Geschichte in Beverungen: Warum musste Theodor Roeingh sterben?

Beverungen. Während ein Roman die Fragen, die er aufwirft, zu beantworten hat, bleibt die Geschichtsschreibung sie manchmal schuldig. Und so können auch die Autoren von &bdquo;Lebenswege unterm Hakenkreuz, Nationalsozialismus im Weserbergland – Täter, Opfer, Gegner“ nur mutmaßen, wie ein Beverunger, den sein fester Glaube an Gott und seine christlichen Werte auch während des Nationalsozialismus nicht verließen, starb. Und vor allem: warum. Auch diejenigen, die sich mit Heimatgeschichte nicht so auskennen, sind vielleicht schon einmal über seinen Namen gestolpert: Theodor Roeingh. Nach dem Lokalpolitiker ist eine Straße in der Weserstadt benannt. 1944 bei der &bdquo;Aktion Gewitter“ verhaftet, starb er mutmaßlich im darauffolgenden Jahr. Entweder im Konzentrationslager Bergen-Belsen, wie ein Mithäftling schilderte. Möglich wäre aber auch, dass er starb, nachdem das Lager Sachsenhausen geräumt wurde und die Häftlinge auf einen Marsch gezwungen wurden. Die Autoren Wolfgang Schäfer, Hans-Jörg Langer und Christoph Reichardt können das am Ende nicht auflösen. Als Politiker des Zentrums im preußischen Landtag aktiv Am 11. November 1882 kommt Theodor Roeingh zur Welt. Julius und Maria Roeingh hatten ihn offenbar nach seinem Großvater, dem ersten Ehrenbürger Beverungens, benannt. Wie den Opa zieht es auch den Enkel in die Politik. Nachdem er die Reifeprüfung abgelegt, eine landwirtschaftliche Lehre abgeschlossen, studiert und Wehrdienst im Ersten Weltkrieg abgeleistet hat, beginnt Theodor Roeingh 1919 seine politische Karriere in der Zentrumspartei, die vorherrschende christlich-konservative Kraft im Kreis Höxter. Noch im selben Jahr wird er Stadtverordneter, sitzt der Stadtverordnetenversammlung sogar vor, wird Sachverständiger im Kreistag, zwei Jahre später bescheren ihm Neuwahlen sogar einen Sitz in dem Gremium mit Sitz in Brakel. Lesen Sie auch: Geschichte in Beverungen: Der Tag, als Ludwig Decker starb Roeingh kennt sich nicht nur durch seine Ausbildung mit der Landwirtschaft aus. Zwischenzeitlich führte er auch den elterlichen Hof. 1924 rückt er als Zentrumspolitiker in den preußischen Landtag ein, wo er ein Jahr später dem Landwirtschaftsausschuss vorsaß. Von 1930 bis 1932 leitet er als Ministerialdirektor dort verschiedene Abteilungen. Nach politischer Karriere: Roeinghs zurück in Beverungen Die Autoren zitieren Roeinghs Sohn. Demnach soll er als Direktor &bdquo;eine ausgesprochen national-konservative Linie“ vertreten haben und auch mitunter gegen die Parteimehrheit gestimmt haben. 1932 wird er entlassen. Für einige wenige Tage im März 1933 darf sich Roeingh dann Mitglied des Deutschen Reichstags nennen. Dann kommt Hitler an die Macht. Roeingh kehrt zurück nach Ostwestfalen, nicht in seine Heimatstadt Beverungen, denn der Hof ist verpachtet, sondern nach Paderborn, wo er durch Handel den Lebensunterhalt bestreitet. Erst neun Jahre später zieht er wieder an die Weser. In Beverungen kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit dem NSDAP-Ortsgruppenleiter Emil von der Beeck. Roeingh und van der Beeck kannten sich noch aus dem Stadtrat, waren zudem beide leidenschaftliche Jäger. Möglicherweise trug van der Beeck Roeingh etwas nach oder sah den ehemaligen Ratskollegen als Konkurrenz. Und es gab wohl noch weitere Neider. Festnahme und Inhaftierung in Bielefeld Jedenfalls wundert es, dass bei der &bdquo;Aktion Gewitter“, bei der die Gestapo 1944 reihenweise Funktionäre und Mandatsträger der Parteien der Weimarer Republik verhaftete, neben dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden Johannes Diedrich in Beverungen einzig Theodor Roeingh belangt wurde. Passend dazu: Filmdokumentation zeigt Westfalen &bdquo;Unterm Hakenkreuz“ Eine offizielle Erklärung Roeingh oder seiner Familie gegenüber gab es nie. Eine Handvoll Briefe des Inhaftierten, die wohl über Schmuggelwege Frau und Kinder erreichten, sind erhalten. Aus dem Gestapo-Gefängnis in Bielefeld spricht er der Familie Mut zu. &bdquo;Ich bin mir keinerlei Schuld gegen Staat, Gesetz und Volk bewußt. Dann muß das Recht doch auf Dauer siegen! Ich habe Gottvertrauen, auch das wird uns helfen und muß uns trösten.“ Aus einem Brief geht hervor, dass er im Oktober 1944 nach Sachsenhausen hätte gebracht werden sollen. Doch weiter als Hannover ging es nicht. Sachsenhausen sei überfüllt gewesen. Im Januar 1945 ist das anders. Ein letzter Brief von Roeingh an die Familie Fast genau vor 80 Jahren beteuert er seiner Familie gegenüber in einem letzten Brief sein reines Gewissen. &bdquo;Ich nehme an, daß ich von irgendeiner Seite verdächtigt bin, reaktionär zu sein! Ich habe aber ein felsenfestes Gottvertrauen!“ Auch interessant: Recherche und Archiv: Bürger schreiben Beverungens Geschichte Theodor Roeingh sollte nie zurückkehren. Und hat vielleicht auch nie erfahren, warum er inhaftiert wurde. Die Geschichte Theodor Roeinghs ist nur eine von zahlreichen Biografien aus der Region, die die Autoren in &bdquo;Leben unterm Hakenkreuz“ zusammengetragen haben. Das Buch ist erschienen im Verlag Jörg Mitzkat, Holzminden. ISBN: 978-3-95954-166-4

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