Eltern-Ratgeber

Datenklau: So können Eltern ihre Kinder bei TikTok schützen

Wie Eltern ihre Kinder vor Cyber-Grooming und Mobbing schützen können und wie eine neue Funktion dabei helfen soll.

Vor allem bei jungen Mädchen ist TikTok beliebt. | © Pixabay

27.02.2020 | 03.03.2020, 17:39

Bielefeld. Die App ist zwar eigentlich erst ab 13 Jahren freigegeben, scrollt man durch den Feed, sieht man aber auch viele jüngere Mädchen, die leicht bekleidet zu Musik tanzen. Gefundenes Fressen für Pädophile und Cybergroomer, also Erwachsene, die versuchen, Kontakt mit Minderjährigen aufzunehmen. Bei der ersten Anmeldung wird zwar nach dem Alter gefragt, Falschangaben werden aber, wie auch auf anderen sozialen Netzwerken, nicht überprüft. Dass die Plattform keine Alters-Verifikation ermöglicht, scheint gegen andere Skandale des Netzwerks aber schon fast vernachlässigbar.

TikTok heißt die App. Sie ist der Trend auf den Schulhöfen der Nation. 5,5 Millionen User nutzen die App deutschlandweit. Vor allem die Generation Z ist auf der Plattform unterwegs, also diejenigen, die von 1997 bis 2012 zur Welt gekommen sind. Durchschnittlich etwa 50 Minuten am Tag. Doch die chinesische Playback-Video App ist bei den meisten Erwachsenen noch weitestgehend unbekannt. Dabei machte TikTok in der letzten Zeit immer wieder mit Skandalen auf sich aufmerksam.

Was die App ausmacht

Kurze, maximal 60-sekündige Videos aufzunehmen und zu posten - darum geht es in dem sozialen Netzwerk. Mit einfachen Tools lassen sich die Filme bearbeiten und mit Musik hinterlegen. Diese können dann mit der Community geteilt werden - mit 800 Millionen Usern weltweit. Mit dem integrierten Chat oder der Kommentarfunktion können sich die Nutzer austauschen. Viel kreativer, bunter und schneller als Snapchat oder Instagram. Gerade deshalb spricht sie Teenager an, die sich ausprobieren wollen.

Der Spaß-Faktor wurde schon häufig von Negativschlagzeilen überstrahlt. TikTok wird vor allem für seine Zensur kritisiert. Die Betreiber der App haben zugegeben, die Reichweite von Videos, auf denen Behinderte oder dickere Menschen zu sehen sind, eingeschränkt zu haben. Um "besondere Menschen" vor Mobbing zu schützen, bezog das Unternehmen Stellung. „Wir sind uns bewusst, dass wir in der Vergangenheit Fehler gemacht haben", heißt es jetzt von TikTok. Man habe seitdem die Community-Richtlinien überarbeitet und lokalen Teams eine größere Rolle in der Moderation der Inhalte gegeben.

Weiterhin wurde der Plattform vorgeworfen, sämtliche Videos, die die chinesische Regierung kritisieren, eingeschränkt zu haben. Videos, die die Proteste in Hongkong zeigten, waren kaum auf TikTok zu sehen. Das Unternehmen distanziert sich von diesem Vorwurf: „Unsere Moderationsentscheidungen werden von keiner ausländischen Regierung, auch nicht der chinesischen Regierung, beeinflusst."

Misstrauen von Datenschützern

Auch Datenschützer üben Kritik an TikTok. Das Netzwerk gehört zu dem chinesischen Konzern Bytedance. Die Daten werden laut TikToks Datenschutzerklärung auf nicht-europäischen Servern in den USA und Singapur gespeichert. Dort gelten andere Datenschutzbestimmungen. Bei der Verwendung der App werden zahlreiche Nutzer- und Hintergrunddaten gesammelt sowie auch das Nutzerverhalten ausgewertet. Die App liest eifrig Daten aus, beispielsweise den Aufenthaltsort und die Telefonkontakte.

