
Bielefeld. Wem das Wetter dieser Tage noch nicht hitzig genug ist, der sollte dringend bei Twitter vorbeischauen. Genauer gesagt auf dem Profil von Jörg Kachelmann. Denn dort wütet Jahr für Jahr ein Sommersturm, der seinesgleichen sucht.
Das Prinzip Kachelmann funkioniert ungefähr so: Twitter-Nutzer schreiben irgendwas zum Wetter, Kachelmann beleidigt sie - und fügt irgendwas mit „gemeingefährlich" oder „töten" an. Das Thema variiert Jahr für Jahr, sorgt aber stets für ausreichend Gesprächsstoff - und noch dazu für einen kleinen Werbe-Boost für Kachelmanns eigene Wetter-Plattform.
Geschlossene Fenster töten
In diesem Sommer hat sich der ehemalige ARD-Wettermann auf die Legende vom „geschlossenen Fenster" eingeschossen. Ein Hitze-Tipp, der tatsächlich umstritten ist: Auch das DRK in Löhne hatte kürzlich darüber informiert und mit seinem Tweet einen Viral-Hit gelandet. Denn: Geschlossene Fenster bei Hitze seien eher schädlich als nützlich. „Ist es in der Wohnung nicht auszuhalten: Alle Fenster auf und Ventilatoren an", schrieb das DRK. Durchzug sei nicht schädlich, das glaubten „nur Deutsche".
Deutlich brachialer geht nun aber Jörg Kachelmann das Thema an. Er beschuldigt auf Twitter alle Enkel, Medien oder Institutionen der fahrlässigen Tötung, weil sie unbeholfenen Senioren immer noch den Quatsch vom geschlossenen Fenster erzählten.
So bekam beispielsweise am Donnerstag die Stadt Bochum ihr Fett weg: „Auch @bochum_de versucht seine alte Menschen an Tagen wie diesen systematisch über den Jordan zu bringen", twitterte Kachelmann. Gerichtet an den TV-Sender Sat.1 und dessen Hitzetipps schrieb er: „Wenn das grosse zynische Dumm das Sagen hat, sterben die Menschen." Und an das Umweltministerium: „Wieder perverse aktive Sterbehilfe für alte Menschen, die tagsüber zuhause bleiben. Bösartig und verantwortungslos."
Und dann noch ein Rundumschlag: „Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass viele Behörden, Betreuer und Medien durch die bösartigen Tipps, bei Hitze die Fenster zu schliessen, alte Menschen systematisch umbringen oder in Lebensgefahr bringen. Ist nur wegen kollektriver Verdeppung fast allen wurscht."
"Jörg Kachelmann, bitte erniedrige mich"
Bereits in den vergangenen Jahren hatte der Meteorologe immer wieder Medien attackiert. 2018 beispielsweise bezeichnete er die Unwetter-Berichterstattung diverser Zeitungen (Disclaimer: auch die von nw.de) als gemeingefährlich und bezichtige Medienvertreter der „Lüge". Im vergangenen Jahr echauffierte sich der Meteorologe zudem wochenlang darüber, dass Hitze nicht das selbe sei wie Dürre.
Auf Twitter hat Kachelmanns Pöbelei inzwischen einen echten Fanclub. „Jörg Kachelmann, bitte erniedrige mich", schreibt beispielsweise ein Nutzer ironisch. „Ich glaube, Kachelmann will einfach gerne der Klaus Kinski der Meteorologie sein", schreibt eine andere.
@Robin_Urban vermutet: „Wenn du dich dreimal über die Hitze beschwerst, erscheint ein kleiner Kachelmann und brüllt dich an, dass Hitze nichts mit Hitze zu tun hat." @Creamspeak stichelt: „Hat dem Kachelmann mal jemand gesagt, dass es seit knapp 500 Jahren ein Thermometer gibt und man keinen Menschen mehr braucht, der einem das abliest - ich glaub, er hat sich da in etwas verrannt."
Bitte aufhören
Ob übrigens tatsächlich massenhaft Menschen wegen geschlossener Fenster sterben, ist bislang weder erforscht noch erwiesen. Genauso wenig übrigens wie die Wirkung von probiotischen Drinks. Für die hatte der Wettermann nämlich jahrelang geworben, wie @DerGazetteur anmerkt:
Gänzlich unerforscht ist derweil, was Kachelmanns tägliche Wutanfälle für das Klima bedeuten. Die Vermutung liegt aber nahe, dass erhitzte Gemüter wie seines nicht unerheblich zur Erderwärmung beitragen. Und bis das jemand abschließend erforscht hat, kann man nur raten: aufhören! Alles andere wäre tödlich.