Gesundheit

Zehntausende gehen jährlich wegen psychischer Probleme in Frührente

In NRW lag der Anteil bei 44,1 Prozent.

Erschöpfung: Ein Angestellter sitzt in einem Büro vor seinem Computer und hält sich den Kopf (Symbolfoto). | © picture alliance

Rasmus Buchsteiner
08.09.2019 | 08.09.2019, 21:18

Berlin. Zehntausende Menschen gehen wegen psychischer Störungen in Frührente. In vielen Fällen sind Depressionen der Grund. Das zeigen neue Zahlen des Bundesarbeitsministeriums.

Psychische Störungen führen häufig zum Bezug von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion hervor.

Demnach waren im vergangenen Jahr 71.319 Fälle, in denen erstmals eine Erwerbsminderungsrente gezahlt wurde, auf psychische Störungen zurückzuführen. Das entspricht im bundesweiten Schnitt einem Anteil 42,9 Prozent.

In NRW lag der Anteil bei 44,1 Prozent

In Berlin war der Anteil mit 51,1 Prozent so hoch wie nirgendwo sonst in Deutschland. In Schleswig-Holstein waren es 45,6 Prozent, in Niedersachsen 44,2 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern 44,9 Prozent, Nordrhein-Westfalen 44,1 Prozent, in Brandenburg 39,0 Prozent sowie in Sachsen-Anhalt 34,9 Prozent.

Laut Bundesarbeitsministerium führten im vergangenen Jahr besonders häufig Depressionen zur erstmaligen Zahlung einer Erwerbsminderungsrente. Den Angaben zufolge ging es dabei in 21.455 Fällen um mehr oder weniger dauerhafte Depressionen, in 9.623 Fällen um eine vorübergehende Depression. In 6.206 Fällen führten im vergangenen Jahr psychosomatische Störungen zu einer neuen Erwerbsminderungsrente.

1,8 Millionen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

Insgesamt gab es in Deutschland 2018 rund 1,8 Millionen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Als volle Erwerbsminderung gilt, wenn das Leistungsvermögen des Betroffenen weniger als drei Stunden Arbeit pro Tag beträgt. „Trotz des Hereinwachsens der geburtenstarken Jahrgänge ins Hauptrisikoalter für Erwerbsminderung ist die Zahl der Neufälle rückläufig", so das Arbeitsministerium.

Psychische Störungen seien seit Jahren „führende Bewilligungsdiagnosen" für eine Erwerbsminderungsrente. Der Bundesregierung verweist allerdings auf Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts, wonach psychische Erkrankungen nicht häufiger geworden seien. Jedoch hätten die diagnostizierten und behandelten Fälle psychischer Erkrankungen in Deutschland sei Jahren kontinuierlich zugenommen. Es gebe auch ein verändertes „Hilfesucheverhalten". Ärztliche und psychotherapeutische Leistungsangebote würden frühzeitiger in Anspruch genommen.

"Ständige Erreichbarkeit, unbezahlte Überstunden"

Der AfD-Sozialpolitiker René Springer sagte, psychische Erkrankungen seien mittlerweile Hauptursache für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben. „Die Veränderungen in der modernen Arbeitswelt werden diese Entwicklung vermutlich noch deutlich verschärfen", so der Bundestagsabgeordnete. „Die Bundesregierung darf nicht weiter tatenlos zuzusehen, wie Beschäftigte durch unzumutbare Arbeitsbedingungen wie ständige Erreichbarkeit, unbezahlte Überstunden und übermäßige Kontrolle einem hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind."