Familie

Wie gehen Kitas in OWL mit dem Thema Wickeln durch Männer um?

Es ist ein sensibles Thema, viele Träger bemühen sich früh um Kommunikation klarer Richtlinien, damit es gar nicht erst zu Konflikten kommt. Wenn doch, unterscheiden sich die Reaktionen aber durchaus

Erzieher sollen in Kitas dieselben Aufgaben wahrnehmen, unabhängig vom Geschlecht. Darin sind sich auf die Träger in OWL einig. | © picture alliance / dpa

Björn Vahle
24.03.2019 | 22.10.2019, 12:53

Ein Erzieher in einer Kita im Kreis Paderborn berichtet, wie Eltern erwirkten, dass er ihre zweijährige Tochter nicht mehr wickeln durfte. Wie verfahren andere Kitas in OWL? Gibt es Wickelverbote? Wir haben einige der größten Träger der Region gefragt.

Für die 42 von der Stadt Bielefeld getragenen Kitas (700 Mitarbeiter, 31 männlich) gilt das sperrig betitelte "Rahmenkonzept für Sexualpädagogik und den Umgang mit Körperlichkeit in städtischen Kitas". Das hat die Stadt 2015 zusammen mit Eltern, Erziehern, der Beratungsstelle Pro Familia und der Sexualpräventionsstelle "Eigensinn" entwickelt.

"Es gehört zu den Aufgaben aller, das Wickeln der Kinder zu übernehmen"

Es gilt als Basis, die für Mitarbeiter, aber auch für Eltern verpflichtend ist. Und es sagt eindeutig: "Es gehört zu den Aufgaben aller in der Gruppe Ihres Kindes beschäftigten Erzieherinnen und Erziehern, Kinderpflegerinnen und Kinderpflegern sowie Berufspraktikantinnen und Berufspraktikanten, das Wickeln der Kinder zu übernehmen."

Gibt es von Elternseite den Wunsch, dass Männer nicht wickeln sollen, was laut Sozialdezernent Ingo Nürnberger bisher nur selten vorgekommen ist, sucht zunächst die Kita-Leitung das Gespräch. Meist reiche dann der Hinweis darauf, dass Kinder sich die Erzieher aussuchen, von denen sie gewickelt werden. "Das hat bisher immer gut geklappt", sagt Dirk Wittler, Geschäftsbereichsleiter für die städtischen Kitas. "Und wenn Eltern partout darauf bestehen, dann müssen wir denen auch sagen, dass wir das gar nicht sicherstellen könnten, zum Beispiel, wenn Erzieher krank sind oder im Urlaub", sagt Wittler. Dann müssten sich Eltern im Härtefall eine andere Kita suchen.

"Männliche Erzieher sind sich ihrer Angreifbarkeit bewusst"

"Das Konzept ist deshalb öffentlich, damit man sich vorab informieren kann." Zu tatsächlichen Übergriffen oder Konsequenzen für männliche Erzieher ist es nach Auskunft Nürnbergers in seiner Amtszeit (seit Februar 2015) nicht gekommen. "In den letzten Jahren gab es einmal Anschuldigungen gegenüber Erziehern aus einer städtischen Kita. An diesen Anschuldigungen war aber zum Glück überhaupt nichts dran", heißt es dazu von Nürnberger. Er sagt auch: "Männliche Erzieher sind sich ihrer Angreifbarkeit bewusst." Eltern fänden es aber grundsätzlich "zunehmend gut", wenn Männer Erzieher seien.

Die Stadt Paderborn teilt auf Anfrage mit, von insgesamt 700 Erziehern an 34 städtischen Kitas seien 18 männlich (3,3 Prozent). Es gebe hier keine Anweisung eines Wickelverbots. Das ist wie in Bielefeld in einem Konzept festgehalten, das öffentlich einsehbar ist. Im Bezug auf das Wickeln wird hier gar nicht zwischen Männern und Frauen unterschieden. "Jeder Erzieher, ob männlich oder weiblich, darf wickeln", heißt es von der Stadt. Es seien außerdem keine Fälle bekannt, in denen sich Eltern gegen das Wickeln durch männliche Erzieher ausgesprochen haben.

"Es sind keine Abmahnungen oder Beschwerden bekannt"

Fälle, in denen männliche Erzieher Kitas wegen dieses Themas verlassen hätten, habe es ebenso wenig gegeben wie Fälle, in denen Erzieher wegen sexuellen Missbrauchs aus dem Dienst genommen werden mussten, heißt es von der Stadt. "Wenn ein Elternteil Probleme oder Vorbehalte hätte, würde das zunächst bei der Kita-Leitung und dann beim Jugendamt gemeldet. Es sind jedoch keine Abmahnungen oder Beschwerden bekannt."

In den 118 Kitas, die die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Ostwestfalen-Lippe betreibt, liegt der Männeranteil bei rund fünf Prozent. Ein Verbot gibt es auch hier nicht. In den AWO-Kitas stehen nach Aussage von Sabine Schubert, stellvertretende Abteilungsleiterin für den Bereich Kindertagesstätten, die Kinderrechte im Vordergrund. Die Kleinen entscheiden also mit, welche Bezugsperson sie wickelt.

Die Fälle von Elternwünschen bezüglich des Wickelns oder Nichtwickelns durch Männer seien "sehr selten, weil wir mit Eltern im Vorfeld genau klären, dass die Kinder gewickelt werden, wenn sie zu der Person - Erzieher oder Erzieherin - ein Vertrauensverhältnis haben". Wenn es solch einen Fall gebe, wäre man hier zu einem bestimmten Grad kompromissbereit. "Wir würden nicht sagen, das gibt es bei uns partout nicht. Wenn Eltern da schlechte Erfahrungen mitbringen, würden wir natürlich darauf eingehen", sagt Schubert. Den Kindern seien männliche Erzieher aber immer sehr willkommen. "Sie empfinden das als absolute Bereicherung."

Seit sie 2004 in die Fachabteilung für Kitas gekommen sei, habe es nur zwei Fälle "ausgesprochener Verdachtsmomente" gegen männliche Erzieher gegeben, "die sich aber beide nicht bestätigt haben".

"Kinder lieben die wenigen Männer in den Kitas besonders"

Auch die Evangelische Kirche betreibt in Ostwestfalen-Lippe etliche Kitas, auch unter den 500 Mitarbeitern steigt langsam der Anteil von Männern. Ute Eberlein, Leiterin des Referats Tageseinrichtungen für Kinder beim Evangelischen Kirchenkreis Bielefeld, glaubt, dass es in der ganzen Gemengelage am hilfreichsten ist, als Kita selbst aktiv zu werden, die pädagogischen Konzepte und männlichen Erzieher vorzustellen, "zu sagen, dass Männer und Frauen in der Gruppe wickeln" und dadurch zu signalisieren, wir wissen um die Überlegungen der Eltern, auch wenn sie sie nicht direkt äußern.

Sie hat allerdings auch beobachtet, das Männer in Kitas lieber mit älteren Kindern arbeiten, "um dem aus dem Weg zu gehen. Dabei lieben die Kinder ja die wenigen Männer in der Kita besonders", sagt Eberlein lachend. Im Konfliktfall würde sie auch versuchen, den Eltern entgegenzukommen. Wenn die aber auf einem Verbot beharrten, "würde ich sagen, dann können wir Ihnen das nicht bieten".