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Das Ausbruchsabenteuer "A Way Out" im Test: Der Spiel-Film

Der Gefängnisausbruch zu zweit macht Spaß, aber zu wenig aus seiner selbst gewählten Idee

Nur mit guter Teamarbeit können wir Leo und Vincent zur Flucht aus dem Gefängnis verhelfen. | © EA

Björn Vahle
27.03.2018 | 04.09.2019, 11:54
Die ungleichen Knackis mit erkennbar italo-amerikanischem Zungenschlag: Leo (l.) und Vincent. - © EA
Die ungleichen Knackis mit erkennbar italo-amerikanischem Zungenschlag: Leo (l.) und Vincent. | © EA

Der Trend zum Koop, also dem gemeinsamen Spielen von darauf ausgelegten Games, war bisher in etwa so nötig wie 3D im Kino: Alles ganz hübsch, aber häufig wenig durchdacht. "A Way Out" soll sich da abheben, eine erwachsene Geschichte erzählen und gleichzeitig echtes Spiel sein. So viel sei verraten: Es schafft nur eines in ernstzunehmender Weise.

Denn machen wir uns nichts vor: Die Geschichte der Koop-Spiele handelt noch viel zu oft von viel zu langweiligen Quicktime-Events, anspruchslosem Tastengehämmere und frustigem Neustarten. Hoffnung macht uns vor dem ersten Spielstart von "A Way Out", dass die Entwickler vor Release stets betonten, das Spiel über einen Gefängnisausbruch und seine Folgen sei auf eine konsequente Koop-Erfahrung ausgelegt.

Und zumindest diese Behauptung löst das Spiel unmittelbar ein. Denn "A Way Out" lässt sich nur zu zweit spielen, im Splitscreen auf der Couch oder online. Zu Beginn wählt jeder Spieler eine der zwei Charaktere,  von denen einer - Leo, Typ unsicheres Großmaul - schon im Knast sitzt, der andere - Vincent, Typ Gescheiterter - fährt in der Eröffnungssequenz gerade ein.

Motiv Rache - und trotzdem spannend

Cool: Im Splitscreen erhaschen wir immer wieder Blicke auf das, was unserer Mitspieler sieht. Die wichtigere der Sequenzen zieht das Spiel automatisch größer. - © EA
Cool: Im Splitscreen erhaschen wir immer wieder Blicke auf das, was unserer Mitspieler sieht. Die wichtigere der Sequenzen zieht das Spiel automatisch größer. | © EA

Als sie sich näher kennenlernen, wird klar: Die beiden haben einen gemeinsamen Feind. Der sitzt in Freiheit und hat a) Leo um einen fetten Diamanten betrogen und ist b) auch der Grund für Vincents Knastaufenthalt. Damit haben die beiden ungleichen Knackis noch einen weiteren Grund, einen "Way Out" zu finden: Rache.

Zugegeben, das ist wenig innovativ. Aber "A Way Out" macht viel aus der Prämisse, gewährt Einblicke in die verkorksten Leben von Leo und Vincent, Leben in den Trailerparks und Vorstädten der USA Ende der 70er-Jahre, und das alles in einem Tempo, das actionverwöhnte Spieler durchaus unterfordern kann. "A Way Out" nimmt sich Zeit für Zwischentöne, für Nuancen, auch für die Tatsache, dass Verbrecher hinter Gittern nicht aufhören Menschen zu sein - zumindest, wenn sie es vorher noch waren.

Soll heißen: "A Way Out" ist was für Cineasten, für Leute, die auch mal auf Designmacken pfeifen können, wenn am Ende die Inszenierung Laune macht. Aber damit sind wir beim größten Problem: Es ist eher ein Erlebnis für Filmfans. Auch für Fans guter Filmmusik übrigens, der Soundtrack ist perfekt gewählt. Aber allzuviel Spiel steckt eben nicht drin.

Spaß zu zweit? Nur manchmal

So actionreich wie in solchen Sequenzen wird es im Spiel nur selten. - © EA
So actionreich wie in solchen Sequenzen wird es im Spiel nur selten. | © EA

Viel mehr als in relativ kleinen Levels im Gefängnis, dem Umland und der sonstigen Spielwelt umherzulaufen, gut geschriebene Gespräche zu führen und hier und da gemeinsam auf die gleichen Knöpfe zu drücken, müssen Spieler nicht tun. Die Erwartung, die Koop-Erfahrung in Spielen auf ein neues Level zu heben, kann das Spiel nicht erfüllen. Auch wenn wir einen cooleren Splitscreen-Modus noch nicht gesehen haben.

Immerhin machen einige Ideen der Entwickler wirklich Spaß. Wenn wir uns Rücken an Rücken einen Schacht hinaufbewegen müssen und das Timing dabei nach anfänglichen Schwierigkeiten immer besser wird. Oder wenn wir auf der Flucht in einem morschen Boot unsere Ruderschläge koordinieren müssen, um nicht als Fettfleck an einem Felsen zu enden. Dann macht "A Way Out", was es verspricht: Spaß zu zweit.

Noch cooler: In einer Sequenz schleichen wir mit Leo durch die Krankenstation auf der Suche nach einem Schraubenzieher, der bei der Flucht helfen soll. Der ans Bett gefesselte Vincent muss seine Ablenkungsmanöver so abpassen, dass die Wachen Leo übersehen, und zum Schluss die gutgläubige Schwester in ein Gespräch verwickeln, während Leo wieder zur Tür hereinschlüpft. Puh. Abklatschen mit dem Mitspieler vor dem Bildschirm. Sauber!

Fazit

Trotz solcher Schauwerte fällt die Grafik durch verwaschene Texturen und ausdrucksschwache Gesichtsanimationen negativ auf. - © EA
Trotz solcher Schauwerte fällt die Grafik durch verwaschene Texturen und ausdrucksschwache Gesichtsanimationen negativ auf. | © EA

Momente wie der zuletzt beschriebene machen den Reiz von Koop-Spielen aus. Und von ihnen bietet "A Way Out" einfach zu wenig, um als echter Top-Titel durchzugehen. Denn Leo und Vincent werden uns im Laufe der Story zwar immer sympathischer - aber zu selten deshalb, weil wir etwas mit ihnen geschafft haben, sondern durch die Art, wie sich die Geschichte auch ohne unser Zutun entwickelt. Da wäre mehr drin gewesen.

Die Geschichte, die uns gute sieben bis acht Stunden unterhält, kann die Versprechen der Entwickler nicht allein einhalten, ist aber der wichtigste Grund, das Spiel auszuprobieren. Denn wie schrieb mir mein Mitspieler Tage nach dem ersten etwas ernüchternden Anspielen: "Ich will ja schon wissen, wie es ausgeht."

"A Way Out" (englische Sprache, deutsche Untertitel) ist erhältlich für Playstation 4 und Xbox One (ca. 30 Euro).