Meinung

KI auf dem Vormarsch: Dieser Umbruch stellt mehr infrage als nur unsere Jobs

Das Zeitalter Künstlicher Intelligenz bietet schier grenzenloses Potenzial. Brauchen wir uns selbst künftig noch am Arbeitsmarkt?

Die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz fordert unser Verständnis von Arbeit und Gesellschaft heraus. | © Oliver Berg/dpa

Martin Fröhlich
28.08.2025 | 28.08.2025, 11:52

Brauchen wir uns noch? Ja, Sie haben richtig gelesen: Die Frage lautet, ob wir uns künftig noch selbst brauchen – bei der Arbeit. Oder wird alles von Künstlicher Intelligenz, der KI, erledigt?

Anfangs haben wir gestaunt über das, was KI kann. Der Bewunderung folgt die Analyse, der Analyse nun die Sorge. Die dramatisch schnellen Entwicklungssprünge lassen erahnen, dass es kaum Grenzen geben wird. Der moderne Mensch – also wir – begreift allmählich, dass er ersetzt werden könnte. Nicht als Mensch, sondern als Arbeitnehmer.

KI kombiniert mit Robotik, die ähnlich rasante Fortschritte macht, eröffnet ein Potenzial, das nur kühne Vordenker bereits voll erkennen können. Wir sprechen längst nicht mehr nur über einfache Verfahren wie Textoptimierung oder Marketingkonzepte. Wir reden von Pflegerobotern, autonomen Fahrzeugen, rein virtuellen Moderatoren und persönlichen KI-Assistenten, die Urlaube planen, eine Wohnung suchen und Finanzgeschäfte für uns erledigen.

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Technischer Fortschritt hat den Menschen in der Geschichte mehrfach ersetzt

Der Blick in die Geschichte zeigt, dass mehrfach technischer Fortschritt den Menschen in bestimmten Bereichen ersetzt hat. Industrielle Revolution nennt man das. Davon gab es je nach Lesart bereits vier oder fünf. Zu dauerhafter Massenarbeitslosigkeit haben sie allerdings nie geführt. Auf den Fortschritt und das Verdrängen der menschlichen Arbeitskraft folgte immer die Entstehung neuer Wirtschaftsfelder, in denen wieder besser qualifizierte Arbeitskräfte gebraucht wurden. Wenn aber KI und Robotik keine Grenzen kennen, werden die neu entstehenden Wirtschaftsfelder bereits von ihnen besetzt sein, ehe der Mensch qualifiziert genug wäre.

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Es geht hier um viel, unermesslich viel: Auf dem Zur-Arbeit-Gehen-und-Geldverdienen fußt nicht weniger als nahezu das gesamte Prinzip unseres Wirtschafts-, Finanz- und Gesellschaftssystems. Steht all das jetzt infrage? Falls ja, steuern wir auf den tiefgreifendsten Wandel seit Jahrhunderten zu. Könnte man diesen stoppen? Noch einmal der Blick in die Geschichte: Breiter technischer Fortschritt hat sich nie wirklich aufhalten lassen. Zu groß sind die Vorteile, zu verlockend die Gewinne. Doch er muss gelenkt werden, diesmal mehr denn je. Tun kann das nur Politik.

Dann müssten wir unser gesamtes Gesellschaftssystem verändern

Es steht allerdings zu befürchten, dass ähnlich wie wir im Alltag auch die Politiker noch nicht auf diesen Umbruch vorbereitet sind. Gerade in den aktuellen Debatten um Bürgergeld, Sozialstaat und Zuwanderung wird gern auf vakante Arbeitsplätze und den Fachkräftemangel verwiesen. Die Halbwertzeit dieser Argumente schrumpft mit jedem KI-Entwicklungssprung.

Die Sorge vieler um ihren Arbeitsplatz angesichts der KI-Revolution ist berechtigt. Panik hilft nicht weiter, Ignoranz auch nicht. Einzig eine schonungslos offene Analyse ohne Denkverbote kann Wege in die Zukunft aufzeigen. Wir müssen jetzt damit beginnen. Entweder finden wir einen Weg, Arbeitsplätze zum festen Bestandteil des KI-Zeitalters zu machen, oder wir müssen unser Gesellschaftssystem so verändern, dass es ohne das Grundprinzip des Arbeitnehmers auskommt.