
Von
Stefan Schelp
14.07.2017 | 14.07.2017, 12:02
Wirtschaft
Lucas Heumann, Hauptgeschäftsführer der Verbände der Holz- und Möbelindustrie, im Interview
Herr Heumann, die Möbelbranche liefert ein uneinheitliches Bild. Nobilia und Häcker expandieren kräftig, Alno muss Insolvenz anmelden. Was ist los?
Lucas Heumann: Die Küchenmöbelindustrie hat sich in den vergangenen zehn Jahren gut entwickelt. Wir haben in der Möbelbranche die höchste Exportquote von knapp 40 Prozent, in den anderen Bereichen liegt sie nur bei rund 20 Prozent.
Mit welchen Folgen?
Heumann: Die Exportmärkte wachsen schneller als das Geschäft in Deutschland. Hier in Deutschland ist wegen des hohen Pro-Kopf-Verbrauchs wenig Wachstum möglich, diese Möglichkeit gibt es nur im Ausland. Das führt zu einem sehr starken inländischen Wettbewerb mit einer großen Verdrängung. Weil es noch immer Überkapazitäten gibt, haben wir Gewinner und Verlierer.
Was machen die Gewinner besser?
Heumann: Die Grundvoraussetzung ist ein hohes Maß an Produktivität mit einem hohen technischen Standard. Ich vergleiche das mit dem Eiskunstlauf. Alle Welt schaut auf die Kür. Aber nur, wer nach der Pflicht vorn liegt, kann auch Weltmeister werden. Der technische Standard ist die Pflicht.
Ohne die Technik funktioniert ja auch der schnelle Programmwechsel und der Trend zu mehr Individualität nicht.
Heumann: Wichtig sind vor allem Service und Qualität. Die moderne Einbauküche ist ein kompliziertes Produkt mit einer hohen Reklamationsanfälligkeit. Daher muss die Küchenmöbelproduktion einen optimalen Service- und Qualitätsstandard bieten.
Das klingt aber nicht, als sei die gesamte Branche in Schwierigkeiten.
Heumann: Definitiv nicht. Wir haben 2016/2017 durchgehend eine sehr positive Entwicklung gehabt. Wir wachsen inzwischen auch in Staaten, in denen es ansonsten noch eine Kaufzurückhaltung gibt. Einen Knick hat es im vergangenen Halbjahr im Inland auf den Großflächen gegeben. Aber die Küche nimmt im Leben inzwischen immer größeren Raum ein. Früher war Küche nicht mehr als Kochen und Abwaschen. Inzwischen bedeutet Küche: Essen, Wohnen, den Abend verbringen.
Das ist ein gutes Signal. Auch für die Wellmann-Mitarbeiter, die nach der Alno-Insolvenz um ihren Job bangen?
Heumann: Ja. In der Küchenmöbelindustrie sind in den vergangenen Jahren Arbeitsplätze aufgebaut worden. Es gibt Unternehmen, die Mitarbeiter suchen. Wenn Firmen um 250.000 bis 300.000 Quadratmeter wachsen, dann wird man dort auch mehr Arbeitskräfte brauchen.
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