Wirtschaft

Rotes Kreuz least Elektroautos bei Tönnies-Firma "Electrify"

Robert Tönnies will mit seinem Unternehmen der Elektromobilität zum Durchbruch verhelfen

Michael Beimdiek und Robert Tönnies. | © Andreas Zobe

Andrea Frühauf
13.08.2016 | 13.08.2016, 08:11

Bielefeld. Robert Tönnies, Gesellschafter von Deutschlands größtem Fleischkonzern, will die Elektromobilität anschieben und mehr Elektroautos auf die Straße bringen. Anfang 2016 gründete der Unternehmer aus Rheda-Wiedenbrück seine Electrify GmbH in Bielefeld, die kleine Stromer vermietet. Sein erster „Großkunde": das Deutsche Rote Kreuz.

Die DRK Soziale Dienste OWL gGmbH (Bielefeld) hat seit August einen Leasingvertrag für vier Elektroautos vom Modell E 1 (basierend auf modifiziertem Peugeot iOn und Citroën C-Zero) und zahlt dafür an Electrify 14 Cent netto pro Kilometer. Tönnies: „In diesem Preis sind sämtliche Kosten wie Versicherung, Wartung, Batterie und Ersatzteile enthalten."

Den Strom bezieht das DRK aus der eigenen Steckdose am Haus. Kosten: rund 3 Cent pro Kilometer. Macht insgesamt 17 Cent, sagt DRK-Geschäftsführer Michael Beimdiek. „Wir wollen unsere Fahrzeugflotte (130 eigene Fahrzeuge, davon sieben Stromer) langfristig auf Elektroautos umstellen", kündigt er an. Damit senke die soziale Einrichtung ihre Kosten in diesem Bereich um rund 40 Prozent und schone die Umwelt (weniger Energie, weniger Lärm und Luftverschmutzung).

Tönnies betont: „Ab einer jährlichen Fahrleistung von gut 30.000 Kilometern deckt allein die Spritkostenersparnis, die ein E-Auto gegenüber dem Verbrennungsmotor hat, die Leasingkosten für das E-Auto."

Das DRK, das in OWL 13 ambulante Dienste (Sozialbetreuung, häusliche Pflege, Krankentransporte) betreibt, komme pro Pkw auf eine jährliche Fahrleistung von 20.000 bis 25.000 Kilometer. Der feste Kilometerpreis ist daher laut DRK günstiger als eine Monatspauschale (129 Euro brutto bis 10.000 Kilometer), die Tönnies auch anbietet.

Wissenschaftler begleiten das Projekt

Die DRK-Mitarbeiter fahren in zwei Schichten los. Am frühen Mittag nach der Rückkehr der ersten Mitarbeiter können die Stromer Energie „auftanken". Pro Stunde seien es zwei bis drei Kilowatt. Beimdiek: „Das reicht für 15 bis 20 Kilometer." Frühestens ab 16 Uhr beginne die Spätschicht. Nachts werden die Batterien binnen sechs Stunden vollgeladen.

Tönnies ärgert es, dass die „energieschonendere und umweltfreundlichere Technologie den Durchbruch am Markt bis heute nicht geschafft hat", weil die Lobbyarbeit der Öl- und Autoindustrie dies bis heute verhindere. Sein Unternehmensplan sei Ende 2015 entstanden.

Insgesamt 50 gebrauchte E-Autos hat der Unternehmer für seinen Fuhrpark gekauft. Mit 25 Kunden hat er dafür Leasingverträge abgeschlossen. „Die Autos sind im Schnitt fünf Jahre alt und kosteten rund 10.000 Euro in der Anschaffung." Insgesamt eine halbe Million Euro hat Tönnies bisher investiert. Bis Ende 2017 soll die Flotte auf 200 E-Autos wachsen. Je größer die Stückzahl von einem Modell ist, desto preiswerter seien die Ersatzteile, erläutert Tönnies. Die Reichweite der Fahrzeuge betrage im Stadtverkehr rund 90 Kilometer. Sein Ziel: „Ich will einen Impuls für die Elektromobilität geben, der kostengünstigste Anbieter sein und auch etwas Geld damit verdienen." Allerdings werde das Unternehmen, das in weitere Großstädte expandieren soll, nicht riesig werden.

Als ersten Partner hat Tönnies die E-Cap Mobility GmbH (Stuttgart) gewonnen, die Elektroautos umbaut und die E-Flat-Fahrzeuge von Tönnies technisch optimiert. Auch erste Kunden in Stuttgart hat E-Cap bereits vermittelt.

Das DRK kaufte seine sieben E-Autos nach einem gemeinsamen vierjährigen Forschungsprojekt mit Hochschulen in Bielefeld und Paderborn. Die Professoren Jens Haubrock und Dragan Vucetic (FH Bielefeld) begleiten auch Electrify. Vucetic, der Tönnies und Beimdiek zusammenbrachte, will einen Akku entwickeln, um die Lebensdauer der teuren Batterien zu verlängern. Er warnt: Chinesen und Amerikaner seien den Deutschen bei der Batteriefertigung um Jahre voraus.