
Von
Teresa Kröger
12.12.2016 | 12.12.2016, 13:00
Wirtschaft
In Deutschland müssen viele Menschen mit weniger als zehn Euro pro Stunde auskommen. Gewerkschaften üben deutlich Kritik
Bielefeld. Mit dem Mindestlohn von 8,50 Euro hat die Große Koalition extremem Lohndumping einen Riegel vorgeschoben. Dennoch können viele Menschen in Deutschland weiterhin kaum von ihrem Lohn leben, wie aus Daten des Bundesarbeitsministerium hervorgeht. Demnach arbeitet mehr als jeder fünfte Beschäftigte für einen Niedriglohn. Dieser liegt bei weniger als zehn Euro pro Stunde.
Eine Belastung für viele Menschen. Ute Herkströter von der IG Metall in Bielefeld hat eine klare Meinung dazu: „Qualifizierte Arbeit sollte gerecht bezahlt werden, das Geld fließt wieder in unsere Volkswirtschaft zurück und bessert sie sogar auf. Doch der Niedriglohn trägt generell zur Verarmung der Bevölkerung bei."
Rechnet man mit der Niedriglohnschwelle von zehn Euro, ergibt sich für einen Vollzeitbeschäftigten im Schnitt ein Bruttomonatslohn von 1.993 Euro. Als Niedriglohn definiert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zwei Drittel des mittleren Lohns in einem Land.
Dabei gibt es gewaltige Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland. In Westdeutschland und damit auch in NRW liegt die Quote der Niedriglohnbezieher, der mit den knapp 2.000 Euro Bruttoeinkommen auskommen muss, bei 19,3 Prozent. Laut der Verdienststrukturerhebung des Bundesarbeitsministeriums stieg die Zahl der Niedriglohnempfänger in den alten Bundesländern in mittleren und großen Betrieben von 16,4 Prozent im Jahr 2006 auf 18,4 Prozent im Jahr 2014.
In Ostdeutschland ging die Quote leicht zurück, liegt jedoch auf einem viel höheren Niveau. In den fünf neuen Bundesländern ist etwa jeder dritte Beschäftigte von Niedriglohn betroffen. Die Quote betrug 2014 exakt 34,5 Prozent. Den höchsten Wert wies Mecklenburg-Vorpommern mit 35,5 Prozent auf. Dort ist der Anteil der Aufstocker mit Sozialhilfeleistungen dementsprechend höher.
Günter Garbrecht (SPD), Landtagsabgeordneter aus Bielefeld und Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales, zeichnet kein so düsteres Bild der Situation. Er sagt: „Quoten bilden immer nur geringfügig die Realität ab." Generell habe sich das Lohnniveau verbessert. „Wir haben einen Anstieg beim Realeinkommen und die größte Steigerung weist die untere Einkommensgruppe auf", so Garbrecht.
Klar sei aber: „Mit der Niedriglohnquote ist es wie mit der Armutsquote – sie wird nie ganz verschwinden." Entscheidend sei letztlich der Vergleich zwischen Lohnniveau und Sozialverträglichkeit.
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