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"Dakar Desert Rally" im Test: Die Gefahr der völligen Orientierungslosigkeit

Die härteste und gefährlichste Rallye der Welt ist zurück auf dem PC und der Konsole und bietet trotz hohem Frustrationslevel eine große Portion an Spielspaß.

Die oft als härteste Rallye der Welt zitierte Dakar-Rallye führt uns in die Wüsten Saudi-Arabiens. | © Saber Interactive

Matthias Reiprich
11.10.2022 | 11.10.2022, 19:00

Mehr als 20.000 Quadratkilometer Landschaft in Saudi-Arabien warten auf uns. Wie gemacht dafür, sich im neuen Open-World-Offroad-Rennspiel "Dakar Desert Rally" auch mal völlig zu verfahren und dabei komplett die Orientierung zu verlieren. Bevor wir überhaupt einen Blick aufs Hauptmenü des Spiels werfen können, werden wir - im wahrsten Sinne des Wortes - direkt in die Wüste geschickt.

Die früher in Paris gestartete und im senegalesischen Dakar endende Rallye ist nach einem mehrjährigen Abstecher nach Südamerika nun in Saudi-Arabien angekommen. Sie gilt als härteste und berühmteste Rallye der Welt und ist mit bis zu 8.000 Kilometern Länge eine absolute Belastungsprobe für jeden Fahrer samt Fahrzeug. Nicht ganz so lang gestalten sich die Etappen im Spiel, mit einem Maßstab von 1:25 kommen die Etappen trotzdem meist mit einer Länge von 30 bis 60 Kilometern daher und erfordern so eine längere Aufmerksamkeitsspanne als zum Beispiel die beliebte WRC-Spielereihe, die am 3. November in die nächste Runde geht.

Im Intro des Spiels lernen wir direkt die verschiedenen spielbaren Fahrzeugklassen kennen - neben den Original-Rallyefahrzeugen sind das Motorräder, LKWs, Quads und SSVs - und müssen mit ihnen im fliegenden Wechsel eine Etappe der berüchtigten Rallye absolvieren, bevor wir überhaupt die verschiedenen Spielmodi auswählen können. Das sorgt aber direkt für viel Atmosphäre. Der Einstieg des Spiels gefällt schon mal! Wer vorher noch nicht wusste, was ihn erwartet, der weiß es spätestens jetzt.

Besonders die Wetterbedingungen im Spiel beeindrucken. - © Saber Interactive
Besonders die Wetterbedingungen im Spiel beeindrucken. | © Saber Interactive

Generell schaffen es die Entwickler von Saber Interactive, uns mit detailgetreuen Etappenprofilen und realistischen Wetterbedingungen in eine beeindruckende Wüstenwelt zu entführen. Wir haben das Spiel auf der PlayStation 4 getestet und den Widrigkeiten zum Trotz großen Spaß daran entwickelt.

Verschiedene Spielmodi erhöhen die Schwierigkeit

Bevor wir unsere Karriere als "Dakar-Desert-Rally"-Champion beginnen, stellt sich zunächst die Frage, wie realistisch wir das tun wollen. Der Sport-Modus ist etwas einsteigerfreundlicher, man startet gleichzeitig mit den anderen Fahrzeugen der gleichen Klasse und kann die "Checkpoints", anhand derer man sich durch die Etappen hangelt, auch aus der Distanz jederzeit sehen. So ist die Gefahr nicht ganz so groß, sich in der Wüste völlig zu verfahren. Außerdem sind die Gegner (zumindest laut Beschreibung) eher leicht und das Schadensmodell nicht ganz so empfindlich wie in den anderen Spielmodi.

Im Sport-Modus liefern wir uns enge Duelle mit den anderen Fahrzeugen. - © Saber Interactive
Im Sport-Modus liefern wir uns enge Duelle mit den anderen Fahrzeugen. | © Saber Interactive

Das ändert sich im Profimodus, wo die Gegner es wirklich in sich haben und jeder Fahrfehler noch eklatanter bestraft wird. Hier fährt man die Etappen für sich alleine, auch wenn man ab und an durchaus anderen Fahrzeugen begegnet. Außerdem ist die Navigation viel schwieriger, die "Checkpoints" müssen ausschließlich mit Hilfe unseres Roadbooks angefahren werden.

Das ist zwar realistisch und interessant, sorgt in den Weiten der Wüste jedoch für einiges an Frustration. Oft ist die Strecke schwer erkennbar und die Navigation nur bedingt hilfreich. So passiert es, dass wir zwischendurch auf Abwegen sind und wertvolle Zeit vergeht, bis wir zur Strecke zurückfinden. Rallye halt. Der komplett auf Hilfen verzichtende Simulationsmodus wird erst ab Erfahrungslevel 25 freigeschaltet. Ein weiter Weg für uns. . .

Bei der Fahrphysik fühlen wir uns an die WRC-Rallyespiele erinnert. Sie ist sehr empfindlich und verzeiht nahezu keine Fehler. Immerhin: Die Strecken sind naturgegeben weitläufiger als wenn man durch die engen Gassen Monacos oder die serpentinenartigen Straßen Finnlands fährt. Besonders der Open-World-Charakter macht einen großen Teil des Spielspaßes aus und gefällt uns gut. Genauso wie das detailgetreue Schadensmodell. Auch der Sound schafft es, uns akustisch mitten in die härteste Rallye der Welt zu versetzen.

Abzüge in der B-Note

Abzüge gibt es allerdings für die Gegner-KI. Dass sie oft auch beim Einsteigermodus relativ stark ist, da sehen wir gerne drüber hinweg, "Dakar Desert Rally" ist eben mehr Simulation als Arcade. Schwieriger nachzuvollziehen ist jedoch, dass bei Kollisionen mit anderen Fahrzeugen jedes Mal nur wir diejenigen sind, die komplett aus der Bahn geworfen werden, während unsere Gegner munter weiterfahren können, als sei nichts gewesen.

Außerdem ist während der Etappen oft nicht ganz klar, wo man eigentlich im Feld positioniert ist. Am Ende jeder Etappe werden noch Strafen und Reparaturzeiten zur Fahrzeit addiert. Das ist zwar realistisch, für uns jedoch oft nicht greifbar und wirkt teilweise willkürlich. Uns ist es passiert, dass wir Etappen gewonnen haben, bei denen wir an jedem Checkpoint zwischen Position fünf und sieben geführt wurden. Eine Strafe hingegen haben wir nie erhalten.

Fazit

Insgesamt sind das jedoch kleine Schönheitsfehler eines insgesamt sehr gelungenen Rallye-Abenteuers, das besonders durch unverwechselbare Atmosphäre und beeindruckende Etappen besticht. Das Spiel dürfte der WRC-Reihe im Gegensatz zum Dakar-Vorgänger aus dem Jahr 2018 durchaus Konkurrenz machen, wenn man die Fahrumgebung mag und eine Frustrationsgrenze mitbringt, die einen nach den ersten Rückschlägen nicht den Kopf in den Wüstensand stecken lässt. Der Rallye- und Rennspiel-Fan mit gewisser Vorerfahrung und einer Portion Geduld kommt auf jeden Fall auf seine Kosten, für den Gelegenheitsspieler ist "Dakar Desert Rally" hingegen nicht unbedingt die optimale Wahl.

Das Spiel ist seit dem 4. Oktober für PlayStation 5, Xbox Series X|S, PlayStation 4, Xbox One und PC erhältlich und kostet rund 40 Euro.