Ginge es nach den Spielen, bei denen sich "Scars Above” bedient, könnte der irgendwie egale Titel auch "Mass Raider – Elden Asylum" heißen. Denn das herausfordernde Sci-Fi-Soulslike der serbischen Macher von Mad Head Games kombiniert etliche bekannte Ideen zu einem grundsätzlich stimmigen Abenteuer, das schon in unserer Preview auf der Gamescom Laune machte.
Das Problem: Wer nur fürs Erkunden, die Story und die Spielwelt reinschaut, den könnte so mancher Bosskampf verprellen. Auch, weil das Spiel gerne mal absichtlich mit Tipps geizt.
Worum gehts?
Als das riesige Metaeder, eine mysteriöse, umgedrehte Space-Pyramide, über der Erde erscheint, sind die "Scars" gefragt. Das Team um die Wissenschaftlerin Kate Ward, unsere Spielfigur, ist für den Erstkontakt mit fremden Intelligenzen trainiert. Blöd nur, dass uns das rätselhafte Objekt beim Kennenlernen ungefragt auf einen fremden Planeten beamt, unser Raumschiff samt Team abstürzen lässt und uns mit der Frage zurücklässt: Wer ist die fremdartige Lichtgestalt, die uns von der Vernichtung ihrer Spezies durch den bösen "Wächter" erzählt? Sollen wir uns jetzt zum Rächer aufschwingen? Und wieso hat es der Wächter ganz plötzlich auch auf uns abgesehen?
Was hat uns gefallen?
"Scars Above" legt viele spannende Story-Fährten aus, an Motivation mangelt es uns in den ersten Spielstunden wahrlich nicht. Immer wieder finden wir neue Ausrüstung, Spuren von Außerirdischen oder den Resten ihrer Zivilisation. Auch die Lernkurve in den Kämpfen mit modifizierbarem Gewehr, Schlagstock und Booster-Fähigkeiten ist anfangs angenehm beherrschbar. Per Levelaufstiege schalten wir neue Fähigkeiten frei, wie mehr Gesundheit, Platz im Inventar oder stärkere Booster. Alles relative Standardkost.
Cool dagegen: Mit manchen Geschossen lassen sich nicht nur die biestigen Aliens besonders wirksam ausschalten, zum Beispiel per Elektroschuss ins Wasser unter den Alienfüßen, sondern auch neue Wege in der Spielwelt bauen. Die Eismunition friert einerseits Gegner kurzzeitig ein (solche Kombo-Effekte sollte man tunlichst nutzen), kann aber auch begehbare Eisschollen auf würmerverseuchten Seen installieren oder in Rätseln Teile eines Puzzles festhalten. Eine schlaue Idee, die wir schnell verinnerlichen und uns jedes Mal diebisch freuen, wenn wieder ein Rätsel hinter uns und der Pfad zu neuen Entdeckungen frei vor uns liegt.
Auch die ersten Bosskämpfe machen Laune, weil die Viecher zwar ordentlich einstecken können, meist aber klar ist, wie wir ihnen beikommen können. Das erste größere Ungetüm, eine Mischung aus Baum, Hirsch und Geist, hat zum Beispiel leuchtend gelbe Furunkel am Körper. Wenn wir die treffen, verabschieden sich große Teile des Lebensbalkens. Treffen wir dann noch die fette, leuchtende Zunge, die dem angeschlagenen Waldgeist aus dem Schlund fällt, ist der Kampf schneller vorbei, als ihr "Igitt, ne sabbernde Buche!" sagen könnt.
Das mag man schlecht ausbalanciert finden. Allerdings ist es gerade für Spieler, die vor allem an der Story interessiert sind, eine Wohltat zu wissen: Ich komme hier durch, und dann geht es weiter. Zumindest waren wir fünf wirklich nette Spielstunden davon überzeugt.
Was macht weniger Spaß?