"Das Profil wird zum Tagebuch", sagt Friedemann Ebelt, Datenschutzexperte von Digitalcourage. Kinder würden dazu animiert sich selbst zu filmen und die Videos würden sich unkontrolliert verbreiten, kritisiert Ebelt. "Die App hat keine Aufgabe, außer Daten zu sammeln und Reichweite und Masse zu generieren." Ganze 67 Berechtigungen fordert die App vor der Nutzung. Zum Vergleich: Instagram, das von Datenschützern ebenfalls kritisch beäugt wird, fordert nur 28 Berechtigungen von seinen Nutzern. Kinder könnten nicht einschätzen, was sie über sich Preis geben. Ebelt zieht ein ernüchterndes Fazit: "Es gibt keine Möglichkeit, die App datenschutzfreundlich zu nutzen."

Umstrittene Challenges

Und das ist nicht das einzige Problem. Es gibt Challenges zu den verschiedensten Themen. Vor der sogenannten "Skullbreaker-Challenge", zu deutsch "Schädelbrecher-Challenge", warnten sogar Ärzte. Hierbei werden einem Unwissenden beim Springen die Beine weggezogen. Ein Scherz, der gefährlich ausgehen kann. Aber auch gemeinnützige Challenges sind auf TikTok zu finden. Unter dem Hashtag #cleansnap ging es um den Kampf gegen die Umweltverschmutzung. Kurze Videos bei denen Müll mit einem Fingerschnipsen verschwindet. Für jeden Clip spendete Tiktok Geld an den Umweltschutz-Verein Wings of the Ocean. An der Aktion hat sich auch der Komiker Martin Schneider beteiligt:

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Trotz des Für und Widers kommt bei den Kids kaum einer an dem Hype vorbei. Die App macht ihnen offenbar einfach Spaß. "Der Attraktivitätsfaktor übersteigt das Risikobewusstsein", sagt Ebelt. "Die Jugendlichen wollen ihren Freiraum auf einer Plattform, wo keine Eltern sind. Das muss man aushalten", sagt Markus Gerstmann von der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur in Bremen. Wichtig sei es, dass Eltern den Dialog suchen und den Spaß auch mal mitmachen. Am besten richtet man die App gemeinsam mit dem Kind ein. Laut Gerstmann ist der Schlüssel zu einem verantwortungsvollen Umgang mit TikTok: "Reden, Vertrauen und die Wahrheit vermitteln."

So können Eltern ihre Kinder schützen

Eine neue Funktion der App soll es Eltern zukünftig ermöglichen, ihre Kinder besser zu schützen. Der sogenannte "begleitete Modus" ermöglicht es die App-Nutzung des Kindes einzuschränken. Eltern können zum Beispiel festlegen, wie lange ihr Kind die App täglich nutzt oder auch, dass nur Freunde private Nachrichten schreiben können. Zudem können sie einen Modus aktivieren, in dem nicht altersgerechte Videos aus dem "Für dich"-Feed der App herausgefiltert werden. Eltern erhalten aber nur Zugriff auf die einschränkenden Funktionen. Sie können keine Nachrichten lesen oder sehen welche Videos ihre Kinder anschauen.

Markus Gerstmann sieht aber auch die Politik in der Verantwortung. Ein neues Jugendmedienschutzgesetz müsse an die aktuellen Medien angepasst sein und den Eltern eine Orientierung bieten. "Die Politik muss die Rahmenbedingungen setzen."

INFORMATION


So wird der "begleitete Modus" installiert

Um die Nutzung Ihres Kindes einzuschränken, müssen Sie die TikTok-App ebenfalls auf Ihrem Smartphone installieren.Den begleiteten Modus aktivieren Sie folgendermaßen: rufen Sie in den Einstellungen Digital Wellbeing/Privatsphäre und Einstellungen/Begleiteter Modus auf. Anschließend wird ein QR-Code angezeigt, den das Kind mit seinem Smartphone scannen muss. So werden die Apps miteinander verbunden und das Kind willigt in die Reglementierung der Nutzung ein. So haben Sie die Möglichkeit die Datenschutz-Einstellungen zu treffen.