
Bielefeld. Vergleichsportale im Internet sind bei Verbrauchern sehr beliebt. 72 Prozent der Internetnutzer setzen laut einer Umfrage von TNS Infratest aus dem Jahr 2013 auf Check24, Verivox, Expedia und Co.. Die Portale verschaffen einen Überblick über den Markt, vergleichen Angebote und Preise miteinander, gelten als glaubwürdig, unabhängig und transparent. Doch ist das wirklich so?
In der Praxis bringt der Preisvergleich im Internet wenig, urteilt eine Studie der Verbraucherzentralen im Rahmen des Projektes „Marktwächter Digitale Welt", das vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gefördert wird.
In der Zeit von Juni bis September 2015 haben die Verbraucherschützer die Preise von 27 bekannten und beliebten Buchungs- und Vergleichsportalen untereinander und mit den Anbieterpreisen verglichen – in den Bereichen Energie (Strom und Gas), Telekommunikation (Telefon/Internet und Mobilfunk) und Flugreisen. 770 einzelne Preise wurden insgesamt dokumentiert.
Kritikpunkt 1: Starke Preisschwankungen zwischen den Portalen
Das Ergebnis: "Zur Identifikation des günstigsten Preises scheinen Buchungs- und Vergleichsportale nicht geeignet." Einzig im Energiebereich könnten Nutzer einen Vorteil haben. Da waren die Preise von Strom- und Gastarifen meistens identisch.
Die Kritik der Verbraucherschützer: Der Verbraucher könne sich nie sicher sein, auf einem einzelnen Portal den günstigsten Preis angezeigt zu bekommen. Insbesondere in den Bereichen Telekommunikation und Flugreisen seien starke Preisunterschiede zwischen den einzelnen Portalen möglich.
Bei einer Stichprobe der NW hingegen schwanken die Preise kaum. Gesucht wird beispielsweise nach einem Handytarif. Anbieter ist Vodafone, 500 MB, Laufzeit über 24 Monate. Verivox spuckt als günstigsten Effektivpreis 5,36 Euro pro Monat aus. Eigentlich läge der monatliche Preis bei 9,95 Euro, aber in den ersten zwei Jahren gibt es pro Monat fünf Euro Rabatt. Das günstigste Suchergebnis bei Check24: 4,28 Euro Effektivpreis. Dort gibt es vier Euro Rabatt pro Monat in den ersten zwei Jahren – und eine Aktion, bei der der Verbraucher bis zu einem bestimmten Datum 50 Euro sofort zurückerhält.
Kritikpunkt 2: Häufig günstigere Preise auf den Anbieterseiten
Fazit der Stichprobe: Wenn Verbraucher nicht auf die jeweilige monatliche Grundgebühr, sondern auf die Effektivpreise, die alle über 24 Monate anfallenden Kosten und Boni berücksichtigen, achten, sind die Preise der unterschiedlichen Portale für einen Zeitraum von 24 Monaten durchaus miteinander vergleichbar. Ein Blick auf die Kosten ab dem 25. Monat schadet auch nicht.
Ein weiterer Kritikpunkt der Verbraucherschützer: Produkte und Tarife werden auf den Anbieterseiten oftmals zu günstigeren Preisen angeboten als auf den Portalen. Auch das ist bei einer Stichprobe so nicht festzustellen. Auf der Suche nach einem DSL-Tarif stoßen wir bei Check24 auf Magenta Mobil M von der Telekom, der Effektivpreis liegt bei 35,95 Euro (ein 5-Euro-Aktionsrabatt ist schon enthalten). Dasselbe Angebot war auf der Webseite der Telekom zu finden.
Nach Angaben von Check24-Sprecher Daniel Friedheim bietet das Portal Tarife und Angebote, die „preislich mindestens genauso gut sind wie die der Anbieter auf deren eigenen Seiten". Hinzu kommen spezielle Sparangebote wie Sofort-Boni und Wechsel-Boni, die die Angebote für die Verbraucher attraktiv machen sollen. Die Vergleichsplattform, die sich seit 1999 zum größten deutschen Portal entwickelt hat, sei für viele Anbieter „mittlerweile ein Haupt-Marketingkanal", wo sie ihre Angebote dank kostengünstigem Vertriebsweg zu besseren Preisen dem Kunden anbieten können.
