Von Kelten, Mönchen und industriellem Aufschwung: Ein Warburger Ort erzählt seine Geschichte

Warburg-Scherfede. Die Warburger Ortschaft Scherfede ist nicht zu groß und nicht zu klein, hat einiges zu bieten und bleibt trotzdem ein Dorf. Über die frühgeschichtliche Entwicklung des Raumes, der Christianisierung zur Karolingerzeit, dem beschaulichen Leben im Klosterdorf bis zum Wirtschaftswunder im vorletzten Jahrhundert: Die Scherfederinnen und Scherfeder feiern 1.200 Jahre unter dem Slogan &bdquo;Ein Dorf mit Geschichte(n)“. Immer wieder hielt der Lauf der Geschichte für Bevölkerung und Gesellschaft einschneidende Veränderungen bereit. Wohl aus dem keltischen Wort &bdquo;scarv, der Keil“, sei der Name Scherfede entstanden, erklärt sich manch Heimatforscher den Ursprung. Und leitet ihn aus der damaligen Landschaftsform ab. Noch heute könne man diesen Keil in der Kreuzung der Bundesstraßen 7 und 68 entdecken, heißt es. Bevor sich erste Straßen entwickelten, bildeten sie einst die Grenzen zwischen Gutsherrn-Feldern. Eine erste urkundliche Erwähnung fand der Flecken bereits im Frühmittelalter. In einer Auflistung der Besitzvermerke des Klosters Corvey. Dort wird der Ort &bdquo;scerua“ genannt. Vor 1.200 Jahren. In der Zeit des ersten Abtes der karolingischen Klostergründung der Benediktiner westlich der Weser. Heute ist Abt Adalhards (752-826) Besitz mit gut 2.900 Einwohnerinnen und Einwohnern der größte Stadtteil Warburgs. Ein sächsischer Höriger namens Heio ist der erste namentlich bekannte Einwohner der Ortschaft. 1695 errichtet Abt Overgaer in Scherfede eine Zehntscheune Der Glaube prägte das Dorf: Der klösterliche Grundbesitz war so groß, dass die Mönche ein eigenes Rentamt einrichteten. 1140 begann mit der Ankunft der Zisterziensermönche im benachbarten &bdquo;Herswithehusen“, dem heutigen Hardehausen, eine neue Ära: Die Mönche waren in der Region recht rege, vermehrten ihren Besitz durch Kauf- und Tauschgeschäfte. Anfang des 15. Jahrhunderts besaßen sie in der Umgebung alle Güter und Rechte. Die Abgabe des Zehnten wurde zunächst am &bdquo;Mönchehof“ im Scherfeder Ortskern entrichtet. Ende des 17. Jahrhunderts fuhren die Gespanne dann vor der 1695 unter Abt Overgaer errichteten Zehntscheune vor. &bdquo;Unter dem Krummstab ist gut wohnen“, die Redensart kommt nicht von ungefähr. Denn das Leben im Schatten des Zisterzienserklosters war damals im Gegensatz zu weltlichem Herrschaftsbesitz ausgesprochen entgegenkommend. Ab 1435 übte der Abt als Gebieter in den Klosterdörfern Grundherrschaft und Gerichtsbarkeit aus. Eine Abhängigkeit, von der Scherfede in kriegerischen Zeiten durchaus profitierte. Der Grenzort zwischen dem Fürstbistum Paderborn und der Grafschaft Waldeck war im Mittelalter schwer umkämpft. Noch mehr aber litt der Ort unter den Landsknechten im Dreißigjährigen Krieg. 