
Düsseldorf. Das ist Demokratie: Der Wähler spricht ein Machtwort und über Nacht sind die, die gerade noch über Einfluss und Regierungsposten verfügten, weg vom Fenster. So ist es gerade erst der Ministerpräsidentin und zwölf Ministern der abgewählten rot-grünen Landesregierung in Düsseldorf ergangen. Doch was machen die bisherigen Kabinettsmitglieder jetzt? Wir haben uns erkundigt.
Hannelore Kraft
Fangen wir an mit der Frau, die bis vor kurzem als Landesmutter das bekannteste politische Gesicht des Landes war. Hannelore Kraft (56), Ministerpräsidentin a. D., die alle Ämter auch in der Partei abgegeben hat, ist jetzt einfache Abgeordnete im Landtag. Sie sitzt in der sechsten und letzten Reihe der SPD-Fraktion und vertritt ihren Wahlkreis in der Ruhrgebietsstadt Mülheim. Die Aufgaben, die sie in der Fraktion übernommen hat, halten sich in Grenzen. Sie ist nur Mitglied im Sportausschuss. Zuletzt öffentlich gesehen hat man sie bei der Gedenkfeier für die Opfer der Duisburger Loveparade. Wenn sie nun in Urlaub fährt, dann sicher auch, um Abstand von der Politmaschinerie in Düsseldorf zu gewinnen.
Ralf Jäger
In einer ähnlichen Situation wie Kraft ist ihr zuletzt umstrittenster Mitstreiter, der frühere Innenminister Ralf Jäger (56). Als einfacher Abgeordneter (seit 2000 direkt gewählt in seinem Duisburger Wahlkreis) darf er immerhin in der dritten Reihe seiner Fraktion sitzen. Auch er ist Mitglied im Sportausschuss.
Michael Groschek
Sofort wieder auf die Füße gefallen sind zwei andere Minister des abgewählten Kabinetts. Michael Groschek (60), ehemaliger Bau- und Verkehrsminister, ist nur vier Wochen nach der verlorenen Landtagswahl zum neuen SPD-Chef in NRW gewählt worden und residiert wieder in einem großzügigen Büro – diesmal in der NRW-Parteizentrale. Dort hat auch Svenja Schulze (48), die ehemalige Wissenschaftsministerin, ihr Büro bezogen. Sie ist inzwischen Generalsekretärin der NRW-SPD. Über die Landesliste ist die Münsteranerin außerdem wieder als Abgeordnete in den Landtag eingerückt.
Kutschaty, Schmeltzer und Kampmann
Als Abgeordnete im Landtag sitzen auch der ehemalige Justizminister Thomas Kutschaty (49, Essen), Ex-Arbeitsminister Rainer Schmeltzer (56, Lünen) und die frühere Familienministerin Christina Kampmann (37, Bielefeld). Kutschaty ist als neuer stellvertretender Fraktionsvorsitzender für die Bereiche Innenpolitik und Europa zuständig, Dem Ex-Minister werden Ambitionen nachgesagt, in einem Jahr als Nachfolger von Norbert Römer an die Spitze der Fraktion treten zu wollen, auch wenn er auf die Frage, ob er Interesse daran habe, ausweichend antwortet: „Ich habe immer Interesse an politischer Gestaltung." Schmeltzer ist Vorsitzender des Ausschusses für Haushaltskontrolle, und Kampmann, die auch gerne stellvertretende Fraktionsvorsitzende geworden wäre, ist Sprecherin ihrer Fraktion für Digitales. Kampmann musste den Platz auf der Ministerbank gegen die fünfte Reihe in der Fraktion eintauschen.
Norbert Walter-Borjans
Einer der bekanntesten und angesehensten Minister der Kraft-Regierung war Norbert Walter-Borjans (64). Der frühere Finanzminister will in diesem Sommer erst einmal seinem Hobby als Marmor-Bildhauer in der italienischen Provinz Lucca frönen. Außerdem berät er die neue SPD-Landeführung, aber auch manche SPD-Bundestagskandidaten in Finanzfragen, zum Beispiel die Gütersloherin Elvan Korkmaz. Fast täglich äußert er sich zudem über Twitter zur Landes- oder Bundespolitik. Spekuliert wird auch, dass er nach der Bundestagswahl eine Rolle in der Bundespolitik spielen könnte.
Garrelt Duin
Ganz aus der Landespolitik verschwunden ist der frühere Wirtschaftsminister Garrelt Duin (49). Schon vor der verlorenen Landtagswahl war darüber spekuliert worden, ob der gebürtige Ostfriese, der inzwischen in Essen ein neues Zuhause gefunden hat, in die Energiewirtschaft wechselt. Allerdings gilt in NRW seit kurzem eine einjährige Karenzzeit bei einem Wechsel vom Ministerstuhl in die Privatwirtschaft.
Johannes Remmel und Barbara Steffens
Als einfache Abgeordnete sind auch die beiden Ex-Minister der Grünen, Johannes Remmel (Landwirtschaft) und Barbara Steffens (Gesundheit), in der Landespolitik geblieben. Remmel (55, Siegen) ist jetzt Sprecher seiner Fraktion für Europapolitik und Stadtentwicklung, Steffens (55, Mülheim) ist stellvertretende Vorsitzende des Umweltausschusses. Die ehemalige stellvertretende Ministerpräsidentin und Schulministerin Sylvia Löhrmann (60) hat inzwischen ihr Landtagsmandat niedergelegt und ist aus der Landespolitik ausgeschieden, wie auch der ehemalige Chef der Staatskanzlei, Staatsminister a. D. Franz-Josef Lerch-Mense (64, Bonn), der in den Ruhestand gehen dürfte.