Portale bestreiten Einfluss der Provisionen auf Ranglisten
Check24 ist dabei für die Verbraucher kostenfrei. Doch wie verdient das Portal Geld? Unter anderem durch Werbung auf der Internetseite. Aber vor allem zahlt „derjenige, der von uns die Kunden bekommt", so Friedheim. Heißt: Die Anbieter zahlen pro Vertragsabschluss eine Provision. Bei der Kfz-Haftpflicht soll diese beispielsweise bis zu 100 Euro je Vertrag betragen. Dass die Höhe dieser Provisionen Einfluss auf die Ranglisten hat, bestreitet das Unternehmen. Nach Aussage von Friedheim haben sie „keine Relevanz auf die Darstellung der Suchergebnisse und die Preise".
Auch Konkurrent Verivox betont auf seiner Webseite, man sei unabhängig. „Neben der Höhe des Preises haben lediglich die Voreinstellungen des Tarifrechners einen Einfluss auf die Ergebnisliste." Auch die Nutzung dieses Portals kostet den Verbraucher nichts, das Portal finanziert sich nach eigenen Angaben durch „Vermittlungsprovisionen, Werbung und die Vermarktung von übergeordneten Marktdaten". Verivox, dessen größter Anteilseigner (80 Prozent) die ProSiebenSat.1 Media AG ist und zu dem auch unter anderem preis24.de und toptarif.de gehören, bilde täglich einen Markt mit mehr als 29.000 Tarifen ab.
Die Verbraucherschützer bemängeln auch, dass nicht längst jedes Angebot und jeder Tarif bei den Vergleichsportalen zu finden ist. So kann beispielsweise Check24 Anbieter nicht listen, wenn diese ihre Daten nicht veröffentlichen. „Deshalb kann es nie in allen Bereichen eine 100-prozentige Marktabdeckung geben", so Friedheim. Check24 überprüfe darüber hinaus nach eigenen Angaben ständig die Anbieter. „Seriöses Geschäftsgebahren ist uns schon aus eigenem Interesse wichtig." Habe ein Kunde negative Erfahrungen mit einem Anbieter, falle das auch negativ auf Check24 zurück.
Die Verbraucherschützer fordern mehr Transparenz. Wirtschaftliche Beziehungen sollten für die Verbraucher klar erkennbar sein. Der erste Schritt in diese Richtung ist das Urteil des Münchner Landgerichts aus dem Juli dieses Jahres in einem Musterprozess. Demnach muss Check24 bei der Vermittlung von Versicherungen seine Kunden deutlicher darauf hinweisen, dass das Portal als Makler handelt und Provisionen kassiert.
Das müssen Verbraucher beachten
- Vergleichsportale bieten dem Verbraucher Orientierung und einen guten Service. Aber: Eine gesunde Skepsis schadet nicht. Denn Vergleichsportale sind keine Verbraucherportale, sondern Unternehmen. Sie vermitteln Verträge und lassen sich ihre Leistung von den Anbietern bezahlen – und sind keine neutralen Informationsquellen.
- Prüfen Sie vor Eingabe Ihrer Daten, ob diese eventuell an Dritte weitergegeben werden.
- Prüfen Sie die Voreinstellungen der Portale. Um günstige und faire Angebote finden zu können, setzen Sie einfach die Häkchen in den Sucheinstellungen selbst. Klicken Sie auch "Alle Boni und Rabatte einrechnen" oder "Alle Tarife" an. An der Spitze der Suchergebnisslisten stehen oft Anzeigen von Unternehmen.
- Die Vergleichsportale sind in der Entscheidung, wen sie listen frei – und decken nicht den gesamten Markt ab.
- Nehmen Sie sich deshalb die Zeit und vergleichen Sie Angebote verschiedener Portale miteinander. Schauen Sie sich auch die Angebote der Anbieter auf deren eigenen Internetseiten an.
- Beim Vergleich der Portale ist zu beachten: Unterschiedliche Portale können zu demselben Unternehmen gehören oder sie kooperieren miteinander – und zeigen oft identische Preise an.
- Bei der Suche nach Flügen und Reisen: Vergleichen Sie das Angebot, das Sie interessiert, mit dem Angebot, das der Reiseanbieter auf seiner eigenen Seite anbietet. Und schauen Sie genau nach, welche Leistungen in dem Preis enthalten sind.