
Bielefeld. Der Markt für Intimpflege-Produkt soll wachsen - davon gehen zumindest Marktforscherinnen und Marktforscher des amerikanischen Trendvorhersageunternehmen WSGN aus. Bis 2035 rechnen sie mit einem Umsatz von über 35 Milliarden Euro weltweit. Ein Gynäkologe mahnt zur Vorsicht.
Neben Rasierschaum und speziellen Duschgels gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Produkten für den Intimbereich. Ein kalifornischer Hersteller bietet einen Pflegestift für Schamlippen an, der angeblich antibakteriell wirkt und die Haut vor dem Austrocknen bewahren - und untenrum erfrischen soll.
Darüber hinaus bieten auch deutsche Hersteller zunehmend neue Pflegeprodukte an: Mit dabei sind beispielsweise Masken für den Intimbereich sowie Anti-Aging Cremes, Eau de Toilettes oder Cremes, die den Intimbereich reinigen - und gleichzeitig stimulieren sollen.
Immer noch ein Tabu-Thema?
Zunehmend oft wird das Thema in den sozialen Netzwerken thematisiert. Hier werben Influencerinnen für Peelings, Rasiergel und Öle für die Vagina. "Intimpflege ist ein Thema, worüber öffentlich vielleicht nicht gesprochen wird. Ich finde es jedoch wichtig, auch mal über solche Themen zu sprechen, nicht nur über Mode und Make-up", schreibt eine Nutzerin, die ebenfalls solche Produkte anpreist.
Eine Umfrage eines Arzneimittelunternehmens in Deutschland hat ergeben, dass die weibliche Intimpflege für immerhin 40 Prozent der 1.000 befragten Frauen als Tabuthema eingeschätzt wird – obwohl mit 89 Prozent die große Mehrheit der Befragten Intimpflege als einen Kernbestandteil ihrer Körperpflege erachtet.In den Kommentarspalten in den sozialen Medien gibt es neben Interesse und Zustimmung aber auch kritische Stimmen. "Ist das wirklich notwendig?", wollen einige Nutzerinnen wissen.
Der Bielefelder Gynäkologe Rolf Englisch betrachtet eben jene Pflegeprodukte für die Vagina mit Skepsis. "Grundsätzlich halte ich erst einmal gar nichts davon", so Englisch. Der Intimbereich sei sehr empfindlich. "Wenn jemand auf die oftmals enthaltenen Duftstoffe in den Cremes allergisch reagiert, kann das auch gefährlich werden." Wer solche Pflegeprodukte nutze, laufe Gefahr, sich Bakterien einzufangen.
Infektionen durch falsche Produkte
Zu tun habe das mit dem pH-Wert der Scheide. Der liegt normalerweise zwischen 3,8 und 4,4. Das saure Milieu schützt auf natürliche Art und Weise vor Infektionen. "Pflegeprodukte für den Intimbereich, wie bestimmte Spülungen, haben oftmals aber einen pH-Wert von 7 oder mehr", so der Gynäkologe. Die Folge: Das natürliche Milieu wird gestört und das begünstige wiederum das Wachstum von Bakterien und damit mögliche Infektionen.
Für eine gute Intimpflege reiche lediglich warmes Wasser aus, betont Englisch. Gespült werden sollte nur der Außen - und nicht der Innenbereich der Vagina: "Wer dennoch auf Produkte wie beispielsweise Rasierschaum nicht verzichten wolle, sollte auf eine Pflege ohne pH-Wert verändernde Duftstoffe achten.
Das Enthaaren des Intimbereichs hält Englisch grundsätzlich nicht für bedenklich, wenn eine Grundvoraussetzung beachtet werde. "Die Klinge des Rasierers sollte regelmäßig ausgetauscht werden, um das Verletzungsrisiko zu reduzieren." Denn in Verletzungen an der Haut könnten Keime und Bakterien eindringen, die wiederum das Infektionsrisiko erhöhen.