Auch in Computerspielen gibt es ja große Detektive. Da wäre natürlich Sherlock Holmes, der schon in vielen Adventure-Spielen eine Rolle hatte. Dem einen oder anderen dürften auch Cole Phelps oder Nick Valentine etwas sagen. Und seit heute möchten wir noch einen dazu zählen: Valentin Schmidt.
Eigentlich ist Valentin Schmidt gar kein Detektiv. Er arbeitet als Beamter in München und wurde von seinem Vorgesetzten in das kleine Dorf Wolpertshofen im tiefsten Bayern entsendet, um den Physikatsbericht (eine Art Inventur des Dorfes) durchzuführen. Bei seiner Ankunft erfährt er von einem Mord und wird mehr oder weniger freiwillig dazu bestimmt, den Mörder zu finden. Hier kommen wir ins Spiel – willkommen in "A Bavarian Tale".
Worum geht's?

Das PC-Spiel ist eine Mischung aus Rollenspiel und Adventure und spielt im September 1866. Deutschland befindet sich im Umbruch, vor wenigen Wochen hat Bayern an der Seite Österreichs den Bruderkrieg in der Schlacht bei Königsgrätz verloren. Der Deutsche Bund ist Geschichte. Die Industrialisierung nimmt Fahrt auf, aber nur die wenigsten profitieren davon. Das führt zu Unmut unter der arbeitenden Bevölkerung, wodurch die Forderung nach mehr Gerechtigkeit immer lauter wird.
In dieser unruhigen Zeit werden wir nach Wolpertshofen geschickt, wo man den Wandel spürt. Dorflehrer Loibl, der in München studierte, hat aus der Großstadt verrückte, liberale Ideen mitgebracht, die er auch anderen Bewohnern des Dorfes schmackhaft machen möchte: soziale Gerechtigkeit für alle, die alten Strukturen des Staats müssen aufgebrochen werden. Demgegenüber stehen die konservativen Bewohner, die alles so lassen möchten, wie es immer war. Über dem Volk stehen der Adel und das Militär.
Nach einem deftigen Streit im Wirtshaus wird am nächsten Morgen der Sohn des Großbauern tot am Wegesrand gefunden. Weil der Dorfpolizist gerade nicht auffindbar ist, beauftragen uns der konservative Bürgermeister Griesbacher und der liberale Dorflehrer unabhängig voneinander damit, den Mörder zu finden. Natürlich sind sich beide sicher, dass der Schuldige im jeweils anderen Lager zu finden ist.
Was uns gefallen hat – und was nicht

Wir unterhalten uns also mit den Dorfbewohnern, begutachten Beweise und kommen nach und nach der Lösung näher. Wer könnte ein Motiv haben? Und zu wessen Jacke gehört der Knopf, den wir in der Hand des toten Lenz fanden? Diese Geschichten sind durchweg spannend, teils auch sehr lustig erzählt. Manchmal lassen wir auch die Fäuste sprechen, etwa bei Wegelagerern vor dem Dorf oder wenn wir von Wachen erwischt werden, weil wir uns verbotenerweise nachts durchs Dorf schleichen. Das Kampfsystem ist rudimentär, aber mit ein bisschen Geschick sind die meisten Kämpfe selbst gegen mehrere Gegner leicht zu gewinnen.
Für gelöste Aufgaben bekommen wir Erfahrung, die wir in Fertigkeitspunkte unseres Charakters stecken können. In besonders kniffligen Situationen nutzt “A Bavarian Tale: Totgeschwiegen” einfache Rollenspielregeln, bei denen wir gegen einen Wert würfeln, der je nach Schwierigkeit der Aufgabe höher oder tiefer ist. Gewinnen wir, schalten wir besondere Dialogoptionen frei, öffnen eine Tür oder eine Kiste mit hilfreichen Gegenständen. Es lohnt sich daher, regelmäßig zu speichern, das Spiel legt aber auch selbst immer wieder einen automatischen Spielstand an.
Die gefundenen Gegenstände lassen sich vielseitig verwenden. So bauen wir an einer Werkbank Verbände, um uns zu heilen, oder eine Puppe, um die Wachen am Eingang des Dorfes zu erschrecken. Verschiedene typisch bayerische Lebensmittel wie die große Brotzeit, Bier oder Weißwurscht modifizieren unsere Fertigkeitspunkte. Hin und wieder müssen wir eine Gegend besonders aufmerksam absuchen, um einen Hinweis oder Gegenstand zu finden. Dann hilft eine frische Brezel, um die Konzentration wieder aufzufrischen.
So gut ist die Technik

Die Grafik im Spiel sieht durchweg gut aus. Den Entwicklern ist zumeist ein authentisches Dorfleben gelungen, und Wetter- und Lichteffekte sorgen für eine gelungene Atmosphäre. Die Charaktere haben uns nicht immer gefallen und wirken manchmal etwas hölzern. Gesteuert wird “A Bavarian Tale: Totgeschwiegen” mit Maus und Tastatur, eine Unterstützung von Gamepads wurde vom Entwicklerteam aber bereits versprochen.
Besonders hervorheben möchten wir die Soundkulisse. Alle Charaktere wurden komplett vertont. Und da wir uns im tiefsten Bayern befinden, werden diese Unterhaltungen auf Bayerisch geführt. Wer oberhalb des Weißwurstäquators wohnt, wird hier sicherlich nicht immer folgen können. Das ist aber nicht schlimm, sondern bringt dem Spiel seinen besonderen Charme. Wer gar nichts versteht, kann die hochdeutschen Dialogtexte lesen. Der Soundtrack des Spiels ist eine Mischung aus Vorabendkrimi-Melodien und landestypischer Blasmusik, die uns besonders in den Kämpfen gut gefallen hat.
Fazit
Dem Entwickler "Active Fungus Studios" ist hier ein durch und durch gutes Erstlingswerk gelungen. Wir hatten viel Spaß beim Lösen des Kriminalfalls und dank 11 verschiedenen Enden ist auch der Wiederspielwert hoch. Schätzungsweise 10 bis 12 Stunden haben wir für den ersten Durchlauf gebraucht.
Wir wünschen uns, dass auch andere Studios das Potenzial erkennen und spannende Momente der früheren deutschen Geschichte als Adventure aufbereiten.
“A Bavarian Tale: Totgeschwiegen” ist seit dem 03. Februar 2023 auf Steam erhältlich und kostet knapp 15 Euro.