Von
Andrea Frühauf
23.07.2015 | 23.07.2015, 09:00
Bielefeld
Bitcoin Deutschland AG: Jede Transaktion sichtbar
Bielefeld. Die Polizei ermittelt in Bielefeld in einem Fall wegen Firmensabotage, wie ein Sprecher bestätigte. Wie berichtet, sind der IHK Ostwestfalen bereits drei Fälle von Unternehmen gemeldet worden, bei denen Dateien in Firmennetzwerken manipuliert worden sind und die Betroffenen mit Erpresserschreiben zur Zahlung von Bitcoins aufgefordert wurden. Nur bei Zahlung, so hieß es im per Pop-up aufgetauchten Erpresserschreiben, würden die wichtigen Unternehmensdaten wieder zugänglich gemacht.
Über die Höhe der geforderten Summe und auch über die Namen der Firmen wollte sich die IHK nicht äußern. Unternehmen fürchteten die Öffentlichkeit. "Sie wollen nicht zeigen, dass sie keine geeignete Verteidigungsstrategie haben und damit verwundbar sind", sagte Lars Henning Döhler, Rechtsreferent der Bielefelder Industrie- und Handelskammer und Ansprechpartner beim Thema "Sicherheit in der Wirtschaft".
Er ist sich sicher: "Die Dunkelziffer ist weitaus größer." Viele Firmen scheuten aus Furcht vor der Öffentlichkeit den Gang zur Polizei. Aber auch die Polizei hüllte sich zu ihren Ermittlungen in Schweigen. Die Schadenssumme stehe in dem Fall noch nicht fest.
Die Schadsoftware "Crypto Wall" grassiert nach IHK-Angaben bereits seit einigen Monaten in verschiedenen Versionen. Und das vermutlich nicht nur bundesweit, sondern auch international, wie Döhler sagte. Die jetzige Version heiße "Crypto Wall 3.0". Gängige Schutzwälle im Internet seien dagegen machtlos. "Es kann jedes Unternehmen treffen." Auch ein großes Unternehmen sei betroffen. Der Virus setzt sich nach Döhlers Angaben auf allen Rechnern fest, die gleichzeitig mit dem Internet und dem internen Netzwerk verbunden sind. "Die Herkunft des Schadprogramms ist weiterhin unklar."
"Die Erpresser sitzen womöglich im Ausland", vermutet Döhler. "Bei Bitcoins ist es schwer, die Spur zu erwischen. Erst recht im Ausland", so ein Polizeisprecher. Für Überweisungen dieses virtuellen, dezentralen Zahlungsmittels braucht es kein Bankkonto. Nach Angaben der in Herford ansässigen Bitcoin Deutschland AG, Handelsplatz für die digitale, dezentrale Währung Bitcoin, ist die Verfolgung einer Bitcoin-Spur dagegen sehr wohl möglich.
"Auf der Internetseite zeichnet die sogenannte Blockchain jedes Bitcoin-Geschäft auf", hieß es dort. Damit werde jede Transaktion sichtbar. Der Empfänger - in diesem Fall wohl der Erpresser - nenne für die Zahlung eine Bitcoin-Adresse oder schicke dem Zahler einen Code. Bitcoins werden wie an der Börse gehandelt. Ein Bitcoin hatte gestern Nachmittag einen Kurswert von 248,81 Euro.
Die durch die Computersabotage verursachten Produktionsausfälle der betroffenen Firmen haben Döhler zufolge keine gravierenden Schäden angerichtet. Der IHK-Rechtsreferent empfiehlt trotzdem dringend: "Unternehmen sollten ihren Datenbestand täglich über ein Backup sichern." Auf diese Weise seien die Daten notfalls rekonstruierbar. Weiterer Rat: Selbst kleinste Unternehmen sollten für wichtige Firmendaten ein eigenes Netzwerk nutzen. "Da kommt man von außen nicht ran."
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