
Berlin. Das deutsche Mobilfunknetz ist besonders teuer und besonders schlecht - das sorgt immer wieder für Kritik. Wie dramatisch es wirklich ist, zeigt nun eine Studie der Beratungsfirma P3 aus Aachen, die im Auftrag der Grünen-Fraktion im Bundestag angefertigt wurde.
Sie bestätigt: Die Versorgung mit 4G in Deutschland ist "deutlich schlechter" als in den europäischen Nachbarländern. Selbst in Albanien surfen Nutzer schneller als hierzulande. Und auch das beste Netz in Deutschland ist im internationalen Vergleich weit abgeschlagen.
Ermittelt wurden die Ergebnisse mit einer Software auf rund 150.000 deutschen Mobilfunkgeräten. Das Programm meldet anonym den Standort des Smartphones sowie die Stärke und Geschwindigkeit des Netzes.
Deutschland überall auf den hinteren Rängen
Kommen die Mobilfunkanbieter in den Niederlanden, Belgien oder der Schweiz beispielsweise auf fast 90 Prozent LTE-Anteil, schafft es die Telekom in Deutschland auf maximal 75 Prozent. Bei Vodafone sieht es noch schlimmer aus - hier sind es nur 57. Das LTE-Netz von Telefónica (O2) stehe "nicht einmal für die Hälfte der analysierten Datensätze zur Verfügung", besagt die Studie.
Im direkten Ländervergleich befindet sich Deutschland mit diesen Werten auf den hinteren Rängen. In Polen und Albanien haben Kunden der Deutschen Telekom mit 80 Prozent eine bessere Netzabdeckung als in Deutschland. In Österreich liegen die Zahlen bei 84 Prozent und in den Niederlanden sogar bei 90.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der LTE-Geschwindigkeit: Die liegt in Deutschland im Telekom-Netz durschnittlich bei 4,9 Megabit pro Sekunde - Vodafone und Telefónica sind langsamer. Kunden in Albanien surfen doppelt so schnell. Die schnellste Übertragungstechnik findet sich in der Schweiz und in Österreich.
Grüne fordern National Roaming
"Nirgendwo ist beim Mobilfunk die Verfügbarkeit so schlecht und der Datentransfer so lahm wie in Deutschland", merkt die Grüne Bundestagsfraktion an. Schuld daran seien laut Vizefraktionschef Oliver Krischer "die hohen Versteigerungserlöse der Frequenzen in Deutschland."
Die Grünen fordern darum eine verpflichtende Regelung für National Roaming. Dabei würde das Smartphone bei schlechtem Netz auf die Infrastruktur eines anderen Mobilfunkanbieters ausweichen. Die Politiker fordern zudem Versorgungsauflagen, die insbesondere den ländlichen Raum berücksichtigen. Und die Einnahmen aus Versteigerungen sollten in den Mobilfunkausbau auf dem Land investiert werden.
Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will Funklöcher bekämpfen. Er stellte im Oktober eine App vor, mit der Smartphone-Nutzer Funklöcher melden können. Die Ergebnisse will Scheuer jedoch erst 2019 vorstellen. "Der Zustand, den wir haben, ist für eine Wirtschaftsnation untragbar", sagte Scheuer damals.
Inhalt der P3-Studie ist auch ein Ausblick auf die künftige Technologie 5G, die noch schnellere Datenraten erlauben soll als LTE. Auch hier gibt es Kritik, dass weiße Flecken auf der deutschen Landkarte vorprogrammiert seien. Vor allem Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte viel Kritik einstecken müssen. Sie hatte behauptet, den neuen Mobilfunkstandard brauche man schließlich "nicht an jeder Milchkanne".