Auf Social Media

"Distanz nicht gewahrt": Kritik wegen Kutschaty-Lob von 1Live-Redaktion

Bei Instagram gibt's Applaus für Nutzer, die den SPD-Kandidaten unterstützen, auf Twitter wird manche Kritik ausgeblendet. Der WDR kündigt Gespräche an.

Ein Wahlplakat von Thomas Kutschaty (SPD), der NRW-Ministerpräsident werden will. | © AFP or licensors

15.04.2022 | 15.04.2022, 19:37

Der Radiosender "1Live" hat nach dem Besuch des SPD-Politikers Thomas Kutschaty in einer Sendung Kritik auf sich gezogen. Die Social-Media-Redaktion applaudierte unter einem Bild-Post bei Twitter und Instagram Nutzern, die sich lobend über Kutschatys Pläne im Falle seiner Wahl zum NRW-Ministerpräsidenten bei der Landtagswahl am 15. Mai äußerten. Einige kritische Kommentare wurden hingegen ausgeblendet.

Worum geht es genau? Am 11. April war Kutschaty beim Sender zu einem Interview zu Gast. Dort sprach er über sein Wahlprogramm, woraus "1Live" ein Zitatbild für seine Social-Media-Kanäle machte. Darunter kommentierten etliche Nutzer. Allerdings finden sich Beispiele, in denen die Redaktion Kutschaty journalistisch unangemessen lobt - oder lobende Äußerungen wiederum selbst unterstützt.

So kommentierte ein Nutzer Kutschatys Pläne eines kostenlosen Nahverkehrs für Schüler mit: "Das ist mal eine wirklich gute Perspektive für NRW!" Die Reaktion von "1Live": "Auf jeden Fall." Ein anderer Nutzer schreibt: "Sehr gut meine Stimme geht an SPD nrw2022 ich finde Thomas macht es sehr gut". Die Redaktion antwortete mit einem Applaus-Emoji und einem Zwinker-Smiley. Der Kommentar "Finde ich spitze" eines dritten Users wird mit "Wir auch" beantwortet.

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Auch bei Twitter hatte "1Live" das Bild geteilt. Hier wurden zunächst einige Antworten von Lesern ausgeblendet, eine übliche Praxis in der Social-Media-Arbeit, zum Beispiel bei beleidigenden Kommentaren. Darunter fanden sich allerdings auch Aussagen von Lesern, die angaben, lieber Kutschatys Konkurrenten und aktuellen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) wählen zu wollen.

Warum diese Kommentare vereinzelt ausgeblendet wurden, andere mit selbem Inhalt aber sichtbar blieben, dazu äußerte sich der Sender bisher nicht. Mittlerweile ist nur noch ein beleidigender Kommentar verborgen.

"Dem Neutralitätsanspruch nicht gerecht geworden"

Der WDR, zu dem "1Live" gehört, kündigte am Freitag Gespräche mit den zuständigen Mitarbeitern an. "Journalistische Unabhängigkeit und Distanz sind die Grundlagen unserer Berichterstattung. Was die Reaktionen des 1Live-Social-Teams auf User-Posts angeht, wurde diese Distanz aus unserer Sicht nicht ausreichend gewahrt. Über diese unangemessenen Kommentare ist die Redaktion mit den Kolleg:innen bereits in intensivem Austausch", teilte der Sender unter anderem bei Twitter mit.

Die Kommentare bei Instagram sind mittlerweile gelöscht, auf den Eingriff weist der Sender am Ende seines ursprünglichen Posts hin. Screenshots, die die Bild veröffentlichte, sollen die ursprünglichen Reaktionen zeigen. Unter dem Instagram-Post findet sich auch eine Entschuldigung: "Dass wir dem Neutralitätsanspruch nicht gerecht geworden sind, ärgert uns und wir bedauern das sehr."

Am 29. April ist Hendrik Wüst bei "1Live" zum Interview zu Gast. (bjp)