1642 und 1643 wurden gut drei Viertel der Häuser gebrandschatzt und zerstört, knapp 70 Prozent der Bewohner ließen ihr Leben. Der Auftakt des Dorfjubiläums: Familienfest des Kreises Höxter steht im Zeichen der Integration Die Scherfeder erleben tiefgreifende Umbrüche Das 19. und 20. Jahrhundert brachten auch für die Warburger Ortschaft einschneidende Veränderungen mit sich. Mit dem Ende des Fürstbistums Paderborn im Jahr 1802 und der Aufhebung des Klosters Hardehausen ein Jahr später standen für die Einwohnerinnen und Einwohner tiefgreifende Umbrüche an. Die Chronik des Dorfes nennt den protestantischen Preußenkönig als Landesherr und den preußischen Staat als Grund- und Gerichtsherr. Der Graben zwischen denjenigen, die Landflächen ihr eigen nannten und Landbesitzlosen wuchs und barg manch Konflikt in sich. Wilddieberei und Holzdiebstahl waren unter anderem die Folge. Mit einer ersten Flurbereinigung war 1861 in Scherfede ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg in eine privatisierte Landwirtschaft getan. Preußischer Untertan zu sein, daran hatte man sich mit der Zeit gewöhnt. Auch interessant: Denkmalschutz für zwei historische Fabrikantenvillen in Warburg Mit der Wollfabrik wächst Scherfede Dann kam das Scherfeder Wirtschaftswunder: Im Zuge der Industrialisierung wandelte sich auch das bäuerlich geprägte Dorf. Produkten-Händler Elias Rosskam aus Ossendorf hatte zusammen mit dem Scherfeder Lehrer Friedrich Böhlen 1863 eine Fabrik zur Herstellung von Kunstwolle aus Abfallprodukten errichtet. Die Fabrik nutzte dafür die Wasserkraft der Diemel. Die Eröffnung der Eisenbahn-Strecken Bestwig-Warburg und Scherfede-Holzminden in der Ortschaft brachte 1876 für die &bdquo;Wollfabrik Böhlen und Rosskam“ mit dem Anschluss an das Ruhrtal einen großen Aufschwung. Um die Jahrhundertwende beschäftigte der Betrieb bis zu 250 Menschen. Mit der Wirtschaft wuchs auch die Einwohnerzahl: Im Jahr 1905 zählte man 1.890 Bürgerinnen und Bürger. Auch von den Erfolgen der Nationalsozialisten und Hitlers Wehrmacht bis zur Wende im Zweiten Weltkrieg sei man in Scherfede nicht unbeeindruckt geblieben, hatte einst der ehemalige Ortsheimatpfleger Manfred Bunse festgehalten. Am Karfreitag des Jahres 1945 rückten amerikanische Panzereinheiten ins Dorf vor. Später erwies sich infolge der Kriegswirren, von Flucht und Vertreibung, die Nachkriegszeit anfänglich als schwierig. Erst am 17. Dezember 1945 fand eine erste Sitzung des Gemeinderates statt. Doch sollte es mit einem echten politischen Neuanfang nicht lange dauern. Die positive Entwicklung setzte sich dann im Ort auch wirtschaftlich fort. Scherfede wurde zu einem industriellen Schwerpunkt im neugegründeten Amt Warburger Land. Seit der kommunalen Neuordnung 1975 gehört Scherfede zur Hansestadt Warburg. Lesen Sie auch: Neuer Dorftreff in Warburger Ortsteil macht Beteiligten und Besuchern mächtig Spaß Familien finden im Warburger Stadtteil alles, was sie brauchen Bezirksverwaltungsstellenleiter Johannes Thonemann sieht das Dorf heute gut aufgestellt. &bdquo;Junge Familien finden bei uns alles, was sie brauchen“, blickt er auf Familienzentrum, Grundschule und die Zukunft. Für die Begegnung sorge der neu eröffnete Dorftreff im Ortskern und für das Alter baue die Pfarrgemeinde neu: ein modernes Seniorenzentrum in Nachbarschaft zur denkmalgeschützten Zehntscheune. Und mit seinen zahlreichen mittelständischen Betrieben und dem ansässigen Gewerbe sei der Ort auch wirtschaftlich zukunftsfit.

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