Wirtschaft

Auf dem Bau fehlt der Nachwuchs

Vertreter der Branche beklagen ein schlechtes Image

Stein auf Stein: Azubis arbeiten im Bildungs- und Technologiezentrum an einem Mauerwerk. | © dpa

18.03.2016 | 18.03.2016, 06:00

Bielefeld.Ob Bauingenieure oder Azubis im Handwerk – obwohl der Bau- und Sanierungsbedarf in OWL hoch ist, bleibt das Angebot an qualifiziertem Personal in der Bauwirtschaft überschaubar. Sowohl die Bauindustrie als auch handwerkliche Bildungseinrichtungen kämpfen um den Nachwuchs.

Gerrit Garbrecht ist Geschäftsführer im Bauindustrieverband NRW. „Das Image der Bauberufe ist heute nicht so, wie es sein sollte", sagt er. „Obwohl diese Berufe abwechslungsreich und gut bezahlt sind, wollen die meisten Azubis Kfz-Mechatroniker oder Informatiker werden. Auch beim Leitpersonal an den Baustellen gibt es Engpässe."

Nach Angaben des statistischen Landesamtes IT NRW sinkt die Zahl der Auszubildenden im Hoch- und Tiefbau, Innenbau sowie bei den versorgungstechnischen Berufen in NRW seit 2012 kontinuierlich. Allein die Architektur- und Vermessungsberufe haben in diesem Zeitraum einen leichten Zuwachs.

"Genereller Rückgang an Bewerbern im Handwerk"

„Ob Mauer, Fliesenleger oder Straßenbauer – seit Jahren beobachten wir einen generellen Rückgang an Bewerbern im Handwerk", sagt Klaus-Werner Schäfer, Geschäftsführer des Handwerksbildungszentrums HBZ Brackwede in Bielefeld. Hier wird etwa die Hälfte aller OWL-Azubis in den Bauberufen ausgebildet. „Die meisten Jugendlichen mit einem Realschulabschluss wollen heute die Hochschulreife erreichen", erklärt Schäfer.

„Die berufliche Ausbildung kommt bei ihnen erst an der zweiten Stelle, zum Beispiel nach dem Studienabbruch. Als Folge können viele Betriebe keine passgenauen Bewerber finden und geben immer öfter denjenigen Chancen, die etwas mehr Unterstützung brauchen."

Die Zahl der Studenten im Bereich Bauwesen in der Region steigt in der Tat Jahr für Jahr. An der Hochschule Ostwestfalen-Lippe hat sich die Zahl der Erst- und Neueinschreibungen im Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen seit 2006 von 59 auf aktuell 112 Studenten nahezu verdoppelt.

Teilnahme an Jobmessen ist ein Muss

154 neue Ausbildungsverträge in den Bauberufen wurden in OWL im laufenden Lehrjahr abgeschlossen. Im Vorjahr waren es 150. Zum Vergleich: Bundesweit gab es im gleichen Zeitraum einen leichten Rückgang von 0,3 Prozent: 37.886 Verträge im Jahrgang 2015/2016 gegenüber 38.000 Verträgen im Jahr davor.

„Nichtsdestotrotz müssen wir viel dafür tun, um neue Bewerber zu gewinnen", sagt Schäfer. Die Teilnahme an den Jobbörsen und Infoveranstaltungen seien für die handwerklichen Bildungszentren ein Muss. Ähnlich geht es der Bauindustrie. Um Schüler für „Berufe am Bau" zu gewinnen, hat der Bauindustrieverband NRW eine Imagekampagne ins Leben gerufen. Unter dem Motto „Bau – Dein Ding!" rollt seit Dezember ein 18 Meter langer Bau-Bus durch das Land, in dem sich die Jugendlichen über die Perspektive in den Bauberufen informieren können.

Eine wichtige Maßnahme zur Bekämpfung des drohenden Personalmangels in der Branche ist die Arbeit mit den Flüchtlingen und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die sowohl der Bauindustrieverband als auch die Handwerkskammer betreiben. „In unseren Ausbildungszentren in Essen und Kerpen gibt es inzwischen die ganzen Lehrgänge mit türkischen jungen Leuten", sagt Gerrit Garbrecht.

Seit Jahren arbeitet die Abteilung für Berufsbildung des Verbandes in Düsseldorf eng mit dem türkischen Konsulat zusammen. „Auch in den Flüchtlingen mit Bleibeperspektive sehen wir großes Potenzial", sagt Garbrecht. „Wichtig ist allerdings, die Bearbeitung der Asylverfahren zu beschleunigen, damit die Wirtschaft sicher sein kann, dass die frisch ausgebildeten Arbeitskräfte Deutschland nicht umgehend verlassen müssen."