Berlin. Nachdem die Legalisierung von Cannabis zum 1. April in Kraft getreten ist, gab es viel Diskussion darüber, wie die Regeln für Autofahrer nach Cannabis-Konsum aussehen sollen. Die neuen Bestimmungen beinhalten eine gesetzliche Grenze des THC-Gehalts im Blut. Umstritten bleibt dieses Thema weiterhin.
Der Bundesrat billigte das bis zuletzt umstrittene Cannabis-Gesetz. Mit dem Gesetz der Ampel-Koalition sind der Konsum sowie in begrenzter Menge Besitz und Anbau der Droge für Erwachsene erlaubt.
Über die weitreichende Zäsur in der Drogenpolitik wurde bis zuletzt kontrovers diskutiert. Erlaubt ist für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen legal sein und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden – konkret in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich.
Erste Bewertungen der Legalisierung nach 18 Monaten
Erlaubt werden sind auch nicht-kommerzielle „Anbauvereinigungen“ für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben - im Monat höchstens 50 Gramm je Mitglied. Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes soll es eine erste Bewertung unter anderem dazu vorliegen, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warb zuletzt für die Pläne. Die Lage derzeit sei „in keiner Weise akzeptabel“, sagte der SPD-Politiker in der Aussprache vor der Abstimmung mit Blick auf steigende Zahlen von Konsumenten und „toxische Konzentrationen“ in Cannabis aus kriminellem Drogenhandel. „Der Schwarzmarkt ist der Kern des Übels.“ Jeder Kampf gegen den Schwarzmarkt sei ein wichtiger Schritt zum Schutz junger Menschen. Daher solle ein legales Angebot geschaffen werden. Lauterbach hob zugleich eine vorgesehene stärkere Aufklärung hervor. „Wir verharmlosen nicht.“ Viele junge Menschen wüssten bisher nicht, dass Cannabis-Konsum für das wachsende Gehirn wie ein „Gehirngift“ wirke.
Welche Strafen gab es vor der Cannabis-Legalisierung?
Vor der Legalisierung, also vor dem 1. April, wurde Cannabis vor dem Betäubungsmittelgesetz als „nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel“ eingestuft. Der Besitz von Cannabis war laut BtMG daher strafbar, sofern keine schriftliche Erlaubnis zum Erwerb vorlag. Das Strafmaß erstreckte sich im Falle des bloßen Besitzes von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Bei Handel, der Abgabe an Minderjährige oder der Einfuhr aus dem Ausland drohten härtere Sanktionen als beim Besitz für den Eigenbedarf.
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Das Bundeskabinett hat Eckpunkte zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken beschlossen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stellte das Eckpunktepapier der Bundesregierung in der Bundespressekonferenz vor: Die Drogenpolitik müsse erneuert werden. Der Cannabis-Konsum solle unter Gesundheitsaspekten reformiert werden. Das Eckpunktepapier ist im Austausch mit Expertinnen und Experten sowie Interessengruppen unter der Leitung des Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung entstanden.
- Künftig gilt, dass das Kiffen „in Sichtweite“ um den Eingangsbereich von Kitas, Schulen und anderen Jugendeinrichtungen untersagt bleibt, wobei auf freiem Feld eine Entfernung von mindestens 100 Metern vorgeschrieben wird.
- Erwerb und Besitz von Cannabis zum Eigenkonsum sollen zulässig sein, allerdings nur bis zu einer Höchstmenge von 20 bis 30 Gramm. Auch der private Eigenanbau soll zulässig sein, begrenzt auf drei Pflanzen für jede volljährige Person.
- Auch die Regeln für den Eigenanbau werden entschärft. So wird der erlaubte Besitz aus selbst gezogenem Cannabis von bisher geplanten 25 auf 50 Gramm angehoben. Die Strafbarkeit soll hier ab 60 Gramm greifen, darunter gilt der Besitz als Ordnungswidrigkeit. Im Gesetz wird zudem klargestellt, dass sich die erlaubte Besitzmenge auf getrocknetes Cannabis bezieht. Ansonsten wäre es gar nicht möglich, die künftig erlaubten drei Cannabispflanzen legal abzuernten.