Und dann kam "Das Konstrukt". Das spinnenartige Roboterwesen, das wir auf einem gefrorenen See bekämpfen, ist derart stark, dass wir trotz einer Kombination von Feuer- und Schockangriffen immer nur kläglich kleine Teile des Lebensbalkens wegfräsen. Dabei fanden wir, dass wir den einzigen Hinweis auf die korrekte Strategie, den das Spiel uns gibt, eigentlich richtig verstanden hatten. Die Metallbeine des Ungetüms ließen wir zunächst ins Eis plumpsen und schockten anschließend das langsam zufrierende Wasser.
Der Effekt war allerdings kaum spürbar. Stattdessen plästerte uns das immer wieder wegspringende Vieh selbst auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad so schnell ins virtuelle Jenseits, dass uns irgendwann die Lust flöten ging. Entweder haben wir also irgendeine vorher eingeführte Mechanik ignoriert, oder das Soulslike hat etwas zu viel Spaß an der Spielerfolter.
Der Hinweis "Du wirst dir was ausdenken müssen", den unsere außerirdische Begleiterin vor dem Kampf vom Stapel lässt, klingt für unsere irgendwann völlig genervten Ohren jedenfalls sehr danach. Einen ähnlich offensichtlichen Hebel wie in den Bosskämpfen zuvor haben wir bis zuletzt nicht finden können. Das Spiel soll eine Herausforderung sein, das verschweigen die Entwickler keineswegs. Wenn die nach dem tollen Start aber irgendwann nur noch darin liegt, dem Impuls zu widerstehen, es zu deinstallieren, dann läuft was falsch.
Über alle anderen "Probleme" könnten wir sogar hinwegsehen. Die bis auf wenige Ausnahmen einigermaßen langweilige Spielwelt, die ohnehin eher zweckmäßige Grafik. Dass wir Erfahrungspunkte nicht für getötete Gegner, sondern über wirklich kolossal lustlos benannte "Wissenswürfel" bekommen, die wir in der Spielwelt finden (an denen man also auch vorbeilaufen kann). Und so manches Rätsel, bei dem wir scheinbar nur zwei gleiche Symbole verbinden müssen. Jaha, denkste! Weil das nicht klappte, versuchten wir irgendwann wahllos andere Kombinationen, und eine war, warum auch immer, die richtige.
Dazu kommt: Die Story verschweigt oder vergisst gern mal wichtige Details. Warum zum Beispiel spricht unsere Alien-Begleiterin erst nur in ätherischen Windhauch-Tönen mit uns (die von den Untertiteln übersetzt werden), später aber plötzlich in unserer Sprache? Haben wir irgendwann einen Kommunikator gefunden und es nicht mitbekommen? Sind wir irgendwie auserwählt? Details, man! They are important!
Fazit
Dass "Scars Above" keine Blockbuster-Produktion werden würde, war mit Blick auf das kleine Studio klar. Trotzdem hat es gute Ansätze: Die Kämpfe machen größtenteils Spaß und sind für ein Soulslike wirklich fair. Die Story beginnt spannend, auch wenn es manchmal etwas Leerlauf gibt. Und die Art, wie das Spiel jede neue Mechanik einführt, ist immer verständlich.
Blöd, wenn dann selbst im "Story" genannten Anfänger-Schwierigkeitsgrad ein Bosskampf zum unüberwindbaren Hindernis wird. Klar, ein Spiel darf und muss uns Hürden zum Überwinden aufstellen. Wenn es aber nicht wenigstens logisch erklärt, wie das gehen soll, dann hat das nichts mehr mit dem Souls-Genre zu tun. Dann ist das einfach ein schlechtes Game-Design. Auch für 40 Euro.
Dabei würden wir ja nach dem Kampf weiterspielen, das Spiel hat uns wirklich überzeugt! Aber vielleicht gilt in unserem Fall auch einfach die Fishermans-Friend-Weisheit: "Sind sie zu stark, bist du zu schwach."
Scars Above ist erhältlich für PC, PS4/PS5 und Xbox One/Series, freigegeben ab 16 Jahren und kostet rund 40 Euro.