
Bielefeld/Unna. Mit großer Spannung wird am Mittwoch die Sondersitzung der Verbandsversammlung des Zweckverbands Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) in Unna erwartet. Es geht um die Zuverlässigkeit der Eurobahn bei der Befahrung seiner fünf, erst im Dezember 2017 übernommenen Linien des Teutoburger Wald Netzes. Einlassungen des Unternehmens und des NWL lassen schon erkennen: Es wird ein ungemütlicher Tag für alle Beteiligten.
In den Beschlussvorschlägen für die Sitzung seitens des NWL, die dieser Zeitung vorliegen, wird dem Eisenbahnunternehmen eine Abmahnung "aufgrund der massiven Leistungseinschränkungen und dem nicht akzeptablen Informationsverhalten" ausgesprochen. Zugleich wird die Eurobahn, die zur französischen Keolis-Gruppe gehört, mit Fristsetzung bis zum 31. März dieses Jahres aufgefordert, "die eigenverschuldeten Zugausfälle sowie die Kapazitätsschwankungen deutlich zu verringern, den vollständigen und durchgängigen Verkehr über Bad Bentheim bis Hengelo sicherzustellen und die Fahrgastinformation entscheidend zu verbessern".
Eurobahn kündigt intensive Nachsteuerung an
Die Eurobahn ihrerseits räumte in einer vorab verbreiteten Stellungnahme, die heute bei der Sondersitzung den Politikern vorgetragen werden soll, Fehler im Betriebsablauf ein. "Wir sind uns unserer Verantwortung voll und ganz bewusst und tun alles in unserer Macht stehende, um den Betrieb schnellstmöglich störungsfrei zu gewährleisten", sagt Magali Euverte, Vorsitzende Geschäftsführerin Keolis Deutschland.
Detailliert will das Eisenbahnunternehmen darlegen, warum es bislang bei Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Kundeninformation der Eurobahn-Kunden hakte. Das Unternehmen bietet an, ab dem 26. Februar "den grenzüberschreitenden Verkehr der RB 61 nach Hengelo mit Neufahrzeugen vom Typ Stadler Flirt aufzunehmen" sowie eine "intensive Nachsteuerung bei Sitzplatzkapazitäten, Fahrgastinformation und Beschwerdemanagement" vorzunehmen.
NWL-Sprecher sieht Zeitschinderei
Diese Marschroute behagt Kurt Kalkreuter, Verbandsvorsteher des Verkehrsverbundes Ostwestfalen-Lippe und stellvertretender Vorsitzender der Verbandsversammlung des NWL überhaupt nicht. "Das ist Learning by Doing", so Kalkreuter auf Anfrage dieser Zeitung. Die Eurobahn wolle mit dieser Strategie "noch mal Zeit schinden". Unstrittig sei aber, dass der NWL als Aufgabenträger von dem Unternehmen erwarte, vom Tag des Vertragsbeginns an volle Leistungen im Sinne der Fahrgäste zu bekommen. Dies sei am 10. Dezember vergangenen Jahres gewesen.
Doch Kalkreuter sieht gerade im Qualitätsmanagement der Eurobahn erhebliche Defizite: "In der Verwaltung läuft zum Teil gar nicht auf, welche Züge ausfallen." Deshalb befürwortet Kalkreuter insbesondere auch den Punkt im Beschlussvorschlag, die Eurobahn aufzufordern, zur Qualitätssicherung einen weiteren Geschäftsführer einzustellen.
Ebenso begrüßt Kalkreuter die Beschlussempfehlung, dass ein externer Gutachter die Fahrzeugsituation im Teutoburger Wald Netz überprüfen soll und dafür alle erforderlichen Unterlagen seitens der Eurobahn sowie Zutritt zur Werkstatt erhalten soll. Hintergrund ist die Tatsache, dass laut NWL die Flirt-Züge bis heute nicht stabil im Fahrgastbetrieb eingesetzt werden können, wie es in der Beschlussempfehlung heißt.
Unvorhersehbare Personalausfälle
Die Eurobahn führt diesen Missstand unter anderem auf "unvorhersehbare Störungen an den Fahrzeugen" zurück, wie es in der Mitteilung des Unternehmens heißt. Bis zum 26. Februar sollen jedoch alle Neufahrzeuge voll einsatzfähig sein, so die Versprechung.
Der Personalbestand für das neue Netz sei "ausreichend geplant" gewesen, führt die Eurobahn weiter aus. Die Personaldecke sei "aufgrund von unvorhergesehenen Verzögerungen beim Abschluss von drei Ausbildungskursen" jedoch zum Start dünner gewesen als geplant. Zugausfälle sowie ein reduziertes Sitzplatzangebot seien "in zu vielen Fällen nicht zu vermeiden" gewesen.
Die Eurobahn verspricht hier wie auch bei der Fahrgastinformation sowie dem Beschwerdemanagement Besserung. Letzteres sei "streckenweise überlastet" gewesen. "Keolis bedauert dies und hat Zusatzpersonal für die Bearbeitung von Erstattungsanträgen eingesetzt", so die Eurobahn.
INFORMATION
Was der NWL weiter fordert
Die Vertreter der NWL-Verbandsversammlung werden heute auch über zwei weitere Beschlussempfehlungen abstimmen.
Es heißt: „Aufgrund der massiven Qualitätsbeeinträchtigungen wird die Keolis Deutschland GmbH & Co KG aufgefordert, den Fahrgästen pro aktiv eine angemessene Entschädigung zu leisten."
Vor der neuen Betriebsaufnahme des Hellweg-Netzes 2 Ende 2018 wird gefordert, dem NWL „unverzüglich die Planungen zum Start des neuen Verkehrsvertrages offen zu legen" und dem NWL zu berichten.
Laut Kurt Kalkreuter droht der Eurobahn unter Umständen der Ausschluss von weiteren Vergaben.