- Cannabisprodukte sollen in lizenzierten Geschäften an Erwachsene zu Genusszwecken abgegeben werden. Damit soll erreicht werden, dass die Cannabis-Qualität kontrolliert wird und dass keine verunreinigten Substanzen abgegeben werden.
- Der gewerbliche Anbau und Vertrieb von Genuss-Cannabis soll staatlich lizenziert und kontrolliert sein. Der Schwarzmarkt und die organisierte Drogenkriminalität sollen damit eingedämmt werden.
- Der Jugendschutz soll gewährleistet werden. Cannabis soll ausschließlich an Volljährige abgegeben werden.
- Die Präventionsangebote zu Cannabis sollen ausgeweitet werden. Anstelle einer strafrechtlichen Verfolgung sollen konsumierende Minderjährige zum Beispiel an verbindlichen Präventionsprogrammen teilnehmen. Es wird ein generelles Werbeverbot geben.
- Die gesellschaftlichen Auswirkungen des Gesetzes sollen nach vier Jahren und darüber hinaus evaluiert werden.
Einblicke in den Gesetzentwurf: Das Eckpunktepapier der Bundesregierung
Wie hoch darf der Wert von THC beim Autofahren sein?
Jetzt gilt: Wer vorsätzlich oder fahrlässig mit 3,5 Nanogramm THC oder mehr je Milliliter Blut unterwegs ist, riskiert in der Regel 500 Euro Buße und einen Monat Fahrverbot. Diese Schwelle folgt Empfehlungen einer Expertenkommission des Verkehrsministeriums, wonach ab dann eine sicherheitsrelevante Wirkung „nicht fernliegend“ ist. Vergleichbar sei es mit 0,2 Promille Alkohol und liege klar unter der Schwelle von 7 Nanogramm, ab der eine Risikoerhöhung beginnt.
Gibt es Ausnahmen für Sonderfälle?
Bei THC am Steuer geht es um Cannabiskonsum aller Art, wie im Gesetzentwurf erläutert wird – also Joints, aber auch THC-haltige Speisen, Getränke, Öle und Extrakte. Ausgenommen ist aber, wenn das THC „aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt“. Bei Kontrollen sollten empfindliche Speicheltests „als Vorscreening zum Nachweis des aktuellen Konsums“ eingesetzt werden, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Wenn jemand Anzeichen von Ausfallerscheinungen zeige, sei aber in jedem Fall auch bei negativem Speicheltest eine Blutprobe erforderlich.
Cannabis-Konsum beim Autofahren: Was passiert mit dem Führerschein?
Erwischt die Polizei einen Kraftfahrer am Steuer, nachdem er gekifft hat, richtet die Strafe sich danach, wie oft derjenige bereits mit Drogen im Straßenverkehr auffällig wurde:
- Beim ersten Mal: 500 Euro Bußgeld, zwei Punkte in Flensburg, Fahrverbot von einem Monat
- Beim zweiten Mal: 1.000 Euro Bußgeld, zwei Punkte in Flensburg, Fahrverbot von drei Monaten
- Beim dritten Mal: 1.500 Euro Bußgeld, zwei Punkte in Flensburg, Fahrverbot von drei Monaten
Eine neue Ordnungswidrigkeit stellt es jetzt dar, wenn zum Kiffen auch noch Alkohol dazukommt. Dann drohen in der Regel nicht nur 500 Euro, sondern 1.000 Euro Buße plus ein Monat Fahrverbot. Für Fahranfänger heißt es wie schon bei Alkohol: In der zweijährigen Führerschein-Probezeit und für unter 21-Jährige gilt Cannabis-Verbot. Der Grenzwert von 3,5 Nanogramm greift also nicht. Sanktion: in der Regel 250 Euro.
Ist Kiffen am Arbeitsplatz jetzt erlaubt?
„Nein“, sagt Tobias Werner, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Beschäftigte „ sind dazu verpflichtet, ihren Dienst mit klarem Kopf zu erledigen.“
Ein entsprechendes gesetzliches Verbot werde es zwar nicht geben, so der Jurist, „nichtsdestotrotz gibt es für bestimmte Branchen ein Null-Toleranz-Limit. Wer beispielsweise einen Lkw oder Bus oder ein Flugzeug steuert, darf weder vor noch im Dienst Drogen konsumieren – das schließt auch Cannabis ein.“
Und auch, wenn es im Unternehmen kein explizites Verbot des Cannabis-Konsums gebe, drohen bei Missbrauch Konsequenzen: „Ist die Arbeitsleistung wegen Drogenkonsums eingeschränkt, riskiert man eine Abmahnung und womöglich sogar eine Kündigung“, so der Experte.
