OWL

Interview: NRW-Umweltminister Remmel über die Staatswaldpläne

Grünen-Politiker wird für sein Vorhaben kritisiert

Hält dagegen: NRW Umweltmisister Johannes Remmel. | © FOTO: DPA

Hubertus Gärtner
15.02.2015 | 15.02.2015, 01:34

In Nordrhein-Westfalen ist eine Debatte um die Zukunft des Staatswaldes entbrannt. Große Teile sollen in eine Stiftung überführt werden. Die Säge- und Holzindustrie, aber auch der Bund Deutscher Forstleute werfen dem Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) Vertrauensbruch vor. Hubertus Gärtner sprach mit ihm.

Herr Minister Remmel, ein Passus in der Biodiversitätsstrategie des Landes NRW wirbelt viel Staub auf. Die NRW-Landesregierung will ihre Naturschutzflächen in eine Naturerbestiftung einzubringen. Warum soll das geschehen?
JOHANNES REMMEL:
Ich kann die Aufregung nicht verstehen und auch nicht nachvollziehen. Die Einrichtung einer Naturerbestiftung prüfen zu wollen ist bereits in den Koalitionsverträgen 2010 und 2012 dokumentiert und wird seitdem diskutiert. In der jetzt verabschiedeten Biodiversitätsstrategie wird auf den Koalitionsvertrag Bezug genommen mit einer weniger ausführlichen und damit weniger konkreten Formulierung. Im Übrigen ist vorgesehen, dass die konkrete Erarbeitung eines Konzeptes mit allen Beteiligten abgestimmt werden wird.

Es mutet etwas sonderbar an, dass dieser Passus im Entwurf der Biodiversitätsstrategie nicht enthalten war. Warum ist er nachträglich hineingekommen?
REMMEL:
Es ist weder sonderbar, Anregungen der Naturschutzverbände aufzunehmen - vor allem wenn sich diese auf den Koalitionsvertrag beziehen -, noch ist es sonderbar, dass es zahlreiche Stellungnahmen zum Entwurf der Biodiversitätsstrategie gegeben hat, insbesondere von den Verbandsorganisationen aus dem Bereich der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer sowie der Holzwirtschaft.

Der Bund Deutscher Forstleute fühlt sich von Ihnen aber "hinter die Fichte" geführt, weil man nicht informiert worden sei. Verstehen Sie den Zorn?
REMMEL:
Mutmaßungen, es solle im großen Umfang Wald stillgelegt werden, gehören in die Rubrik Verschwörungstheorie und sind absurd. Die Ausweisung von Wildnisgebieten im Staatswald ist fast abgeschlossen. Dass wir einen zweiten Nationalpark in NRW wollen, ist hinreichend bekannt. Stilllegungen finden ausschließlich in diesen Bereichen im Staatswald statt und sind damit gleichzeitig die im Rahmen der Biodiversitätsstrategie beschriebenen Beiträge zur Unterstützung von Lebensräumen für bedrohte Pflanzen- und Tierarten im Sinne von "Natur Natur sein lassen".

Von den 120.000 Hektar Staatswald in NRW sind ungefähr 60.000 Hektar Naturschutzflächen. Was bedeutet es, wenn sie in eine Stiftung überführt werden?
REMMEL:
Bisher liegen noch keine Varianten und Modelle einer solchen Stiftungslösung vor. Der Grundgedanke allerdings, unsere Naturschätze dauerhaft nachhaltig zu sichern, ist richtig und wichtig. Das Ziel ist, unseren Bürgerinnen- und Bürgerwald kurzfristigen finanz- und wirtschaftspolitischen Überlegungen, die sich in der Regel an Legislaturperioden orientieren, zu entziehen und damit Verkäufe zur Sanierung eines Haushalts für die Zukunft dauerhaft zu verhindern. Dass dies politischer Wille sein kann, hat die schwarz-gelbe Vorgängerregierung bewiesen. Diese Landesregierung jedenfalls wird keinen Wald verscherbeln.

Können Sie die Stiftung etwas näher konkretisieren?
REMMEL:
Es gibt, wie gesagt, keine konkreten Pläne. Hier sind noch viele weitere vorbereitende Arbeiten zu erledigen, insbesondere sind noch viele rechtliche und fiskalische Klärungen notwendig.

Der Staatswald wird vom Landesbetrieb Wald und Holz betreut. Es gibt die Sorge, dass ein Teil der 1.000 Mitarbeiter überflüssig wird und der ehrenamtliche Naturschutz das Regiment im Staatswald übernimmt.
REMMEL:
Das gehört zu den angesprochenen Verschwörungstheorien und macht mich sprachlos. Ich kann nicht nachvollziehen, dass hier unsinnige Fronten aufgemacht werden in Zeiten, in denen die Bedrohung für den Landesbetrieb Wald und Holz und den Staatswald als Wald der Bürgerinnen und Bürger von ganz anderer Seite kommt. Zum Beispiel durch ungeklärte Kartellverfahren oder die Klausner-Verträge, bei denen die schwarz-gelbe Vorgängerregierung nicht vorhandene Holzmengen unter dem Marktwert angeboten und europäisches Beihilferecht umgangen hatte.