Bielefeld. Der Bielefelder Möbeleinkaufsverbund VME sorgt sich um die Zukunft des insolventen Küchenherstellers Alno AG. „Wir gehören zu den größten Kunden von Alno", sagt der für den Einkauf zuständige VME-Geschäftsführer Jens Westerwelle. VME (Vereinigte Möbeleinkaufs-GmbH & Co. KG) sei nicht nur Abnehmer der Marke Alno, sondern auch von Sortimenten der ebenfalls insolventen Alno-Töchter Wellmann (Enger) und Pino. Gemeinsam mit der Musterhaus Küchen (MHK) Group, einem Einkaufsverband für Küchenfachgeschäfte, belaufen sich die Bestellungen bei der Alno-Gruppe jährlich auf „einen dreistelligen Millionenbetrag", sagt Westerwelle.
Auch VME hat von Alno unvollständige Küchen geliefert bekommen. Schon im Vorfeld des Insolvenzverfahrens hätten bei den Kommissionen Teile gefehlt. „Es ist schon erheblich, was uns noch fehlt", so Westerwelle. „Wenn der Endkunde auf seine Küche wartet, ist der nicht sehr erfreut." VME sei davon überproportional betroffen, gehöre aber nicht wie der Hausgerätehersteller Bauknecht zu den Gläubigern.
„Hastor-Vertreter quetschen den Küchenhersteller aus"
Der Manager bestätigt einen FAZ-Bericht, wonach die Whirlpool-Tochter Bauknecht schwere Vorwürfe gegen den Alno-Großaktionär Tahoe Investors (26 Prozent) erhebt, hinter der die reiche bosnische Unternehmerfamilie Hastor mit ihrem Autozulieferer Prevent steht. „Die Hastor-Vertreter kontrollieren im Aufsichtsrat die Mehrheit der Mandate auf der Kapitalseite – und quetschen den Pfullendorfer Küchenhersteller mit unlauteren Mitteln aus", beruft sich die FAZ auf ein Bauknecht-Schreiben an Aufsichtsräte, Vorstände und Insolvenzsachwalter von Alno.
Bauknecht, dessen Mutterkonzern Whirlpoool einst Alno-Großaktionär war, beklagt demnach wiederholt nicht eingehaltene Zahlungszusagen der Alno-Geschäftsleitung seit der Übernahme der Kontrolle durch Prevent. Gleichzeitig hätten Aufsichtsratsmitglieder den Vorstand angewiesen, „Anwaltskosten des Hauptgesellschafters (Tahoe/Anm. d. Red.) zu bezahlen und Zinszahlungen zu genehmigen", heißt es unter Berufung auf Dokumente des Küchengeräteherstellers, der zu den wichtigsten Lieferanten des Küchenherstellers gehört und sich mehrmals an Alno-Sanierungsmaßnahmen beteiligte.
Bauknecht wollte sich gegenüber der Neuen Westfälischen dazu nicht äußern: „Die Bauknecht Hausgeräte GmbH gibt grundsätzlich keine Kommentare zu deren Kunden und Geschäftspartnern und demnach auch nicht zur Alno AG ab", hieß es nur.
Machtkampf schwelt hinter den Kulissen
Laut Wirtschaftswoche wurde die Alno-Tochter Pino an eine Firma der Hastors verpfändet. Das gehe aus einem Mailverkehr hervor. Insidern zufolge seien auch die Küchentöchter Wellmann und Alno international an die Familie verpfändet worden. Zu letzterem zitierte das Magazin einen Hastor-Sprecher: Alno habe einer Gesellschaft der Hastors „marktübliche Sicherheiten für ausgezahlte Darlehen gewährt". Ein Alno-Sprecher sagte dieser Zeitung: „Zu Vertragsinshalten äußern wir uns nicht."
Hinter den Kulissen schwelt ein Machtkampf. Ex-Alno-Finanzchefin Ipek Demirtas, die 33 Prozent der Treuhandgesellschaft First Epa, der größten Gläubigerin der Alno-Tochter Pino hält, hat Forderungen in Millionenhöhe aufgekauft,
Ein Branchenkenner, der für Wellmann gute Sanierungschancen sieht, hat an der Zukunft des Alno-Sitzes Pfullendorf seine Zweifel. Zuständigkeiten werden am Stammsitz zentralisiert. Wellmann-Vorstand Andreas Sandmann hat sein Büro nun in Pfullendorf.
Westerwelle hofft auf eine Zukunft für die Alno-Gruppe. Die fehlenden Teile seien alle bestellt, verweist er auf Zusagen. 300 Millionen Holzteile könnten große Mitbewerber wie Nobilia, Nolte oder Häcker kaum zusätzlich fertigen. Die Zeit drängt. Bis Ende Oktober fließt noch Insolvenzgeld.
INFORMATION
Prevent streitet sich mit Ex-Gepade-Investor Solvesta
- Nur ein Vierteljahr nachdem Prevent den Delbrücker Polstermöbelhersteller Gepade übernommen hatte, musste das Unternehmen im November 2015 erneut Insolvenz anmelden und damit das endgültige Aus.
- Prevent hatte die Anteile vom vormaligen Gepade-Gesellschafter Solvesta gekauft. Der Münchener Investor hatte Gepade nach dessen erster Insolvenz nur rund 18 Monate geführt.
- „Da haben sich zwei Ganoven getroffen", sagt ein Insider. Solvesta kaufe insolvente Mittelständler auf und mache Mitarbeitern Hoffnung. Dann werde das Unternehmen an die Wand gefahren, um die Immobilien zu vermieten.
- Solvesta soll Gepade-Vertreter angewiesen haben, fiktive Aufträge zu schreiben, um dem Käufer Prevent schwarze Zahlen vorzutäuschen.
- Prevent verklagt Solvesta nun beim Landgericht Frankfurt wegen arglistiger Täuschung. Streitwert: 1,7 Millionen Euro.
- Solvesta fordert per Gegenklage Geld, weil Prevent vom Kauf zurücktrat.