. Die Fahrphysik ist exzellent, das Force Feedback überzeugend, und die geplante Roadmap zeigt klar: Dieser Titel soll wachsen.

Wer sollte besser warten?

Spielerinnen und Spieler, die vor allem mit dem Controller fahren, eine stabile Technik ohne Ecken und Kanten erwarten oder sich einen motivierenden Solomodus wünschen, könnten mit dem aktuellen Zustand enttäuscht sein. „Rennsport“ bleibt 2025 spürbar ein „Work in Progress“.