Als Space Marine hat man’s nicht leicht. Die ganze Galaxie befindet sich im Krieg, die Menschheit steht ständig kurz vor der Vernichtung durch die blutrünstigen Tyraniden. Und die erste und letzte Verteidigungslinie sind, na klar, die Blauhelme mit den römischen Vornamen und den automatischen Fleischerwerkzeugen.
Lieutenant Titus ist da keine Ausnahme. Nicht mal die Totenruhe gönnt man dem früheren Captain, nachdem er seine letzte Mission als Fleischbrei abgeschlossen hat. Nein, raus aus der alten Deathwatch-, rein in die neue Ultramarine-Servorüstung und wieder ab an die Front. Der Tyraniden-Schwarm bedroht irgendwo anders das, was sich im 40. Jahrtausend noch Menschheit nennen darf.
Wem diese Prämisse jetzt arg seicht vorkommen mag, dem sei gesagt: Tiefer wird’s erzählerisch mit dem neuen Schnetzel-Abenteuer im Warhammer-Universum erst deutlich später in der Story. Die Faszination liegt hier aber ohnehin eher in der Brutalität der Welt, den riesigen Schlachtfeldern und den nicht enden wollenden Gegnerhorden. Und die haben die Entwickler von Saber ziemlich gut hinbekommen.
Was uns gefallen hat
Wer sich schon immer gefragt hat, wie das so ist als Space Marine, der bekommt mit „Space Marine 2“ die bestmögliche Antwort. Mit Bolter und Kettensägenschwert bewaffnet, ziehen wir in den streng linearen, aber visuell beeindruckenden Leveln von Kampf zu Kampf und murksen zwischendrin immer größere Tyranidenbosse ab.
Ab und zu will ein Mechanismus gedreht oder ein Sendemast von fliegendem Kroppzeug befreit werden. Und das alles in detailverliebt gebauten, außerirdischen Welten, in denen wir uns trotz all unserer hochgezüchteten „Space-Marinehaftigkeit“ wie ein ziemlich kleines Rädchen vorkommen.
Überhaupt: „Wie groß darf’s denn sein?“ wird hier praktisch immer mit „Größer!“ beantwortet. Gegnerschwärme, Orbitalkanonen, Fontänen von Tyraniden-Blut – alles ist herrlich überproportioniert und liefert genau die düstere Art Spielwelt, die das Warhammer-Universum verdient. Die Gefechte spielen sich wuchtig mit einem Hauch Taktik, werden aber selten wirklich kompliziert. Und mehr als die Auswahl der Waffen zu Beginn jedes Einsatzes steht uns an Anpassung unseres „Helden“ nicht zur Verfügung.
Kurz: Man kann hier wunderbar eine einfachere Zeit des Game-Designs genießen, in der Level noch Schläuche sein durften und nicht vor jedem Nebenauftrag ein langer Marsch durch eine leere Open World stand.
Cool: Immer mal wieder zieht unsere Einsatzgruppe (spielbar solo oder im Koop-Modus) parallel zu einem Support-Team in den Einsatz. Während die Kollegen das Ablenkungsmanöver aufführen, reiten wir die Attacke auf das Hauptziel. Wir können die Unterstützungsmission aber auch selbst spielen und dann erst mit der Hauptkampagne fortfahren.
Dann dürfen wir aus sechs Klassen wählen, die je eigene Fähigkeiten haben, die wir obendrein aufleveln dürfen. Ein schlauer Kniff, der unserem Feldzug mehr Kontext und ein wenig Tiefe verleiht. Man könnte fast sagen, Saber hat durch die Progressionsmechanik (die dafür in der Hauptkampagne fehlt) hier ein zweites Spiel im ersten versteckt.
Was uns nicht gefallen hat
Die Schnörkellosigkeit von „Space Marine 2“ kann man in Zeiten endloser Live-Service-Games natürlich völlig unironisch gut finden. Tyraniden? Alle doof, kriegen deshalb immer aufs insektenhafte Fressbrett. Das Missionsziel? Ist ein Knopf am Ende des Levels. Gesundheit? Stellt man mit Medipacks wieder her. Oder mit Gewalt gegen Tyraniden.
Und: ja, die Levels sind optisch eindrucksvoll. Immer wieder bieten sich uns Anblicke von solcher Opulenz, dass die Kinnlade mit Macht den Bodenkontakt sucht. Nur hat man sich an großen grauen Festungen und großen grauen Laboren und ihren Korridoren irgendwann doch satt gesehen – auch wenn das Spiel kurze taktische Passagen einstreut, in denen wir zuerst mit dem Flammenwerfer durchkärchern müssen, bevor es weitergeht. Dann macht das spielerisch repetitive Monsterzerschneiden und -zerschießen trotz der tollen Optik irgendwann einfach nur noch müde.
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Fazit
Wo „Warhammer“ drauf steht, ist auch „Warhammer“ drin. Im Fall von „Space Marine 2“ ist das Fluch und Segen zugleich. Denn natürlich ist unser Protagonist nicht dazu da, den Tyraniden mit gehaltvollen Dialogen zu Leibe zu rücken. Und: ja, zum Ende hin gewinnt die Story im Vergleich zum Beginn an Komplexität und hält auch den einen oder anderen Twist bereit. Aber so weit muss man eben auch erstmal kommen. Im Vergleich zu den beeindruckenden Trailern, nach denen man auch in Sachen Story auf ein Highlight hoffen durfte, fällt „Space Marine 2“ jedenfalls ein gutes Stück ab.
Aber: Hätten sich Fans ein „Warhammer 40K: Space Marine“-Spiel malen können, dann hätte das Ergebnis wahrscheinlich nicht viel anders ausgesehen als das, was die Entwickler von Saber hier anbieten. Womöglich nicht mehr, aber eben auch nicht viel weniger als das. Also kann man sich auch einfach zurücklehnen und das Kettensägenschwert sprechen lassen. Für den Imperator!
„Warhammer 40K: Space Marine 2“ ist erhältlich für PC, Playstation 5 und Xbox Series, freigegeben ab 18 Jahren und kostet zwischen 60 und 70 Euro.