
Von
Thomas Klüter
18.04.2016 | 18.04.2016, 14:19
Bielefeld
Umfrage: 79 Prozent fordern für ihre Kinder wieder 13 Schuljahre bis zum Abitur. Der Philologen-Verband kritisiert die Studie der Landeselternschaft
Bielefeld. Geradezu überwältigend sind die Ergebnisse einer Umfrage, die die „Landeselternschaft der Gymnasien in NRW" in Siegen präsentierte. 79 Prozent der schriftlich befragten Eltern sind demnach für eine Rückkehr zum Abitur nach 13 Jahren. Bei einer gleichzeitig durchgeführten Online-Befragung sprachen sich sogar 88 Prozent gegen die verkürzte Zeit am Gymnasium aus.
„So ein klares Ergebnis hatten wir nicht erwartet", sagt Dieter Cohnen, Vorstandsmitglied der Landeselternschaft. „Wir wussten nicht, wie das ausgehen würde, aber wir wollten die Eltern endlich dazu befragen." Denn vielen Eltern gebe die höhere Belastung der Kinder Grund zur Sorge. Die hohe Beteiligung bestätige den Klärungsbedarf. Nach einem repräsentativen System wählte Rainer Dollase, Bildungsforscher an der Uni Bielefeld, jeweils fünf Eltern an 462 Gymnasien aus. Von den 2.310 Fragebögen kamen mehr als 56 Prozent ausgefüllt zurück. „Das ist eine enorme Resonanz", sagt Cohnen. Üblich sei eine Quote von fünf bis sieben Prozent. Online beantworteten gut 38.000 Eltern, Schüler, Lehrer und Schulleiter die Fragen vollständig.
„Natürlich habe ich Respekt vor dem Ergebnis und der Meinung der Befragten", sagt Peter Silbernagel. Der Vorsitzende des Philologenverbands NRW findet aber, dass die Diskussion über G8 oder G9 nicht jedes halbe Jahr wieder neu entfacht werden sollte: „Die Schulen haben zurzeit andere Sorgen, wie Inklusion, Integration und unzureichende Lehrerversorgung". Der Verband wirft der Landeselternschaft vor, die Fragen manipulativ formuliert zu haben und der gewählte Projektleiter, also Dollase, sei bekanntlich Befürworter der neunjährigen Gymnasialzeit.
„Wir haben die Fragebögen von Befürwortern der achtjährigen Lösung prüfen lassen", entgegnet Dieter Cohnen. Dollase sei ein anerkannter Wissenschaftler, der eine solche Umfrage unvoreingenommen gestalte.
Als Hauptgrund der Elternentscheidung gegen G8 am Gymnasium sieht Silbernagel die zusätzliche Belastung für die Schüler: „Eltern wollen das Beste für ihr Kind und machen sich Sorgen über die Qualifikation". Der Lehrplan müsse der kürzeren Schulzeit angepasst werden, „wir müssen den Schulen aber auch die Chance geben, die Vorschläge umzusetzen".
Die rot-grüne Landesregierung hat eine Entlastung im Turbo-Abi angekündigt. Schulministerin Sylvia Löhrmann will an 40 Gymnasien überprüfen lassen, wie das durch weniger Hausaufgaben oder Klausuren umgesetzt werden kann.
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