Games & Netzwelt

Spiele-Ruhmeshalle: Darum war "Silver" so großartig
Björn Vahle
03.07.2016 | 21.03.2019, 15:01

Wir lieben Spiele. Und das nicht erst seit gestern. In unregelmäßigen Abständen erinnern wir uns also nostalgisch verklärend an Games, die wir vor ewigen Zeiten gespielt haben und die uns bis heute im Gedächtnis geblieben sind. Die Kriterien sind dabei subjektiv: eine schlaue Spielmechanik, eine packende Story, etwas, das Spiele für immer verändert hat - all das können Gründe für die Aufnahme in die (nicht repräsentative) Hall of Fame sein.

Ihr wollt, dass wir uns für euch an ein Spiel erinnern? Schreibt uns per Mail an digitalredaktion@nw.de oder kommentiert unter dem Artikel. Vorschläge sind immer willkommen!

Es gibt Spiele, die gerne die ganz großen philosophischen Fragen nach Leben und Tod, Krieg und Frieden und den Ursprung des Universums ergründen wollen. Die viel mehr sein wollen, als sie sind. So ein Spiel war Silver nicht. Und es gibt Spiele, in denen eine "große Frage des Lebens" ein Questobjekt ist, das einem Mönch übergeben wird und damit seinen Zweck erfüllt hat. So ein Spiel war Silver.

In dem spielerisch recht simplen Hack-n-Slay-Abenteuer von 1999 begegnen dem Spieler mehr Selbstironie und liebevolle Erzählkunst als in so manchem - Achtung, Sakrileg! - Monkey-Island-Adventure. Die will aber stets nur eins, nämlich eine simple Geschichte vom Kampf "Gut gegen Böse" erzählen. Die Emotionalität überlässt das Spiel ganz dem Spieler. Und erklärt ihm nicht ständig, wie er das Erlebte zu finden hat.

Als guter Ritter David begeben wir uns auf die Suche nach unserer vom bösen Magier Silver entführten Freundin Jennifer. Dabei scharen wir nach und nach die (guten) Rebellen und Kampfgefährten um uns, die uns auf dem einzigen Weg, den (bösen) Herrscher zu besiegen, im Kampf unterstützen. Der ist nur durch die Zauberkraft von acht magischen Kugeln zu besiegen. Die müssen wir sammeln. Das ist auch schon alles.

Alles andere, was Silver ausmacht, tragen die knapp 200 bildschönen Render-Hintergründe und die klasse geschriebenen, teilweise von prominenten Synchronsprechern gesprochenen Dialoge bei. Die sind teilweise so überspitzt pathetisch, dass sie kaum ernstzunehmen sind - und dokumentieren im Rückblick auch, wie sehr das Erzählen in Computerspielen damals noch mit dem richtigen Ton experimentierte.

Das Schöne: Im Rahmen der Geschichte funktioniert diese überdrehte Erzählweise völlig. Denn auch die Schauplätze sind quasi sprechend benamt. In der Mittelalterstadt "Rain" regnet's, im sicheren "Haven" liegt das Rebellenlager und der Kerker heißt "Chains". Die Storywendungen kommen ähnlich "subtil" daher, geben uns aber jederzeit das Gefühl von Fortschritt und dass unsere Taten einen Einfluss auf die Spielwelt haben, auch wenn das Story-Korsett eng geschnürt ist.

Trailer zum Spiel von 1999:

Vor all diesen Schauplätzen kämpfen wir uns mit Schwert, Bogen und später den durch die Kugeln erlernten Zauber immer weiter. Besiegte Zwischenbosse versorgen uns mit neuen Waffen und Zaubern. Denn Bosse waren damals unverzichtbarer Bestandteil vieler Spiele. Und manche von diesen Endgegnern haben Silver-Spielern schlaflose Nächte bereitet.

Neben dem Drachen, der mit einem einzigen Eishagel den Bosskampf sofort entscheiden konnte, hat vor allem Silvers Sohn Fuge mit seinen Doppelschwertern und der Immunität gegen Magie, den wir obendrein allein bekämpfen, für "Neu-Laden"-Orgien gesorgt. Dass wir seine Waffen nach dem Sieg selbst ausrüsten dürfen, ist eines der größten Erlebnisse von Genugtuung im Leben vieler Spieler, meines eingeschlossen.

Information
Darum war es großartig:
  • Pixelige 2D-Charaktere vor wunderschönen 3D-Hintergründen

  • motivierende Jagd nach magischen Kugeln

  • herrlich altmodische Geschichte von Gut gegen Böse

  • Selbstironische Erzählweise

  • Fuge!

Um es kurz zu machen: So richtig neu oder vollkommen anders hat Silver eigentlich nichts gemacht. Es hat nur verstanden, was ein gutes Spiel ausmacht. Dass es eben nicht nur die Fragen nach dem Leben, dem Universum und allem (die ja sowieso kein Spiel beantwortet) sind, die den Spieler bewegen. Sondern manchmal auch die kleinen Konflikte, die jeder versteht. Und sie deshalb umso mehr an sich heranlässt.

So schafft man Erinnerungswert und sorgt dafür, dass ein auf die 30 zugehendes "Manchild" wie ich sich immer noch über eine 17 Jahre alte Pixel-Grafik freut. So ein Spiel war Silver.