Gemüse-Fans haben alle Argumente auf ihrer Seite. Sie ernähren sich in der Regel vitaminreicher, gesünder, kalorienärmer, regionaler und nachhaltiger. Oder? Wissenschaftler des Instituts für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg haben sich die ökologischen Fußabdrücke vieler Lebensmittel angeschaut und herausgefunden: Gemüse ist nicht gleich Gemüse. Genau genommen, ist nicht einmal Tomate* gleich Tomate.
    
Frische, saisonale Tomaten aus Deutschland erzeugen pro Kilogramm 300 Gramm Treibhausgase. Kommen die mediterranen Allrounder hingegen aus Südeuropa, steigen die Emissionen auf 400 Gramm. Bio-Tomaten hauen mit 1,1 Kilo Treibhausgasen rein. Passierte Tomaten erzeugen je nach Verpackungsart (Verbundkarton, Dose oder Glas) 1,6 bis 1,9 Kilogramm Emissionen. Winter-Tomaten aus deutschen Gewächshäusern verursachen sogar 2,9 Kilogramm Treihausgase. Und ein Kilogramm Tomatenmark kommt auf 4,1 Kilogramm Treibhausgase.
Frisch ist immer besser
Woher kommen die großen Unterschiede? Für ihre Studie haben die Wissenschaftler die Treibhausgasemissionen von rund 200 Lebensmitteln pro Kilo von der Produktion bis zur Supermarktkasse zusammengerechnet. Wird ein Lebensmittel also weiterverarbeitet oder verpackt, muss es transportiert oder gekühlt werden, fließt das mit in den Gesamtwert ein.
Beispiel: Frischer Blattspinat verursacht pro Kilogramm 200 Gramm Treibhausgase. Die TK-Variante erzeugt dreimal so viel. Dadurch dass sie verpackt und gekühlt werden muss. Noch mehr Treibhausgase entstehen, wenn Gemüse in Gläsern oder Dosen haltbar gemacht werden. Die Emissionen von Champignons beispielsweise erhöhen sich etwa von 1,3 auf 2,4 Kilogramm, wenn sie nicht frisch, sondern in der Konserve über die Ladentheke gehen.
Grundsätzlich haben frische, unverpackte, saisonale und regionale Gemüse die geringsten Emissionen. Möhren und Weißkohl sind dabei übrigens am umweltschonendsten. Nur 100 Gramm Treibhausgase kommen auf ein Kilo. Ähnlich gut schneiden beispielsweise Kartoffeln, Lauch, Kürbis oder Zucchini ab: Jeweils 200 Gramm Emissionen.
Ein Kilo Rindfleisch gleich 13,6 Kilo Emission
Mit dem Pro-Kilo-Ausstoß von tierischen Lebensmitteln sollten die Werte der Gemüse übrigens nicht ohne Weiteres verglichen werden. Darauf weisen die Macher der Studie selbst hin. Ein Vergleich pro Kilogramm Lebensmittel sei "nur dann sinnvoll ist, wenn die betrachteten Lebensmittel eine identische ernährungsphysiologische Funktion erfüllen." Zum Beispiel könnten Emissionen pro Kilogramm erzeugtem Eiweiß verglichen werden.
    
Ein Kilogramm Rindfleisch erzeugt beispielsweise rund 13,6 Kilogramm Treibhausgase. In dieser Menge Fleisch stecken allerdings 260 Gramm Eiweiß. Ein Kilogramm Möhren enthält lediglich elf Gramm Proteine. Um auf dieselbe Menge Eiweiß zu kommen, bräuchte es also mehr als 23 Kilo Möhren. Und die wiederum würden 2,3 Kilogramm Treibhausgase verursachen.
Außerdem spielen bei der Nachhaltigkeit von Lebensmitteln auch andere Parameter, etwa Wasserverbrauch, eine Rolle. Diese sind in der Betrachtung nicht enthalten.
*Aus botanischer Sicht sind Tomaten wie auch Paprika oder Kürbisgewächse Früchte, also Obst. Da es sich aber um einjährige Pflanzen handelt, werden sie laut Lebensmitteldefinition zum Gemüse gezählt.