Was ist ein Cannabis-Club?
Cannabis-Clubs spielen eine wichtige Rolle in Lauterbachs Konzept. Sie sollen legales Cannabis an Mitglieder verkaufen und ihnen einen Ort zum Konsum bieten dürfen. Dabei sollen verschiedene Höchstgrenzen gelten: Mitglieder unter 21 Jahren sollen in Deutschland monatlich höchstens 30 Gramm Cannabis mit einem THC-Gehalt von maximal 10 Prozent bekommen können.
Wo ist Cannabis-Konsum legal in Europa?
Die europäischen Länder gehen unterschiedlich mit der Drogenpolitik um. Einige Länder in Europa haben Cannabis unter bestimmten Bedingungen legalisiert oder zumindest entkriminalisiert. Hier ein Überblick über die Regelungen:
Wie viele Menschen sterben jährlich an Cannabis-Konsum?
Bis heute gibt es keinen einzigen bestätigten Todesfall durch Cannabis-Produkte. Bei gerade einmal zwei Todesfällen taucht Cannabis als mögliche Ursache auf – eindeutig auf Cannabis zurückführen lassen sie sich aber nicht. Laut dem Wissenschaftsmagazin „Quarks“ ist es rein anatomisch gesehen eher unwahrscheinlich, an Cannabis zu sterben: Denn im Hirnstamm gibt es nur wenige Cannabis-Rezeptoren, die die Grundfunktionen im menschlichen Körper stören könnten. Der Hirnstamm reguliert zentrale Körperfunktionen wie Blutdruck, Herzfrequenz oder die Atmung. Andere Studien legen jedoch auch nahe, dass die Suizidalität mit der Intensität des Cannabis-Konsums steigt und dass Cannabis die Unfallgefahr erhöht.

Medizinische Wirkung: Was ist gesund an Cannabis?
Die medizinischen Wirkungen von Hanf gehen vor allem auf die Inhaltsstoffe Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) zurück. THC wirkt berauschend und entspannend, es kann Brechreiz dämpfen. CBD wirkt angstlösend und kann Entzündungen hemmen. Unter anderem bei folgenden Krankheiten oder Beschwerden wurde Cannabis untersucht:
- Chronische Schmerzen
- Muskelkrämpfe bei multipler Sklerose oder Lähmung der Beine
- Übelkeit und Erbrechen, zum Beispiel als Folge einer Chemotherapie
- Ungewollter Gewichtsverlust, zum Beispiel als Folge von AIDS
Ob Cannabis oder Cannabis-Produkte bei diesen Beschwerden für Betroffene in Betracht kommen, hängt davon ab, welche anderen Behandlungen möglich wären, und ob das Risiko für Nebenwirkungen vertretbar erscheint. Bislang gibt es nicht genügend Studien, sodass es schwierig ist, ein Urteil zu fällen, wie wirksam Cannabis ist. Bei dauerhaften Schmerzen, Muskelkrämpfen, Übelkeit oder Gewichtsverlust legen Studien nahe, dass THC-haltige Medikamente Beschwerden lindern können. Ärztinnen und Ärzte können Medizinal-Cannabisblüten oder Cannabisextrakt in pharmazeutischer Qualität auf einem Betäubungsmittelrezept verschreiben.

Welche Prognose gibt es bei Cannabis-Aktien?
Laut dem Finanzportal „financer.com“ ist das Angebot an Cannabis-Aktien in Deutschland recht bescheiden. Dennoch hat die Nachfrage nach den Vereinbarungen der Koalition zur Entkriminalisierung zugenommen. Laut Prognosen verfüge Deutschland über das nötige Potenzial, um zum größten Cannabis-Markt weltweit zu werden. Das Wachstumspotenzial sei enorm, die Chance auf eine hohe Rendite groß. Dennoch handle es sich um einen Zukunftstrend, bei dem aus Sicht der Experten das Anlagerisiko etwas höher sei als bei Aktien schon etablierter Unternehmen.
Mit Material von dpa und RND.